Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. In einer neuen Studie schätzen Forschende der Eidgenössischen Wasserforschungsanstalt Eawag die Zahl von Menschen ohne angemessene Trinkwasserversorgung auf 4,4 Milliarden.
«Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein Menschenrecht», betonte Studienerstautorin Esther Greenwood von der Eawag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es sei daher wichtig, Schätzungen dazu zu haben, bei wie vielen Personen dieses Recht verletzt werde, die am Donnerstag in der Fachzeitschrift «Science» veröffentlicht wurde.
Im Vergleich zu den am Donnerstag in der Fachzeitschrift «Science» veröffentlichten Zahl scheinen bisherige Berechnungen das Problem deutlich unterschätzt zu haben: Eine Schätzung des gemeinsamen Monitoring-Programms (Joint Monitoring Programm, JMP) der Weltgesundheitsorganisation WHO und des Kinderhilfswerks Unicef vom Jahr 2020 fiel nur halb so hoch aus. Sie schätzten, dass rund zwei Milliarden Menschen weltweit keine sichere Trinkwasserversorgung hatten. Grund für die bisherige Unterschätzung ist laut Greenwood, dass es an Daten mangelt. «Auch unsere Zahl könnte noch eine Unterschätzung sein», so die Forscherin.
Um trotz der mangelhaften Datenlage eine aussagekräftige Schätzung machen zu können, griffen die Forschenden für ihre Studie auf Künstliche Intelligenz (KI) zurück. Sie trainierten ein Computermodell mit maschinellem Lernen mit vorhandenen Datensätzen aus Haushaltsbefragungen aus 27 Ländern und Daten aus Erdbeobachtungen. Dieses Modell wurde dann auf jene Orte angewandt, für die es keine entsprechenden Daten gibt. Insgesamt schätzten die Forschenden so die Anzahl an Personen ohne sichere Trinkwasserversorgung in 135 Ländern.
Dieser Ansatz ist laut Greenwood für dieses Fachgebiet neu. Länder mit hohem Einkommen wurden in der Studie nicht betrachtet, weil sie im Trainingsdatensatz nicht vertreten waren. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass auch einige Bevölkerungsgruppen in Ländern mit hohem Einkommen unzureichenden Zugang zu sicherem Trinkwasser haben, wie die Forschenden in der Studie schrieben.
In den 135 untersuchten Ländern hat demnach nur eine von drei Personen Zugang zu sicherem Trinkwasser. In den meisten Fällen scheiterte es laut der Studie dabei an der Sauberkeit: Das Trinkwasser von fast der Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner der untersuchten Länder war mit Fäkalien verschmutzt.
Andere Trinkwasserversorgungsstellen gelten als unsicher, weil sie sich nicht im Haus oder auf dem Grundstück der Bezügerinnen und Bezüger befinden, oder weil sie nicht ausreichend Wasser liefern.
«Unsere Studie zeigt, dass wir weit vom Ziel einer sicheren Trinkwasserversorgung für alle Menschen entfernt sind», sagte Greenwood. Sie hofft, dass die Studie dazu beiträgt, die Lage zu verbessern.
Besonders betroffen waren dabei ländliche Gebiete einkommensschwacher Länder mit hohen Temperaturen und starken saisonalen Niederschlagsschwankungen. In mehreren afrikanischen Ländern südlich der Sahara sind es weniger als zehn Prozent der Bevölkerung, die Zugriff auf sauberes Trinkwasser haben.
An der Studie beteiligt waren neben der Eawag auch die ETH Zürich, Unicef, die WHO, das Schweizerische Tropen- und Public-Health-Institut und die Universität Basel. (pre/sda)
Wenn ich Videos von Abfallverseuchten Bächen und Flüssen (der heilige Fluss Ganges z.B.) sehe, verliere ich das Mitleid mit der angrenzenden Bevölkerung.
Als man bei uns in den 70er Jahren begonnen hat, die Situation zu verbessern, gab es viele der heutigen Technologien gar noch nicht, daher müsste es heute ja viel einfacher und günstiger sein, ein hygienisches System aufzubauen.
Aber anderswo wirft man lieber seinen Kehrichtsack in den Ganges um danach darin zu baden.