Verschiedenen Berichten zufolge soll die russische Luftwaffe Streubomben mit sogenannten Schmetterlingsminen in den umkämpften Städten Sumy und Mariupol abgeworfen haben. Auch in der Oblast Kharkiw soll dies geschehen sein.
Zuerst davor gewarnt hat die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa in einem Facebook-Post. Der ukrainische Generalstab bestätigte diese Informationen, wie «EuroMaidanPress» und «Ukrainska Pravda» berichten.
Dominik Stillhart vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sagte gegenüber der «BBC», dass auch die Fluchtkorridore in Mariupol vermint seien. Carlo Masala, Militärexperte von der Universität der deutschen Bundeswehr in München, warf den russischen Soldaten ebenfalls in einem Podcast vor, diese Schmetterlingsminen in Mariupol und Sumy gezielt in die Fluchtkorridore gelegt zu haben.
"We've been talking to both parties for days on end"
— BBC Radio 4 Today (@BBCr4today) March 7, 2022
Dominik Stillhart, Director of operations for the International Committee of the Red Cross, says it's important to get both parties to agree on precise details for humanitarian corridors out of Ukrianehttps://t.co/UPjJGPa1Yg pic.twitter.com/3iIrpNOwCN
Die PFM-1-Mine, auch Schmetterlingsmine genannt, ist eine etwa fingergrosse Mine, die zur Sowjetzeit entwickelt wurde. Sie gehört zur Gattung der «Antipersonenminen», welche oftmals von Flugzeugen, Raketen oder Artilleriegranaten aus abgeworfen werden.
Der Namen stammt von der Form. Schmetterlingsminen sind so gebaut, dass nach dem Abwerfen der Fall der Mine gebremst wird. So können sie auch über ein grosses Gebiet verteilt werden. Nach dem Abwurf schärfen sich die Minen nach einer vorgegebenen Zeit oder nach dem Aufschlag selbst.
Die PFM-1 ist ein fast exaktes Replikat des amerikanischen Modells BLU-43/B, auch «Dragontooth» (Drachenzahn) gennant.
Schmetterlingsminen sind sehr klein und werden von Kindern oft mit Spielzeug verwechselt. Auch für Erwachsene sind sie auf den ersten Blick nicht als Minen erkennbar. Oftmals töten sie die Opfer auch nicht (sofort), sondern verstümmeln sie, in dem Gliedmassen durch die vergleichsweise kleine Detonation abgerissen werden.
Die Minen, die auch als Lepestok-Minen bekannt sind, sind gemäss der Genfer Konvention verboten. Ihr Einsatz stellt ein Kriegsverbrechen dar. Militärexperte Carlo Masala sagte in seinem Podcast:
Der ehemalige Kriegsreporter Dean Gloster bezeichnete die Minen in einem viel beachteten Tweet als «Zehensprenger». Deren explizites Ziel sei es, Menschen zu verstümmeln, «denn ein verwundeter Kollege verlangsamt die Menschen mehr als ein toter.» Dass Russland den Fluchtkorridor in Mariupol damit verminte, komme einer «vorsätzlichen Verstümmelung von Kindern» gleich.
Gloster selbst sei in den 80er-Jahren in Afghanistan mit einer deaktivierten Schmetterlingsmine beworfen worden.
About the butterfly mines the Russians dropped outside Mariupol to kill and injure fleeing civilians. A thread. 🧵
— Dean Gloster (@deangloster) March 8, 2022
Once in 1986 in Peshawar, near the border of Afghanistan, when I was an alleged freelance journalist, a guy tossed a (deactivated) butterfly mine at my chest. 1/x pic.twitter.com/vAeBSvl8Yz
Zuerst eingesetzt wurde die Schmetterlingsmine von den USA im Vietnamkrieg. Die Sowjetarmee nutzte ihre Version später in Afghanistan, wo sie innerhalb der Zivilbevölkerung zu einer erheblichen Zahl verstümmelter und toter Kinder führte. Auch im Irak und in Somalia sollen sie eingesetzt worden sein.