Nach einem Messerangriff in einer Londoner U-Bahn-Station hat die britische Polizei Ermittlungen wegen einer möglichen «terroristischen» Tat eingeleitet. Ein Unbekannter stach am Samstagabend in der Station Leytonstone auf drei Menschen ein.
Nach Polizeiangaben erlitt ein Mann bei dem Angriff schwere, aber keine lebensbedrohlichen Verletzungen. Die beiden anderen Opfer seien leicht verletzt worden. Während der Attacke setzten einige Passanten ihren Weg fort, andere rannten davon, wie Videoaufnahmen zeigten.
Der mutmassliche Angreifer wurde von Polizisten überwältigt, die nach Polizeiangaben um kurz nach 19 Uhr wegen des Messerangriffs zu der Station gerufen worden waren. Der Verdächtige wurde in Gewahrsam genommen.
Der Sender Sky News berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, der Angreifer habe offenbar gerufen «das hier ist für Syrien». Die Polizei konnte dies nicht bestätigen. Auch auf den Amateuraufnahmen von dem Vorfall sind die Worte nicht zu hören.
Gleichwohl ging die Polizei von einem «terroristischen» Hintergrund aus. «Wir behandeln dies als terroristischen Vorfall», erklärte der Chef der Antiterror-Polizei, Richard Walton. Er rief die Bevölkerung auf, «ruhig zu bleiben, aber wachsam zu sein». Die Polizei erklärte: «Die Bedrohung durch den Terrorismus bleibt weiterhin hoch, was bedeutet, dass ein terroristischer Angriff sehr wahrscheinlich ist.»
Auf den Amateurvideos, die im Internet veröffentlicht wurden, waren Blutspuren in der U-Bahn-Station zu sehen. Ein Polizist rief «Lassen Sie das Messer fallen» und feuerte mit einer Elektroschockpistole auf den Angreifer. Eine andere Aufnahme zeigte, wie der Angreifer von Polizisten auf den Boden gedrückt wurde.
Ein Augenzeuge rief dem Angreifer währenddessen zu: «Du bist kein Muslim, Kumpel» (engl: «You ain't no Muslim, bro»). Viele Twitter-Nutzer machten sich diesen Satz zu eigen, dies sei die Antwort der Londoner auf den Terror, schrieb etwa der «Independent».
This is why Britain is the place to live - beautifully intelligent people with beautifully trained police #YouAintNoMuslimBruv
— نورأ (@iambintmohamed) 6. Dezember 2015
In der Nacht zum Sonntag war der Verkehr auf einem grossen Abschnitt der U-Bahn-Linie Central, an der die Station Leytonstone im Osten der britischen Hauptstadt liegt, unterbrochen. Der U-Bahnhof wurde für die Spurensicherung abgeriegelt.
Der Angriff in der Schalterhalle ereignete sich drei Tage, nachdem das britische Parlament grünes Licht für eine Beteiligung Grossbritanniens an den Luftangriffen gegen die Terrormiliz «Islamischer Staat» («IS») in Syrien gegeben hatte. Die Abgeordneten hatten dem Antrag von Premierminister David Cameron am Mittwochabend zugestimmt, und bereits am Donnerstagmorgen flog die britische Luftwaffe erste Angriffe.
Cameron hatte bereits seit Längerem Luftangriffe in Syrien angestrebt, jedoch keine Mehrheit dafür hinter sich bringen können. Nach den Anschlägen von Paris am 13. November, bei denen islamistische Attentäter 130 Menschen töteten, änderte sich die Stimmung. In Grossbritannien gilt seit August 2014 die zweithöchste von fünf Terrorwarnstufen. Dies bedeutet, dass ein Anschlag als wahrscheinlich gilt.
Vor der Messerattacke hatte der britische Verteidigungsminister Michael Fallon gesagt, die Angriffe gegen den IS würden «die Strassen Grossbritanniens sicherer» machen. Denn die Angriffe würden diejenigen treffen, die Anschläge «auf unser Volk und unsere Verbündeten vorbereiten». Fallon äusserte sich am Samstag vor britischen Soldaten am Luftwaffenstützpunkt Akrotiri in Zypern, von wo aus die britischen Kampfjets Richtung Syrien starten.
(sda/dpa/apa)