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Hyaluronsäure für 10-Jährige: Der Skincare-Trend hat die Schweiz erfasst

Viele junge Mädchen verwenden heute zu viele Skincare-Produkte.
Viele junge Mädchen verwenden heute zu viele Skincare-Produkte.Bild: screenshots YouTube

Junge Mädchen sind verrückt nach Hautpflege – Dermatologin spricht von «Katastrophe»

Generation Alpha liebt Skincare. Die Dermatologin Liv Kraemer erklärt watson, weshalb eine zu exzessive Hautpflege – gerade bei Kinderhaut – schädlich ist.
27.01.2024, 09:5027.01.2024, 12:29
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Was zehnjährige Mädchen vor 15 Jahren noch wollten: Barbies, Playmobil, Prinzessinnenkostüme, Kronen und vielleicht noch ein Britney-Spears-Parfüm und einen Lipgloss, der nach Erdbeeren riecht.

Was zehnjährige Mädchen heute wollen: Cleanser, Hyaluronsäure, Tuchmasken, Salicylsäure und Bräunungscremen. Und nicht das Billigzeug, sondern den teuren Stoff!

Die Schweiz erlebt gerade einen neuen Trend – immer mehr junge Mädchen insistieren darauf, dass ihnen ihre Eltern Skincare-Produkte kaufen. Denn für die junge Generation gehört die mehrschrittige Skincare-Routine mittlerweile genauso zum Tagesablauf wie das morgendliche Zähneputzen.

Diese Achtjährige hat schon eine Skincare-Routine

Der Hype um die Skincare wird von den kleinen Beauty-Influencerinnen aus den USA – auch bekannt als «Sephora-Kids» – angeheizt, die ihre Zwölf-Schritte-Hautpflegeroutine mit ihren Followern teilen. Sie haben Erfolg und eine grosse Reichweite: Videos mit dem Hashtag #teenageskincare wurden bereits mehr als 26,7 Millionen Mal angeschaut.

Hailey Bieber macht's vor

Die «Sephora-Kids» wiederum orientieren sich an erwachsenen Vorbildern – aber nicht an denen aus dem echten Leben, sondern jenen aus dem Internet. Die perfekten Models und jene, die es gerne wären, überzeugen nicht nur mit ihren durchtrainierten Körpern, sondern auch mit ihrer perfekten Haut.

Die Dolphin Skin, die Glass Skin oder der Donut-glazed Look vermitteln alle das Bild eines porenlosen und gefilterten Teints. Dieser scheint aber schier unerreichbar – ausser man entscheidet sich für eine Skincare-Routine.

Das Model Hailey Bieber ist DIE Königin des «Donut-glazed Look», und sie hat – oh Wunder – auch noch selbst eine Skincare-Linie herausgebracht. Die Bilder von Bieber und Hunderten anderen Influencerinnen suggerieren: Kauft meine Produkte, dann werdet ihr alle genauso wunderschön wie ich.

Die neue Umbenennung von «Schönheitsprodukten» in «Hautpflege» beziehungsweise «Skincare» erinnert nur allzu sehr an die Umbenennung von «Diät» in «Lebensstil». Die Selbstoptimierung steht im Fokus, sie tritt aber unter einem neuen Deckmantel auf, der gesellschaftsverträglicher ist.

Diese Umbenennungen sind problematisch – denn im Umkehrschluss heisst das, wer seine Haut nicht exzessiv «pflegt» und so einen «Donut-glazed Look» erreicht, trägt sich keine Sorge. Gefährlich wird die Sache dann, wenn die Zielgruppe ständig jünger wird und acht- bis zehnjährige Mädchen denken, sie bräuchten Hyaluronsäure, um schön zu sein.

«Weniger ist mehr!»

Die Dermatologin Liv Kraemer sagt gegenüber watson: «Es wird leider viel übertrieben. Dass auf YouTube von namhaften ‹Skinfluencern› sechs- bis zehnjährigen Mädchen Augencremes und eine Twelve-Step-Routine empfohlen wird, ist eine Katastrophe.»

«Dass auf YouTube von namhaften ‹Skinfluencern› sechs- bis zehnjährigen Mädchen Augencremes und eine Twelve-Step-Routine empfohlen wird, ist eine Katastrophe.»
Liv Kraemer

Sie ergänzt: «Aber mittlerweile kommen viele junge Mädchen schon mit zehn Jahren in die Pubertät und haben in der Tat schon recht früh Mitesser und kleine Pickel. Das heisst, eine einfache, korrekte Routine ergibt durchaus Sinn. Das bedarf aber weder Masken noch Toner, Roller oder Augencremes. Jeden Tag das Gesicht morgens nach dem Aufstehen mit einem milden Cleanser waschen und dann Sonnenschutz benutzen. Am Abend wieder waschen und eventuell eine leichte Gelcreme. That’s it!»

Dr. Liv Kraemer warnt vor einer zu exzessiven Skincare.
Dr. Liv Kraemer warnt vor einer zu exzessiven Skincare.Bild: zVg

Wenn eine komplizierte Skincare-Routine durchgeführt wird und zu viele Produkte benutzt werden, führt dies laut Kraemer dazu, dass die natürliche Barriere angegriffen wird. Dies führe dazu, dass die Haut mit Irritationen und sogar Akne reagieren kann.

«Weniger ist mehr! Keiner braucht eine 8-bis-50-Step-Routine – und schon gar nicht junge Frauen.»
Liv Kraemer

Doch Kraemer ist der Meinung, dass auch viele Erwachsene ihre Haut überstrapazieren mit zu vielen Produkten: «Viele machen mittlerweile viel zu viel. Ich predige auf meinen Social-Media-Kanälen und in meiner Klinik allen: Weniger ist mehr! Keiner braucht eine 8-bis-50-Step-Routine – und schon gar nicht junge Frauen.»

Expertinnen und Experten raten stark von einer übertriebenen Skincare ab. Die junge Kundschaft scheint dies jedoch wenig zu interessieren: Studien zufolge gibt die Gen Z mehr Geld für Hautpflege aus als jede andere Altersgruppe. In den USA beispielsweise sind allein im Jahr 2023 die Ausgaben der Tweens und Teens für Skincare-Produkte um 20 Prozent angestiegen.

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151 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mondblüemli
27.01.2024 10:24registriert Oktober 2021
Zehnjährige mit einer 12 Schritte Gesichtspflegeroutine? WTF? So viele Schritte unfasst meine ganze „Badezimmer Routine“ inkl. abtrocknen und Duschhaube aufsetzen. 😱
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Schlaf
27.01.2024 10:24registriert Oktober 2019
Völlig birrenweich!
Meine Töchter sind auch schon geschminkt von Besuch nach Hause gekommen.
Hab dann die Eltern angerufen und gefragt, warum sich 6 Jährige schminken sollen.

Die Mama hat sie geschminkt, sie spielen das oft🤷🏼‍♂️
Viele Menschen scheinen in der heutigen Welt nicht mehr klar zu kommen und lassen sich von "sozialen" Medien steuern.
Selber Gedanken zu fassen, scheint fast nicht mehr möglich.

Die Menschheit hat ihren Zenith anscheinend überschritten..
21024
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alsoweise
27.01.2024 11:10registriert November 2023
Eine Möglichkeit, dass 10-Jährige keine unnötigen Hautpflegeprodukte erhalten, bestünde darin, dass die Erziehungsberechtigten diese nicht kaufen.
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