Zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl in Thailand ist die für Freitag geplante Abstimmung über den künftigen Regierungschef erneut verschoben worden. Grund: Das Verfassungsgericht will prüfen, ob sich Wahlsieger Pita Limjaroenrat von der progressiven Move Forward Party (MFP) theoretisch ein zweites Mal zur Wahl stellen dürfte. Bei einem ersten Votum Mitte Juli war der 42-jährige Hoffnungsträger der Demokratiebewegung gescheitert. Ein erneutes Antreten zur Wahl des Ministerpräsidenten eine Woche später war ihm von einer Mehrheit der Parlamentarier verwehrt worden.
Das Gericht will bis zum 16. August entscheiden, ob dies rechtmässig war, wie am Donnerstag aus einer Mitteilung hervorging. Erst danach soll es ein neues Votum geben, kündigte Parlamentspräsident Wan Muhamad Noor Matha an.
Allerdings dürfte Pita keine Chancen mehr auf das Amt haben, nachdem sein wichtigster Bündnispartner, die Partei Pheu Thai, sich am Mittwoch von ihm losgesagt hatte. Die Partei will mit Hilfe etablierter Parteien ein neues Bündnis bilden. Dazu gehört auch die Partei Phalang Pracharat, die den scheidenden Ministerpräsidenten Prayut Chan-o-cha und seine Militärjunta unterstützt. Prayut kam durch einen Putsch 2014 an die Macht. Die Entscheidung der Pheu Thai sorgte in Bangkok für wütende Proteste von Pita-Anhängern.
Hauptgrund für das Scheitern Pitas und seiner Partei ist deren Vorhaben, das extrem strenge Gesetz zur Majestätsbeleidigung zu ändern. Bislang galt der kontroverse Artikel 112 als unantastbar. Viele konservative Parlamentarier lehnten eine Regierung, an der die MFP beteiligt ist, wegen der Reformpläne strikt ab. Die Pheu Thai will den Artikel unverändert lassen, falls sie an die Macht kommt.
Die Partei will den Immobilien-Millionär Srettha Thavisin (60) als Spitzenkandidaten für das Amt des Premiers aufstellen. Die Partei gilt als pro-demokratisch und hatte bei der Parlamentswahl am 14. Mai den zweiten Platz belegt. Sie verfügt über 141 Sitze im 500-köpfigen Parlament, Move Forward über 151.
Pita hatte nach der Wahl ein Bündnis aus acht Parteien gebildet. Obwohl er damit über eine stabile Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügt, wurde er trotzdem nicht zum Regierungschef gewählt – denn im Königreich stimmen neben 500 gewählten Abgeordneten auch 250 vom Militär benannte, konservative Senatoren über den Ministerpräsidenten ab. Das hatte die Armee nach ihrem Putsch verfügt.
(yam/sda/dpa)