Aktuell werden in der türkischen Metropole Istanbul bis zu 33 Grad Celsius erreicht. Auch nachts sinken die Temperaturen nicht mehr unter 20 Grad.
Gerade im drückenden Grossstadtklima kommt es da gelegen, dass die Einwohner mit dem Bosporus und dem Marmarameer direkten Zugang zum Wasser und auch einigen Badestränden haben. Doch ausgerechnet hier wird zunehmend ein Problem sichtbar, das nicht nur das Baden unangenehm macht, sondern auch ein klares Symptom der Klimakrise darstellt.
Bereits im Jahr 2021 machten Fotos von einem klebrigen Film die Runde, der sich grossflächig über das Marmarameer gelegt hatte. Die Türkei versuchte mit verschiedenen Massnahmen, das Problem zu bekämpfen – doch in diesem Sommer taucht der Schleim ausgerechnet in Istanbul wieder auf.
An der Oberfläche sind schon jetzt an vielen Stellen braune Ablagerungen zu sehen. Dahinter steckt Phytoplankton, das sich immer weiter vermehrt.
«Das Schwarze Meer ist bereits stark verschmutzt, sodass in diesem Jahr mit der Erwärmung des Wassers auch die Schwarzmeerküste mit Schleim in Berührung kommen wird», warnt der Generalsekretär des Istanbuler Umweltrats. Expertinnen und Experten gehen von drei konkreten Gründen aus, die das Wachstum des Phytoplanktons begünstigen.
Einerseits trägt die globale Erderwärmung eben auch im Marmarameer zu einer höheren Wassertemperatur bei. Wie die BBC berichtet, ist das Meer derzeit 2,5 Grad wärmer als in den vergangenen 40 Jahren im Durchschnitt.
Hinzu kommt die aussergewöhnlich schwere Durchmischung des Wassers im Marmarameer: Aus dem Schwarzen Meer wird salzarmes Wasser eingeleitet, während das Wasser aus dem Mittelmeer sehr salzhaltig ist. Aufgrund der unterschiedlichen Dichte können sich Ablagerungen wie der Schleim leicht unter der Wasseroberfläche absetzen.
Der dritte Faktor ist auf die Einwohner von Istanbul zurückzuführen. Ein Grossteil ihrer privaten Abfälle gelangt ungeklärt ins Meer. Bei einer Millionenstadt wie Istanbul wäre das schon für sich gesehen ein Problem – doch auch aus der Industrie landen 70 Prozent der Abfälle im Meer.
«Leider ist es uns nicht gelungen, die Schadstoffbelastung im Marmarameer in drei Jahren zu reduzieren», sagt hierzu Mustafa Sarı, Professor am Institut für Wasserressourcenmanagement der Bandirma Onyedi̇ Eylül Universität. Trotz eines offiziellen Aktionsplans, der unter anderem die stärkere Überwachung von Kläranlagen vorsieht, hat sich demnach bisher nur wenig getan.
So konnten gross angelegte Sedimentreinigungen nur oberflächliche Schleimschichten beseitigen. Unter Wasser benetzte der Schleim weiter viele Tier- und Pflanzenarten. Das wahre Problem ist entsprechend gar nicht direkt sichtbar.
«Es ist wie ein Eisberg», kommentiert ein Istanbuler das Problem. Die Hoffnung, dass man den Schleim noch aufhalten kann, haben viele hier schon aufgegeben. «Ich fürchte, dafür sind wir schon zu spät», sagt der Anwohner.
Durch den Schleim fehlt vielen Lebewesen der Sauerstoff, sie verenden qualvoll. «Wenn die ins Marmarameer eingeleiteten Abfälle nicht beseitigt werden, steht das Meeresleben kurz vor der Ausrottung», erklärt der türkische Unterwasserfotograf Tahsin Ceylan.
Gerade angesichts steigender Wassertemperaturen im Sommer könnte sich das Problem in den kommenden Wochen noch verstärken. Aktivisten appellieren entsprechend an alle Istanbuler, sich für ein besseres Klärsystem einzusetzen und auf den eigenen Konsum zu achten.
Und Flughäfen melden Rekorde an Fluggästen.
Noch zur Türkei: Die üblichen Touristen-Hotspots am Mittelmeer sind von dem Problem im Marmara-Meer nicht betroffen, das sind zwei unterschiedliche Gewässer. Aber auch wer z.B. direkt vor der Stadt Antalya baden geht, sollte mit ungenügend verdünntem Schmutzwasser und evt. Fäkalbakterien rechnen.