Die deutsche Stadt Bergisch Gladbach unterhält seit vergangenem August eine Partnerschaft mit der ukrainischen Stadt Butscha, jenem Kiewer Vorort, der wegen eines Massakers an der Zivilbevölkerung weltbekannt geworden ist. Köln ging kurz nach Ausbruch des Krieges eine Partnerschaft mit der westukrainischen Stadt Czernowitz ein. Und die mitteldeutsche Stadt Jena hat sich im vergangenen Herbst zur Schwesterstadt von Browarys erklärt.
Das sind nur drei von Dutzenden Beispielen, wie sich Gemeinden in Deutschland mittels Partnerschaften in der Ukraine engagieren. Finanziell unterstützt werden sie vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Ziel ist, dass die deutschen Gemeinden ihre ukrainischen Partnerkommunen einerseits mit Hilfsgütern wie Kleidern, Zelten, Verbandszeug oder Generatoren versorgen können. Andererseits gehe es darum, sich mit den Gemeinden in der Ukraine «solidarisch zu zeigen», wie die deutsche Entwicklungsministerin vor ein paar Monaten in einer Rede betonte.
Dass solche Städtepartnerschaften gerade auch für die Zeit nach dem Krieg wichtig seien, wurde unter anderem anlässlich der Wiederaufbaukonferenz in Lugano betont. Diese fand im vergangenen Juli statt. Doch in der Schweiz hat der Aufruf bisher nicht gefruchtet, wie eine Umfrage bei diversen Städten und Verbänden zeigt.
Der Städteverband teilt mit, es sei Sache der einzelnen Mitglieder, solche Partnerschaften zu prüfen. Diese halten sich zurück. Die Stadt Luzern etwa schreibt auf Anfrage, es gebe derzeit keine Bestrebungen, eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Gemeinde aufzubauen. Der Grund: «Der Stadtrat ist der Meinung, dass die Aufbauhilfe in der Ukraine gesamtschweizerisch koordiniert sein soll.»
Ähnliches ist aus Basel zu erfahren. Statt einer Partnerschaft lege man den «Fokus auf die dringende Nothilfe vor Ort», wofür bereits Gelder gesprochen worden seien. Auch Zürich verweist darauf, dass die Stadt wiederholt humanitäre Hilfe geleistet habe und «seit Kriegsbeginn Solidarität mit den Menschen in der Ukraine» zeige. Eine Partnerschaft sei aktuell kein Thema.
In Bern wiederum hält man ganz grundsätzlich nicht viel von Städtepartnerschaften. Stattdessen fokussiere man auf eine Zusammenarbeit über konkrete Projekte, wie Stadtpräsident Alec von Graffenried auf Anfrage mitteilt. «Sobald die Zeit da ist und der Bund genauer sagen kann, wie sich die Schweiz am Wiederaufbau beteiligen will, können wir als Gemeinden zusammen mit ukrainischen Gemeinden konkrete Projekte angehen.»
Vonseiten der Ukraine ist der Wunsch nach Städtepartnerschaften hingegen da. Wie Claudia Kratochvil vom Gemeindeverband bestätigt, sei der ukrainische Gemeindeverband am Rande der Lugano-Konferenz an sein Schweizer Pendant gelangt. Die ukrainischen Gemeinden haben eine Initiative gestartet, mit dem Ziel, Partnerschaften zu Kommunen in anderen Ländern aufzubauen. Auch Greenpeace stellt eine Plattform zur Verfügung, auf welcher sich Gemeinden vernetzen können. Laut Roland Gysin fehle es aktuell an Bestrebungen auf kantonaler und kommunaler Ebene: «Der nachhaltige Wiederaufbau in der Ukraine ist zentral, hier können und sollen auch die Kantone und Gemeinden einen Beitrag leisten.»
Die bei Aussenminister Cassis angesiedelte Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) verweist auf Anfrage darauf, dass man sich nicht zu Projekten äussern könne, die «in den Kompetenzen der Gemeinden und Städte» lägen. Dennoch sei die internationale Zusammenarbeit der Schweiz auf eine «breite öffentliche Unterstützung» angewiesen. Dabei komme dem Engagement der Schweizer Gemeinden «selbstverständlich eine grosse Bedeutung» zu.
Immerhin: In zwei Schweizer Städten kommt aufgrund politischer Vorstösse langsam Bewegung in die Sache. In Zug hat das Parlament den Stadtrat beauftragt, «eine Stadt in der Ukraine gezielt zu unterstützen und, sofern es die Umstände zulassen, diese Stadt zur Partnerstadt zu machen». Zug solle ein Zeichen setzen, damit andere Schweizer und europäische Gemeinden ebenfalls solche Partnerschaften übernehmen. In Baar fand diese Vorgehensweise Nachahmer: Am Jahrestag des Kriegsausbruchs wurde eine Motion eingereicht, welche eine Städtepartnerschaft mit einer Stadt in der Ukraine vorsieht.