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Mallorca hat genug vom Massentourismus und kündet Einschränkungen an

Mallorca hat genug vom Massentourismus – und kündet neue Einschränkungen an

Bewohnerinnen und Bewohner kapern Strände aus Protest gegen den ausufernden Massentourismus – Palma kündigt unter anderem Mietwagen und Kreuzfahrtschiffen den Kampf an.
04.06.2024, 15:40
Manuel Meyer, Palma de Mallorca / ch media
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Die Mallorquinerinnen und Mallorquiner haben die Nase vom Massentourismus gestrichen voll. Bereits Ende Mai waren viele Strände der beliebten spanischen Mittelmeerinsel derart überfüllt, dass die üblicherweise später ans Meer fahrenden Einheimischen kaum noch Parkplätze fanden und zu Fuss lange Wege zum Strand zurücklegen mussten.

«Es ist 10:30 Uhr, und hier ist kein einziger Parkplatz mehr frei. Dabei hat die Hauptsaison noch nicht einmal angefangen. Das kann doch nicht sein. Man nimmt uns unsere Strände», ärgerte sich vor kurzem ein Mallorquiner aus der Inselhauptstadt Palma im spanischen Staatsfernsehen TVE.

epa10825965 Tourists wait at the airport of Palma for their return flight to Italy due to poor weather conditions in Italy at the Son Sant Joan airport in Mallorca, Spain, 28 August 2023. EPA/CATI CLA ...
Touristinnen und Touristen am Flughafen Palma.Bild: keystone

Er wollte mit seiner Frau und seinen beiden Kleinkindern den rund dreissig Autominuten von Palma entfernten Traumstrand von Es Trenc besuchen. Doch Hunderte ausländische Urlauber hatten dieselbe Idee - und waren schneller. So musste die Familien schwer bepackt und mit den Kindern auf dem Arm fast einen halben Kilometer zum Strand laufen.

Nächster Protest am 16. Juni

Vielen Einheimischen ist die Lage zu bunt geworden. Jetzt gehen sie in die Gegenoffensive. Vergangene Woche riefen einige Inselbewohnerinnen und -bewohner auf der Plattform X eine Initiative namens «Mallorca Platja Tour» ins Leben. Innerhalb weniger Tage hatte die Initiative bereits über 1300 Follower. Der Plan: Jedes Wochenende sollen beliebte Urlauberstrände von den Einheimischen gekapert und besetzen werden, bevor die ausländischen Urlauber kommen.

Am Samstag startete die Protestaktion «#Ocupemlesnostresplatges» («Lasst uns unsere Strände besetzen») an einem der schönsten Strände Mallorcas - der Platja Sa Ràpita an der Südküste Mallorcas. Bereits früh am Morgen versammelten sich die Menschen am Strand, um die örtlichen Parkplätze zu blockieren und sich zwischen den zu bezahlenden Sonnenschirmen breit zu machen. Am 16. Juni soll der nächste Strand besetzt werden. Welcher steht noch nicht fest.

«Es kann doch nicht sein, dass wir Einheimischen unsere eigenen Strände nicht mehr geniessen können, weil sie von Urlaubern überrannt werden», sagte Rosa Marsillí von der Protestinitiative einer Lokalzeitung am Rande der Veranstaltung. Der Erfolg am Samstag war allerdings gering. Vor allem weil es ziemlich bewölkt war, kamen nur wenige ausländische Urlauber, die man hätte stören können. Aber die Aktion zeigt: Die Mallorquiner geraten mit Blick auf die immer früher im Jahr kommenden Urlaubermassen an ihre Grenzen.

Bürgermeister kündigt erste Massnahmen an

Bereits vor zwei Wochen fanden in der Innenstadt Massenproteste gegen den ausufernden Tourismus statt. Über 15'000 Einheimische «verkleideten» sich mit bunten Hemden, Flipflops und Sonnenhüten als Touristen und protestierten auf den Flaniermeilen Palmas gegen Touristenmassen und die durch Ferienapartments entstehende Not bezahlbaren Wohnraums. Es geht um immer knappere Ressourcen und Umweltbelastung.

Tourists react as they pose for a photo at the resort of Magaluf, in Calvia town, on the Spanish Balearic island of Mallorca, Wednesday, June 10, 2015. Magaluf, the super popular Spanish resort notori ...
Feierlaune am Ballermann in Mallorca.Bild: AP/AP

So war auf den Protestplakaten nicht nur «Touristen, geht nach Hause» oder «Mallorca steht nicht zum Verkauf» zu lesen, sondern auch «Wo werden meine Kinder leben?» und «Wer Mallorca liebt, zerstört es nicht». Natürlich sind sich auch viele Inselbewohner darüber im Klaren, dass Mallorca vom Tourismus lebt. «Tourismus ja, aber nicht so», hiess es deshalb auch auf zahlreichen Bannern.

Die Politik reagierte bereits. Palmas konservativer Bürgermeister Jaime Martínez (PP) kündigte bereits Vorschläge für neue Einschränkungen und Regeln im Sommer an, um die Urlaubermassen in der Inselhauptstadt und der zugehörigen Küstenstadt Areal mit seiner berühmt-berüchtigten Ballermann-Zone zu drosseln.

Wie die «Mallorca Zeitung» berichtet, sollen neue Einschränkungen und sogar Verbote für Partyboote ausgesprochen werden. Zudem sollen die Zahl der Kreuzfahrtschiffe erneut eingeschränkt und von den Kreuzfahrttouristen fast doppelt so hohe Tourismustaxen eingezogen werden. Weiterhin sehen seine Vorschläge, die noch der Zustimmung der Inselregierung bedürfen, reduzierte Sightseeing-Gruppen vor sowie ein absolutes Alkoholverbot auf den Strassen und Strandpromenaden.

Auch soll die Zufahrt von Mietwagen in Palmas Innenstadt stark eingeschränkt werden. Mit Blick auf die Anti-Tourismus-Proteste, die mittlerweile auch auf den Kanaren und an der Costa Brava stattfinden, kann es auf Mallorca ein heisser Sommer werden - nicht nur meteorologisch! (bzbasel.ch)

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70 Kommentare
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RuZzophob
04.06.2024 16:32registriert Oktober 2022
Ich habe allgemein Verständnis mit den lokalen Einwohnern, jedoch das Beispiel mit 500 Meter laufen statt fahren gehört nicht zu denen Beispielen wo ich Verständnis habe 😂
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Ja genau
04.06.2024 17:01registriert April 2022
Es ist in Luzern auch nicht anders. Mittlerweile rund ums Jahr ohne Pause laden die Busse tausende Touristen ab. Die ganze Gegend ist ins Ausland verkauft.
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züristone
04.06.2024 17:55registriert August 2015
Ich habe gemischte Gefühle, wenn ich das lese. Ich verstehe den Frust bezüglich Ballermann-Touris total! Nach El Arena würde ich auch gegen Bezahlung nicht hin. Es Trenc ist aber nicht gerade der Ort wo die Ballermann-Besucher hingehen. Wenn man also allgemein etwas gegen Touristen hat, dann sollten die Bewohner auch keine Ferienwohnungen mehr anbieten… und man müsste die Anzahl Hotelzimmer drastisch reduzieren. Nur fehlt es dann wieder an Arbeitsplätzen. alles nicht so einfach…
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