Bei den Angriffen auf Dörfer in der südsyrischen Provinz Al-Suwaida hat die Terrormiliz «Islamischer Staat» («IS») vergangene Woche 36 Frauen und Kinder verschleppt. Mindestens 20 Frauen und 16 Kinder der religiösen Minderheit der Drusen seien entführt worden, meldeten die örtliche Nachrichtenseite Soueida24 und die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag.
Bei einer Anschlagsserie am Mittwochmorgen vergangener Woche hatten die Dschihadisten in der Provinzhauptstadt Al-Suwaida und umliegenden Dörfern mehr als 250 Menschen getötet. Die Angriffe der sunnitischen Extremistengruppe richteten sich gegen die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad und Milizionäre, doch wurden auch rund 140 Zivilisten dabei getötet.
Die meisten Opfer waren Drusen, die in Al-Suwaida die Mehrheit der Bevölkerung stellen und von den Dschihadisten als «Ungläubige» angesehen werden. Es waren die blutigsten Angriffe in der Provinz seit Beginn des Bürgerkriegs 2011.
Da die Drusen in dem Konflikt zumeist eine Haltung der Neutralität eingenommen haben, sind ihre Siedlungsgebiete bisher weitgehend verschont geblieben.
Laut der Beobachtungsstelle wurden nach den Angriffen am Mittwoch insgesamt 36 Zivilisten entführt, doch sei vier Frauen die Flucht gelungen, während eine erschossen und eine weitere vermutlich auf dem Marsch an Erschöpfung gestorben sei. 30 Frauen und Kinder seien somit noch in Geiselhaft.
Soueida24 berichtete, alle Opfer stammten aus dem Dorf Al-Schabke im Osten der Provinz Suweida am Rande der grossen Badija-Wüste. Der Soueida24-Journalist Nur Radwan sagte der Nachrichtenagentur AFP, die «IS»-Miliz habe den Angehörigen Fotos und Videos der Entführungsopfer zugeschickt.
Zudem fordere sie von der Regierung die Freilassung von «IS»-Häftlingen und die Einstellung der Offensive gegen ihre Kampfgefährten in der südlichen Provinz Daraa. Die «IS»-Miliz veröffentlichte zunächst nichts zu den Entführungen.
Radwan sagte, die Opfer stammten aus zwei Grossfamilien und seien vermutlich in die Badija-Wüste verschleppt worden. Die Einwohner von Al-Schabke seien Bauern, die nur über Jagdgewehre verfügten, um sich zu verteidigen. Es habe dort daher kaum Widerstand gegeben, sagte der Journalist. Laut der Beobachtungsstelle wurden auch noch 17 Männer aus der Region vermisst.
Aus informierten Kreisen hiess es, Geistliche der Drusen verhandelten mit den Dschihadisten über die Freilassung der Geiseln.
Die «IS»-Miliz hat in Syrien in den vergangenen Jahren immer wieder Angehörige religiöser Minderheiten entführt. So wurden 2015 und 2016 hunderte Christen aus Dörfern im Nordosten und dem Zentrum des Landes verschleppt, doch nach Verhandlungen zumeist freigelassen.
Mit den Anschlägen am Mittwoch wollte die «IS»-Miliz vermutlich den Druck von ihren Kampfgefährten in der Nachbarprovinz Daraa nehmen, die seit dem 19. Juli von der syrischen Armee bombardiert werden. Auch am Montag rückten die Regierungstruppen mit russischer Luftunterstützung weiter gegen die letzten Dörfer unter Kontrolle der «IS»-Miliz vor, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete.
Die «IS»-Miliz hat sämtliche Städte unter ihrer Kontrolle in Syrien verloren, ist jedoch weiter in Daraa und der Badija-Wüste sowie in einem kleinen Gebiet im Osten des Landes präsent.
Im Mai waren die Dschihadisten gezwungen, im Zuge einer Vereinbarung mit der Regierung aus dem Viertel Jarmuk in Damaskus in die Wüste abzuziehen. Berichten zufolge waren einige dieser Kämpfer nun an den Anschlägen in Al-Suwaida beteiligt. (aeg/sda/afp)