Schweizer Firmen schaffen Tatsachen. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres exportierten heimische Unternehmen Güter im Wert von 62 Milliarden Dollar in die USA. Sie kamen damit den Strafzöllen zuvor, mit denen Präsident Donald Trump seit Anfang April den Welthandel auf den Kopf stellt.
Dank diesem Mini-Boom stieg die kleine Schweiz im 1. Quartal 2025 in den USA zum viertgrössten Güter-Importeur auf, nach den Grossstaaten Mexiko (131 Milliarden Dollar), Kanada (109 Milliarden Dollar) und China (103 Milliarden Dollar). Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2024 exportierte die Schweiz Güter im Wert von 88 Milliarden Dollar in die USA.
Weil gleichzeitig die Nachfrage nach amerikanischen Gütern in der Schweiz von Anfang Januar bis Ende März stagnierte, wuchs das Defizit in der amerikanischen Handelsbilanz enorm an. Es beträgt nun für die Schweiz 54 Milliarden Dollar – und nur gerade die Länder China (71 Milliarden Dollar) und Irland (56 Milliarden Dollar) weisen in der aktuellen amerikanischen Statistik ein grösseres Minus auf. Das Defizit für die gesamte Europäische Union beläuft sich auf 96 Milliarden Dollar.
Dieser «Spitzenplatz» für die Schweiz ist insofern entscheidend, als Präsident Trump den Welthandel als Nullsummenspiel betrachtet. Bei der Berechnung der ursprünglichen Strafzölle wendeten seine Berater deshalb eine – an den Haaren herbeigezogene – mathematische Formel an, in der das Handelsdefizit und der Wert der importierten Güter gegenübergestellt wurden. Diese Milchbüchleinrechnung ergab einen Strafzoll von anfänglich 60,7 Prozent für die Schweiz, der dann in mehreren Schritten auf aktuell 10 Prozent verringert wurde. Würde die amerikanische Regierung diese Formel aktuell anwenden, dann drohte gar ein Strafzoll von 87 Prozent auf Schweizer Güter.
Soweit wird es wohl nicht kommen; im April verständigten sich Delegationen der beiden Länder darauf, Gespräche über ein Handelsabkommen aufzunehmen. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter freute sich nach einem Treffen mit Finanzminister Scott Bessent darüber, dass die Schweiz zu der Ländergruppe gehöre, die von den USA «bevorzugt» behandelt werde. Mittlerweile sollen 17 Staaten zu dieser Gruppe gehören, sagte Bessent am Dienstag während einer Anhörung im Repräsentantenhaus. Um welche Länder es sich dabei handelt, das hat die Regierung Trump bisher nicht verraten.
Dafür gab Bessent gleichentags auch bekannt, dass er bereits am Donnerstag in die Schweiz reisen werde – die erste offizielle Europareise des amerikanischen Finanzministers. In Begleitung von Jamieson Greer, dem Handelsbeauftragten der Regierung Trump, will Bessent sich mit Keller-Sutter treffen und die Gespräche über einen Handelsdeal fortsetzen, meldete das Ministerium in einer Stellungnahme.
Am Samstag und Sonntag will sich der amerikanische Finanzminister in der Schweiz zudem mit einer chinesischen Delegation treffen, um über ein wirtschaftspolitisches Tauwetter zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften zu sprechen. Über den möglichen Austragungsort dieses Mini-Gipfels gab Bessent vorerst keine Auskunft.
Dieses Treffen, das erste zwischen hochrangigen amerikanischen und chinesischen Unterhändlern seit Beginn des Trump-Handelskriegs, wird das Gespräch mit der Bundespräsidentin sicherlich in den Schatten stellen. Aber auch zwischen den USA und der Schweiz gibt es viel zu besprechen. So wird Washington die Versuche der heimischen Industrie, die Lagerhallen kurz vor Beginn des neuen Zollregimes noch zu füllen, sicherlich nicht mit Freude beobachtet haben.
Aus einer Datenbank des Handelsministeriums geht hervor, welche Güter die Schweizer Firmen in aller Eile noch in die USA exportierten. An der Spitze stehen, mit einem Gesamtwert von fast 45 Milliarden Dollar, «Waren aus Edelmetall in rechteckiger Form aus Gold» – in der Alltagssprache auch Goldbarren genannt. Auf dem zweiten Platz folgen Pharmaprodukte (8,5 Milliarden Dollar) vor Uhren (1,6 Milliarden Dollar) und optischen Instrumenten (1,1 Milliarden Dollar).
Immerhin: Die Schweizer Verhandler können darauf verweisen, dass sich der kleine Boom im bilateralen Handel dem Ende entgegen neigt. So sank der Güterwert der in die USA importierten Goldbarren seit Jahresbeginn von fast 19 Milliarden Dollar (Januar) auf noch knapp 11 Milliarden Dollar (März).
Trump entschied Anfang April, gewisse Goldimporte von den Strafzöllen zu befreien. Die aus Schweizer Sicht beliebteste Kategorie von Goldprodukten aber scheint von dieser Ausnahmeregelung nicht betroffen zu sein – für die Schweizer Importeure hat es sich also gelohnt, zu Jahresbeginn die Goldlager in den USA zu füllen. (bzbasel.ch)