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Ukraine

Russland soll Zivilisten mit Schmetterlingsminen an Flucht hindern

Die Antipersonenmine PFM-1, auch «Schmetterlingsmine» gennant, ist eine besonders heimtückische Waffe.
Die Antipersonenmine PFM-1, auch «Schmetterlingsmine» gennant, ist eine besonders heimtückische Waffe.bild: getty

Was hinter den Schmetterlingsminen steckt, die Zivilisten an der Flucht hindern sollen

Berichten zufolge soll Russland in den umkämpften Städten Mariupol und Sumy Schmetterlingsminen abwerfen. Das wäre ein Kriegsverbrechen.
10.03.2022, 18:4210.03.2022, 19:13
Dennis Frasch
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Was genau soll passiert sein?

Verschiedenen Berichten zufolge soll die russische Luftwaffe Streubomben mit sogenannten Schmetterlingsminen in den umkämpften Städten Sumy und Mariupol abgeworfen haben. Auch in der Oblast Kharkiw soll dies geschehen sein.

Zuerst davor gewarnt hat die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa in einem Facebook-Post. Der ukrainische Generalstab bestätigte diese Informationen, wie «EuroMaidanPress» und «Ukrainska Pravda» berichten.

Dominik Stillhart vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sagte gegenüber der «BBC», dass auch die Fluchtkorridore in Mariupol vermint seien. Carlo Masala, Militärexperte von der Universität der deutschen Bundeswehr in München, warf den russischen Soldaten ebenfalls in einem Podcast vor, diese Schmetterlingsminen in Mariupol und Sumy gezielt in die Fluchtkorridore gelegt zu haben.

Was ist eine Schmetterlingsmine?

Die PFM-1-Mine, auch Schmetterlingsmine genannt, ist eine etwa fingergrosse Mine, die zur Sowjetzeit entwickelt wurde. Sie gehört zur Gattung der «Antipersonenminen», welche oftmals von Flugzeugen, Raketen oder Artilleriegranaten aus abgeworfen werden.

Der Namen stammt von der Form. Schmetterlingsminen sind so gebaut, dass nach dem Abwerfen der Fall der Mine gebremst wird. So können sie auch über ein grosses Gebiet verteilt werden. Nach dem Abwurf schärfen sich die Minen nach einer vorgegebenen Zeit oder nach dem Aufschlag selbst.

Zweiseitenansicht der sowjetischen Antipersonenmine PFM-1; Beide Modelle zeigen Unterrichtsmunition, gekennzeichnet durch das ausgestanzte kyrillische «U».
Zweiseitenansicht der sowjetischen Antipersonenmine PFM-1; Beide Modelle zeigen Unterrichtsmunition, gekennzeichnet durch das ausgestanzte kyrillische «U».bild: wikimedia

Die PFM-1 ist ein fast exaktes Replikat des amerikanischen Modells BLU-43/B, auch «Dragontooth» (Drachenzahn) gennant.

Was macht sie so gefährlich?

Schmetterlingsminen sind sehr klein und werden von Kindern oft mit Spielzeug verwechselt. Auch für Erwachsene sind sie auf den ersten Blick nicht als Minen erkennbar. Oftmals töten sie die Opfer auch nicht (sofort), sondern verstümmeln sie, in dem Gliedmassen durch die vergleichsweise kleine Detonation abgerissen werden.

Die Minen, die auch als Lepestok-Minen bekannt sind, sind gemäss der Genfer Konvention verboten. Ihr Einsatz stellt ein Kriegsverbrechen dar. Militärexperte Carlo Masala sagte in seinem Podcast:

«Das was wir jetzt sehen, ist Terror gegen die Zivilbevölkerung. Diese Butterfly-Minen haben ja keinen militärischen Nährwert. Sie richten sich gezielt gegen Zivilisten. Da ist nichts Strategisches oder Taktisches dahinter, das ist Terrorisierung.»
Carlo Masala, Militärexperte von der Universität der deutschen Bundeswehr in München

Der ehemalige Kriegsreporter Dean Gloster bezeichnete die Minen in einem viel beachteten Tweet als «Zehensprenger». Deren explizites Ziel sei es, Menschen zu verstümmeln, «denn ein verwundeter Kollege verlangsamt die Menschen mehr als ein toter.» Dass Russland den Fluchtkorridor in Mariupol damit verminte, komme einer «vorsätzlichen Verstümmelung von Kindern» gleich.

Gloster selbst sei in den 80er-Jahren in Afghanistan mit einer deaktivierten Schmetterlingsmine beworfen worden.

Wo wurde die Mine schon eingesetzt?

Zuerst eingesetzt wurde die Schmetterlingsmine von den USA im Vietnamkrieg. Die Sowjetarmee nutzte ihre Version später in Afghanistan, wo sie innerhalb der Zivilbevölkerung zu einer erheblichen Zahl verstümmelter und toter Kinder führte. Auch im Irak und in Somalia sollen sie eingesetzt worden sein.

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142 Kommentare
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Garp
10.03.2022 19:03registriert August 2018
So etwas grausames können nur echte Sadisten befehlen.
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Doppelpass
10.03.2022 19:03registriert Februar 2014
Zu was die Menschen ihre Intelligenz einsetzen?
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JBV
10.03.2022 18:56registriert September 2021
Schrecklich!
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