Wer schon in Italien war, weiss: Wer sich nicht an die Kulinarik-Regeln hält, wird von der Bedienung ignoriert, scharf kritisiert – oder gar beleidigt. (Anmerkung der Redaktion: Die Autorin spricht aus eigener Erfahrung.)
Ein Cappuccino nach dem Abendessen? Geht nicht. Parmesan zu Pasta mit Meeresfrüchten? Nope. Ananas auf der Pizza? UM GOTTES WILLEN, NEIN!
Ein italienischer Pizzaiolo bricht nun mit der letzten dieser Regeln und legt sich mit seinen Landsmännern und -frauen an. Er begeht ein Sakrileg – und serviert seinen Gästen eine Pizza mit Ananas.
Der Abtrünnige ist nicht ein beliebiger Pizzabäcker, sondern der renommierte Koch Gino Sorbillo, der in Neapel eine Pizzeria führt, die sogar mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet worden ist.
Die Pizzeria Sorbillo wurde bereits 1935 gegründet, in Neapel hat sie seitdem einen Stammplatz auf der Strasse Via dei Tribunali, die gerne auch als «Via della Pizza Napoletana» bezeichnet wird. Mittlerweile hat das Familienunternehmen bis nach New York expandiert, der Name ist bei Touristinnen und Promis aus aller Welt bekannt, so sind auch der serbische Tennisstar Novak Djokovic oder der kolumbianische Sänger Maluma bei Sorbillo eingekehrt.
Immerhin: Sorbillo bietet in seinen Restaurants eben keine standardisierte Pizza Hawaii an. Seine Variante bleibt traditionell mit dickem Teigrand, belegt wird sie mit gerösteter Ananas, Mozzarella und Fleisch von der Schweinekeule.
Das ganze Land ist in Aufruhr – so scheint es zumindest, wenn man einen Blick in die italienischen Medien wirft. Dutzende Zeitungen schreiben über Sorbillos neuste Kreation und schüren Wut bei der Bevölkerung. Sogar Rai1, der bedeutendste Fernsehkanal Italiens, besucht die Pizzeria.
Auch in der viralen Welt gibt die neue Pizza zu reden. In einem Instagram-Video erläutert Sorbillo, dass er zwar eher traditionell sei, aber die neue Ananas-Pizza grossartig fände. Bevor er sie probiert, sagt er bereits: «Die Leute schauen mich komisch an, aber sie wird gut sein.»
Er schneidet sich ein Stück ab und verkündet: «Leute, sie ist gut, ich schwöre es!»
Aber er macht dieses Gesicht:
Ist das wirklich ein Gesicht der Freude, liebe User? Das weiss wohl nur Sorbillo selbst. Er sagt weiter: «Wenn ihr mir nicht glaubt, könnt ihr vorbeikommen und probieren.»
Doch die meisten seiner Follower werden sicherlich nicht bei Sorbillo vorbeischauen, um die neue Pizza zu probieren. Sie echauffieren sich in Hundertschaften unter seinen Posts. Es hat sich gar ein Instagram-User namens pizza-activsm eingeschaltet, er schreibt:
Ein anderer User schreibt auf Italienisch: «Es geht nicht um den Geschmack, aber ein Botschafter der neapolitanischen gastronomischen Kultur sollte diese auch in die gesamte Welt exportieren, nicht dieses ‹Made-in-USA-Zeug› importieren, das letztlich nur dazu dient, ein bisschen Tamtam zu schüren, und sonst nichts.»
Doch viele nehmen Sorbillos Kreation mit Humor, eine Userin schreibt auf Italienisch: «100 neapolitanische Pizzabäcker starben plötzlich, nachdem dieses Video veröffentlicht wurde.» Jemand anderes schreibt: «Wir wollen Kaffee-Pizza 😂.»