International
Taiwan

Taiwans Trump greift nach der Macht

Taiwans Trump greift nach der Macht

Der Foxconn-Gründer Terry Gou möchte taiwanesischer Präsident werden. Für den china-freundlichen Milliardär spricht vor allem sein Vermögen. Welche Folgen hätte sein Wahlsieg für Taiwan?
18.05.2023, 21:20
Patrick Diekmann
Mehr «International»
epa10622713 Foxconn founder Terry Gou speaks to a rally as he seek the presidential nomination of the Kuomintang (KMT) in New Taipei City, Taiwan, 12 May 2023. The Foxconn founder promised at his rall ...
Terry GouBild: keystone
Ein Artikel von
t-online

Die Parallelen zu Donald Trump sind offensichtlich. Terry Gou ist Milliardär, kleidet sich ähnlich wie der ehemalige US-Präsident und er strebt nach politischer Macht. Der 72-jährige Gründer des Technologieriesen und Apple-Zulieferers Foxconn möchte im kommenden Jahr Präsident in Taiwan werden. Doch dabei sticht vor allem ein grosser Unterschied zu Donald Trump heraus: Gou hat bislang bei Kandidaturen um politische Ämter immer verloren – trotz seines Vermögens.

Auch diesmal stehen die Chancen für Gou nicht besonders gut. Aber er versucht, die Angst der taiwanesischen Bevölkerung vor einer chinesischen Invasion für sich zu nutzen. Denn der Unternehmer spricht sich für eine chinafreundliche Politik aus – und sorgt damit auch im Westen für Vorbehalte.

Angst vor chinesischer Invasion in Taiwan

«Es besteht das Risiko, dass jederzeit ein Krieg ausbrechen kann», sagte Gou Anfang April vor Journalisten. Frieden sei nicht selbstverständlich. «Ich muss den jungen Leuten ehrlich sagen, dass es nicht in ihrem Interesse ist, für die DPP zu stimmen, die für Taiwans Unabhängigkeit eintritt, China hasst und gegen China ist.»

Terry Gou (oder auch Kuo T'ai-ming) ist ein taiwanesischer Unternehmer. Der 72-Jährige hat Foxconn gegründet, den mit über 1.2 Millionen Angestellten grössten Hersteller von elektronischen Produkten weltweit.

Die Demokratische Fortschrittspartei (DPP) ist die Partei der amtierenden Präsidentin Tsai Ing-wen. Terry Gou dagegen kündigte im April an, dass er sich um eine Nominierung bei der Parlamentswahl für die grösste Oppositionspartei des Landes, der Kuomintang (KMT), bewerben will. Er präsentierte sich als der geeignetste Kandidat, um einen Krieg mit China zu vermeiden.

In this image taken from video footage run Saturday, April 8, 2023 by China's CCTV, a Chinese fighter jet performs an mid-air refueling maneuver at an unspecified location. The Chinese military a ...
Machen Angst in Taiwan: Chinesische KampfjetsBild: keystone

Dieses Narrativ verfängt in Taiwan. Immerhin haben zuletzt die Spannungen zwischen China und der Inselrepublik erneut zugenommen. Die chinesische Marine hielt Manöver vor der Küste ab, immer wieder donnern chinesische Kampfflugzeuge in Richtung der Insel. Und Gou nutzt die Situation für seine politische Zwecke.

«Die Beziehungen zu Peking glätten»

Aber ist Terry Gou überhaupt ein glaubwürdiger Vermittler für Taiwan gegenüber China? Fest steht, dass der Milliardär gute persönliche und wirtschaftliche Beziehungen zur Volksrepublik hat – er handelt auch aus Eigeninteresse. Der 1974 gegründete Technologieriese Foxconn ist der grösste Vertragshersteller von Apple iPhones, verfügt über grosse Fabriken in China, die den Grossteil seiner Produktion ausmachen. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen über eine Million chinesische Arbeiter.

Vielleicht geht auch deshalb Terry Gou davon aus, dass freundschaftliche Beziehungen zu Peking der beste Schutz gegen eine mögliche militärische Invasion sind. Dabei lässt er ausser Acht, dass die ideologische Basis von Xi Jinping die Wiedervereinigung von China mit Taiwan vorsieht – notfalls mit Gewalt. Auch US-Militärs nehmen die Gefahr einer möglichen chinesischen Invasion auf Taiwan äusserst ernst.

«Das zunehmende Krisengefühl oder die Angst in den USA vor einer möglichen chinesischen Militäraktion gegen Taiwan kommt der KMT bei dieser bevorstehenden Wahl zugute», sagte Kharis Templeman, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hoover Institution der Stanford University, dem US-Magazin «Foreign Policy». «Sie besitzen Glaubwürdigkeit als die Partei, die die Beziehungen zu Peking glätten kann.»

epa06111586 US President Donald J. Trump (L) speaks about the opening of a Foxconn manufacturing plant in Wisconsin while Terry Gou (R), the founder and chairman of Foxconn, looks on in the East Room  ...
Terry Gou und sein amerikanisches Pendant.Bild: EPA/EPA

KMT favorisiert anderen Kandidaten

Diese Entwicklung spielt Gou nun in die Karten. «Er ist ein reicher Selfmade-Milliardär, der annimmt, dass er besser als jeder andere weiss, wie er die anstehenden Probleme lösen kann, weil er im Laufe der Jahre viel Geld verdient und Erfolg hatte» meinte Templeman. «Ein Teil seiner Motivation hängt mit seinem Ego zusammen. Weil er in der Geschäftswelt eine sehr prominente Position einnimmt, denkt er, er könne die Regierung in Taiwan besser führen als jeder dieser Kerle auf beiden Seiten des politischen Spektrums.»

Auch aufgrund dieser Selbstüberzeugung sehen ihn Experten als taiwanesische Version von Donald Trump. Doch trotz seines Vermögens von geschätzt sieben Milliarden US-Dollar gehen Experten davon aus, dass es auch diesmal für Terry Gou und seine Kandidatur nicht reichen wird – die KMT wird ihn wahrscheinlich nicht aufstellen.

Präsidentin Tsai Ing-wen kann aufgrund der Amtszeitbeschränkungen nicht erneut kandidieren und die DPP wird mit dem derzeitigen Vizepräsidenten Lai Ching-te, der als noch stärkerer Befürworter der Unabhängigkeit gilt, ins Rennen gehen. Und wie stehen die Chancen für Terry Gou? «Die KMT dagegen wird eher Hou Yu-ih wählen, weil er zumindest eine Chance hat, Lai zu schlagen», sagte Bonnie Glaser, Geschäftsführerin des Indopazifik-Programms beim German Marshall Fund, «Foreign Policy». Gou sei vom politischen Gegner zu leicht zu kritisieren, «wegen Foxconn und seinen Beziehungen zu China».

Gou trat bereits im Jahr 2019 als Vorsitzender von Foxconn zurück. Als er zum ersten Mal für Taiwans höchstes Amt kandidierte, verlor er jedoch die KMT-Vorwahl und trat anschliessend aus der Partei aus. Es ist nicht auszuschliessen, dass sich das wiederholt. Die KMT möchte scheinbar kein Risiko eingehen, um ihre Chancen bei der Parlamentswahl 2024 nicht zu gefährden. Die Partei wird deswegen ihren Kandidaten im Hinterzimmer beschliessen und nicht wählen lassen. Es ist wahrscheinlich, dass Taiwans Trump die nächste Niederlage wegstecken muss.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Donald Trump vor Gericht in New York
1 / 28
Donald Trump vor Gericht in New York
Bereits in der Nacht herrscht in New York Ausnahmezustand. Der Eingang zum Gericht in Manhattan wird von Polizisten bewacht.
quelle: keystone / john minchillo
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das könnte dich auch noch interessieren:
56 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
honesty_is_the_key
18.05.2023 21:50registriert Juli 2017
Ich hoffe sehr, dass dieser China freundliche Mensch nicht gewählt wird. Geld sollte bei einer Wahl nicht ein Kriterium sein.

Taiwan ist ein unabhängiger Staat, und nicht ein Teil von China, und braucht kein A...loch der Bejining unterstützt als Präsidenten.
9117
Melden
Zum Kommentar
avatar
ingmarbergman
18.05.2023 22:01registriert August 2017
Die Taiwanesen werden wohl nicht so blöd sein, jemanden zu wählen, der das Land freiwillig den Chinesen überlassen möchte.
Das wäre wie wenn die Schweizer plötzlich mehr als 50% SVP wählen würden. Das wärs dann gewesen mit Unabhängigkeit.
7722
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pana
18.05.2023 21:59registriert Juni 2015
Foxconn ist dann wohl doch noch eine Nummer grösser als Trump Steaks oder Trump University.
515
Melden
Zum Kommentar
56
Zeigt Mike Johnson jetzt endlich Eier?
Der Speaker des Abgeordnetenhauses riskiert seinen Job, wenn er am Samstag tatsächlich das Hilfspaket für die Ukraine zur Abstimmung bringt.

Der Präsident will es, der Senat will es, und auch eine Mehrheit der Abgeordneten will es, das Hilfspaket für die Ukraine. Bisher jedoch sind die so dringend benötigten Gelder blockiert. Der Grund für diese absurde Situation liegt im amerikanischen Politsystem. Der Führer der Mehrheit in der jeweiligen Kammer kann darüber entscheiden, ob ein Gesetz zur Abstimmung gelangt oder nicht. Das hat weitreichende Konsequenzen.

Zur Story