USA und Russland verhandeln hinter Deutschlands Rücken über Nord Stream – in der Schweiz
DDR-Spion und Putin-Freund als Drahtzieher
Federführend mit den Gesprächen betraut soll laut «Financial Times» Matthias Warnig sein, ein früherer Stasi-Offizier. Bis 2023 war Warnig Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG, der Betreibergesellschaft des Pipeline-Projekts unter Kontrolle des russischen Energieriesen Gazprom. Er soll sich bemühen, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Russland zu intensivieren, parallel zu den Friedensgesprächen zum Ukraine-Krieg. Warnig gilt als Vertrauter von Wladimir Putin und steht eigentlich auf der US-Sanktionsliste.
Doch angeblich sind auch enge Vertraute von US-Präsident Trump in die Gespräche involviert, so zitiert die «Financial Times» anonyme Quellen. Laut Informationen der deutschen «Bild» ist Trumps Berater für «Sonderaufgaben», Richard Grenell, mehrmals in die Schweiz gereist, nach Steinhausen bei Zug, wo die involvierten Nord-Stream-Firmen ihren Sitz haben. Dort soll mit Vertretern der russischen Gazprom über mögliche Deals gesprochen worden sein.
Was steckt hinter den Plänen?
Der Kern der Idee ist dem Bericht zufolge eine Rolle der USA als Zwischenhändler für russisches Gas nach Europa. Die US-Regierung wäre zwar offiziell nicht direkt in den Deal eingebunden, dennoch könnten US-Investoren finanziell profitieren und gleichzeitig regulatorischen Einfluss auf den Gasfluss nach Europa erhalten – und damit ein grosses politische Druckmittel.
Mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen berichten, dass ein US-geführtes Konsortium bereits einen Vorschlag für ein Geschäft mit Gazprom in der Zeit nach den Sanktionen gegen Russland entwickelt hat. Die Identität der beteiligten Investoren bleibt unklar.
In der Europäischen Union sorgen die Berichte für Besorgnis – mehrere Regierungen diskutieren angeblich bereits über die potenziellen Folgen eines Deals, der Europa erneut in eine Abhängigkeit von russischem Gas führen würde.
Putin womöglich offen für Deal
Fraglich ist, ob der Plan wirklich umsetzbar wäre. Zunächst müssten die USA ihre derzeitigen Sanktionen gegen Russland und russische Unternehmen aufheben. Gleichzeitig müsste Russland sich wieder bereit erklären, Gas nach Europa und Deutschland zu liefern. Auch die deutsche Regierung müsste sich auf ein Abkommen einlassen, das sowohl eine Abhängigkeit von den USA als auch von Russland mit sich bringen würde.
Äusserungen des russischen Präsidenten Putin aus der jüngsten Vergangenheit deuten jedoch darauf hin, dass er einem möglichen Gas-Abkommen offen gegenüberstehen könnte. Er betonte mehrfach, dass die USA von einem Frieden in der Ukraine wirtschaftlich profitieren könnten, und deutete an, dass bereits «einige Unternehmen» entsprechende Gespräche führten. Auch der US-Präsident hatte Interesse an einer Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten bekundet.
Beteiligten hüllen sich in Schweigen – Deutsche wissen von nichts
Auf Anfrage der «Financial Times» bestritt Matthias Warnig, der seit 2022 auf der US-Sanktionsliste steht, jegliche Beteiligung an Gesprächen mit US-Politikern oder Geschäftsleuten. Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow dementierte entsprechende Berichte. Gazprom lehnte eine Stellungnahme ab. Richard Grenell stritt eine Beteiligung an entsprechenden Gesprächen ebenfalls ab, wie die «Bild» schreibt.
Brisant ist, dass auch die deutsche Regierung offenbar von nichts weiss. Über entsprechende vertrauliche Gespräche und einem Treffen Grenells in der Schweiz mit den Russen habe man keine Kenntnis, heisst es gegenüber der «Bild».
Die Rolle der Schweiz
Die Zukunft des möglichen Nord-Stream-Deals könnte sich nun vor einem Kantonsgericht in der Schweiz entscheiden. Der in der Schweiz ansässige Betreiber von Nord Stream ist insolvent, da seit Jahren kein Gas mehr durch die Pipeline fliesst. Das zuständige Insolvenzgericht im Kanton Zug hat potenziellen Investoren daher eine Frist bis zum 9. Mai gesetzt.
Ursprünglich hätte die Entscheidung bereits im Januar fallen sollen, doch aufgrund der komplexen geopolitischen Lage sowie der Amtsübernahme von Donald Trump gewährte das Gericht einen Aufschub. Während seiner ersten Amtszeit stand Trump Nord Stream 2 äusserst kritisch gegenüber und nutzte die Pipeline als Symbol für Deutschlands – und damit Europas – Abhängigkeit von russischem Gas, das indirekt zur Finanzierung des russischen Militärs beigetragen habe.
Nun sehen jedoch einige Mitglieder seines Teams Nord Stream 2 wohl als strategisches Druckmittel, das in den Ukraine-Friedensgesprächen eingesetzt werden könnte, berichtete ein Regierungsvertreter der «Financial Times». (t-online/con)
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Verwendete Quellen:
- ft.com: "Geheime Gespräche: Trump und Putin planen deutschen Gas-Deal" (kostenpflichtig, Englisch)
- bild.de: "Geheime Gespräche: Trump und Putin planen deutschen Gas-Deal" (kostenpflichtig)