Eine von der Türkei und Russland ausgehandelte Waffenruhe für die syrische Provinz Idlib hält Bewohnern und Oppositionsvertretern zufolge zunächst weitgehend. Es habe weder neue Luftangriffe noch schweren Artillerie-Beschuss geben.
An einigen Frontlinien gebe es sporadisches Maschinengeschwehr- und Granatwerferfeuer. «Wir sehen in den ersten Stunden bei allen Kriegsparteien eine gespannte Ruhe», sagte der Oppositionsvertreter Ibrahim Al-Idlibi. Jeder sei sich bewusst, dass ein Verstoss Konsequenzen haben würde. «Es ist aber eine sehr fragile Waffenruhe.»
Die Feuerpause gilt seit Mitternacht. Syrische Regierungstruppen versuchen seit Dezember mit russischer Unterstützung, die letzte grosse Rebellenhochburg Idlib unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Türkei steht dagegen an der Seite mehrerer Rebellengruppen.
Noch einige Stunden vor der Waffenruhe hatte die türkische Armee Stellungen der syrischen Regierungsarmee mit Drohnen angegriffen, wie das Verteidigungsministerium in Ankara mitteilte. Bei diesen Angriffen um 16.00 Uhr Ortszeit seien 21 syrische Soldaten «neutralisiert» worden - «neutralisiert» bedeutet im Militärjargon üblicherweise die Tötung von feindlichen Kämpfern.
Die türkischen Drohnenangriffe waren nach Angaben des Verteidigungsministeriums ein Vergeltungseinsatz für die Tötung von mehr als 30 türkischen Soldaten durch die syrischen Regierungstruppen in jüngster Zeit.
Während nach Mitternacht laut der Beobachtungsstelle dann «relative» Ruhe eintrat, feuerte die syrische Regierungsarmee in an die Provinz angrenzenden Gebieten von Aleppo und Hama mehrfach Artillerie auf Positionen der Aufständischen ab.
Die in Grossbritannien ansässige Beobachtungsstelle stützt sich auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien. Die Angaben der Aktivisten-Organisation sind von unabhängiger Seite oft kaum nachprüfbar.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres äusserte die Hoffnung, dass die Feuerpause in eine dauerhafte Einstellung der Kämpfe mündet. Die Bevölkerung in Idlib habe bereits enormes Leiden hinter sich, erklärte Guterres in New York. Er forderte die Konfliktparteien zur Einleitung eines politischen Prozesses auf.
Russlands Präsident Wladimir Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatten sich bei einem Treffen am Donnerstag in Moskau auf die Waffenruhe geeinigt. Es soll zudem einen Sicherheitskorridor entlang einer strategisch wichtigen Autobahn geben.
Russland und die Türkei unterstützen in dem Konflikt die verfeindeten Parteien. Moskau steht an der Seite der syrischen Regierungstruppen, deren Gegner werden teilweise von der Türkei unterstützt. In Idlib gehen die Truppen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad mit russischer Unterstützung seit Dezember massiv gegen die letzten Hochburgen islamistischer Milizen vor. Knapp eine Million Menschen sind seitdem nach UN-Angaben in die Flucht getrieben worden.
Die Türkei startete ihrerseits vor einigen Tagen eine grosse Militäroffensive gegen die Regierungstruppen in der Region, nachdem bei einem syrischen Luftangriff auf türkische Beobachterposten 34 Soldaten getötet worden waren. Am Donnerstag wurden zwei weitere türkische Soldaten bei Beschuss durch die syrische Regierungsarmee getötet, wie das Verteidigungsministerium in Ankara mitteilte. (sda/afp/reuters)