Es sind dramatische Szenen, die sich am Dienstag im serbischen Parlament abspielen: Während einer hitzigen Debatte werfen oppositionelle Abgeordnete Rauchgranaten, Flaschen und Eier durch den Saal, es kommt zu Handgreiflichkeiten mit Sicherheitskräften. Die Luft füllt sich mit Rauch, Abgeordnete verlassen fluchtartig den Raum. Im Tumult werden mindestens drei Abgeordnete verletzt. Eine Politikerin der Regierungspartei SNS erleidet einen Schlaganfall und muss ins Spital gebracht werden – ihr Zustand sei kritisch, heisst es von offizieller Seite.
«Serbien erhebt sich für den Sturz des Regimes», ist auf einem Banner zu lesen, das von Oppositionellen entrollt wird. Die Parlamentspräsidentin Ana Brnabic teilte mit, das Parlament werde seine Arbeit fortsetzen und «Serbien verteidigen». «Ihre bunte Revolution ist gescheitert und dieses Land wird leben, dieses Land wird arbeiten und dieses Land wird weiterhin gewinnen», rief sie während des Tumults.
Seit Monaten gehen in Serbien Menschen auf die Strassen, um gegen die rechte Regierung von Präsident Aleksandar Vučić zu demonstrieren. Auslöser der Proteste war der Einsturz eines Bahnhofsdachs vor vier Monaten, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen. Dieses Unglück markierte den Beginn einer landesweiten Protestbewegung, die bis heute anhält.
Die Empörung über die marode Infrastruktur, Korruptionen und das Krisenmanagement der Regierung hat inzwischen weite Teile der Bevölkerung mobilisiert. Während anfangs vor allem Studenten protestierten, beteiligen sich mittlerweile Menschen aller Alters- und Berufsgruppen.
Aleksandar Vučić reagierte auf die anhaltenden Proteste, indem er seinen Ministerpräsidenten Miloš Vučević zum Rücktritt zwang – ein politisches Manöver, das die Wut der Demonstranten jedoch nicht besänftigen konnte. Gleichzeitig schliesst Vučić Neuwahlen weiterhin kategorisch aus.
Es sind massive Kräfte am Werk um unsere Demokratie und Freiheit zu vernichten.
Erst vor einigen Monaten blockierten loyale Anhänger von vucic den Zugang zum Parlament und verhinderten, dass Abgeordnete ihre Sitze einnehmen konnten. Schlägereien, öffentliche Drohungen gegen Minderheiten (von damals PM brnabitch) und andere bedenkliche Vorfälle gehören zur Realität.
Es überrascht kaum, denn sowohl Regierung als auch Opposition halten weiterhin am Erbe der 90er fest und verteidigen nach wie vor etöicKriegsverbrecher. Eine echte Aufarbeitung der Vergangenheit bleibt weiterhin aus. Auch wenn es längst Zeit wäre.