Für Michela Brambilla, Italiens vermutlich prominenteste Tierschützerin, handelt es sich beim neuen Gesetz um «eine historische, eine epochale Reform». Denn erstmals würden Haustiere nun auch in Italien gesetzlich als «fühlende Lebewesen» behandelt, wie dies eine Verfassungsänderung seit dem Jahr 2022 vorsieht. Die Tiere würden damit juristisch nicht mehr als blosses Eigentum ihres Besitzers angesehen, sondern als eigenständige Rechtssubjekte, die es als solche zu schützen gelte.
Brambilla, einst Mitglied der Berlusconi-Partei Forza Italia und heute Abgeordnete der kleinen Mitte-Partei Noi Moderati, ist Erstunterzeichnerin des neuen Gesetzes, das der Senat am Donnerstag definitiv verabschiedet hat. Sie selber hält einen halben Zoo von Haustieren und kämpft schon während vier Legislaturen für einen besseren Schutz der «quattro zampe», der geliebten Vierbeiner.
Wer ein Haustier grundlos tötet, riskiert mit dem neuen Gesetz in besonders schwerwiegenden Fällen – etwa wenn das Tier dabei grosse Qualen erleidet – eine Gefängnisstrafe von bis zu vier Jahren und Strafgelder von bis zu 60'000 Euro. Bei Tierquälerei geht das Strafmass bis 2 Jahre Freiheitsentzug und Bussen bis 30'000 Euro.
Der gleiche Strafrahmen gilt für die Veranstaltung oder auch nur den Besuch von illegalen Tierkämpfen, eine Spezialität der Mafia. Hohe Geldstrafen riskiert in Italien aber auch, wer ein Haustier aussetzt oder sonst sich selbst überlässt, wer Haustiere nicht artgerecht hält und wer seinen Hund an die Kette legt. In solchen Fällen können die Tiere umgehend beschlagnahmt und an Tierschutzorganisationen übergeben werden.
Brambillas Partei Noi Moderati ist Teil der Rechtskoalition von Regierungschefin Giorgia Meloni, und so zeigten sich insbesondere auch die Parlamentarier der rechtsnationalistischen Meloni-Partei Fratelli d'Italia und der rechtspopulistischen Lega von Vizepremier Matteo Salvini befriedigt vom neuen Gesetz.
Was im Allgemeinen Jubel der Regierungskoalition etwas unterging: Wild- und Nutztiere sind im neuen Gesetz – entgegen der ursprünglichen Absicht der Erstunterzeichnerin – kaum erwähnt. Sowohl die Fratelli d'Italia als auch die Lega stehen der Lobby der Jäger und Nutztierhalter nahe, und tatsächlich arbeitet der Landwirtschaftsminister und Ex-Schwager von Giorgia Meloni, Francesco Lollobrigida, an einer Reform des Jagdgesetzes, das eine weitgehende Liberalisierung vorsieht, auch – und ganz besonders – bezüglich geschützter Wildtierarten wie Bär und Wolf. (aargauerzeitung.ch)