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Das Ende der Raketen? Ukraine erhält deutsches Flugabwehrsystem Iris-T

Deutschland hat das Flugabwehrsystem Iris-T SLM ausgeliefert – was das der Ukraine bringt

Das Waffensystem Iris-T kann mit Raketen, die vom Lastwagen aus abgefeuert werden, Grossstädte über längere Zeit dauerhaft schützen. Nun soll es der Ukraine helfen, sich gegen russische Attacken zu wehren.
12.10.2022, 14:35
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ILA - Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin IRIS-T SLM Launcher ist ein vom deutschen Unternehmen Diehl Defence entwickeltes Luftverteidigungssystem. Laut Beschreibung des Hersteller ...
Iris-T SLMBild: www.imago-images.de

Kurz nach den neuen Raketenangriffen Russlands auf Dutzende ukrainische Städte hat Deutschland das Flugabwehrsystem Iris-T SLM an das Land übergeben. Dies gab der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow auf Twitter bekannt. «Eine neue Ära der Luftverteidigung» habe nun begonnen. Ausdrücklich bedankte er sich bei Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) für ihre starke Unterstützung der Ukraine, die sich seit Februar gegen eine russische Invasion wehrt.

Deutschland will Kiew zunächst vier der jeweils 140 Millionen Euro teuren Systeme des bodengestützten Typs von Iris-T zur Verfügung stellen, die Finanzierung von drei weiteren ist gesichert. Das System besteht aus mehreren Komponenten: Radaranlage, Gefechtsstand und drei auf Lastwagen montierten Raketenwerfer.

Dauerhaften Schutz gewährleisten

Eines dieser Systeme kann eine mittlere Grossstadt wie Nürnberg oder Hannover schützen. Iris-T SLM kann auf Ziele bis 20 Kilometer Flughöhe und 40 Kilometer Reichweite feuern. Es wird also eine Art Schutzschirm über einer Fläche gespannt. «Besonders die bodengebundene Luftverteidigung ist in der Lage, Räume über längere Zeit dauerhaft zu schützen», schreibt der Hersteller Diehl Defence. Für die Süddeutsche Zeitung steht auf jeden Fall fest: «Deutschland liefert das Modernste, was die Rüstungsindustrie zu bieten hat».

Raketen des Typs IRIS-T.
Bild: HO © Diehl Defence

Ukrainische Soldaten wurden in Deutschland schon an dem Waffensystem ausgebildet. Die Industrie übernahm die technische Betreuung, Spezialisten der Luftwaffe kümmerten sich um das taktische Training. Und so funktioniert es: Das Luftabwehrsystem feuert eine Rakete ab – zur Abwehr von Helikoptern, Flugzeugen sowie Marschflugkörpern und Raketen. Das Radar ermittelt die Richtung des Angriffs; am Schluss des Anflugs übernimmt der auf Infrarot, also Wärmestrahlung, reagierende Suchkopf der Rakete.

Das Luftabwehrsystem ist mobil und kann seinen Standort schnell wechseln, wenn es vom Gegner ausgekundschaftet wurde. Die Anlage ist dann in kurzer Zeit wieder feuerbereit. Einen 100-prozentigen Schutz gibt es dennoch nicht. So können Täuschkörper – wie beispielsweise Drohnen, die Russland zuletzt auch aus dem Iran bezog – eine einzelne Rakete ablenken oder eine Überzahl angreifender Objekte die Sensoren oder das ganze System zahlenmässig überfordern.

Russische «Vergeltung» – mehrere Raketeneinschläge treffen Stadtzentrum von Kiew

Video: watson/lucas zollinger

Die Ukraine soll aus Deutschland drei weitere Systeme erhalten, wobei der genaue Zeitpunkt auch davon abhängt, dass Ägypten einer späteren Auslieferung einer schon erfolgten Bestellung zustimmt. In der Bundeswehr selbst soll das bodengebundene System erst von 2025 an eingeführt werden.

Energieinfrastruktur unter Beschuss

Der russische Beschuss hatte offensichtlich besonders auf Energieinfrastruktur abgezielt, es waren etwa in Lwiw im Westen mehrere Umspannwerke komplett zerstört worden. Viele Bewohner waren von der Stromversorgung abgeschnitten.

epa10234441 A still image taken from a handout video made available by the Russian Defence Ministry press service on 10 October 2022, of a Russian warship firing missiles at an undisclosed location in ...
Russland feuert vom Schwarzen Meer aus.Bild: keystone

Verteidigungsminister Resnikow teilte mit, auch Raketenwerfersysteme des Typs Nasams aus den USA seien unterwegs. Er schrieb:

«Das ist erst der Anfang. Und wir brauchen mehr. Zweifellos ist Russland ein Terror-Staat»

Es gebe einen «moralischen Imperativ», den Himmel über der Ukraine zu schützen, um unsere Bevölkerung zu schützen.

Resnikow hatte zuvor schon bei Twitter den USA für vier zusätzliche Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars gedankt, die in der Ukraine angekommen seien. Die Ankunft der Rüstungsgüter bedeute «eine gute Zeit für die Ukrainer und eine schlechte Zeit für die Besatzer».

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte die Auslieferung von Iris-T bei «RTL Direkt» eine gute Nachricht, «weil es natürlich auch dazu dient, Städte zu schützen vor Raketenangriffen, die ja völlig willkürlich kommen und eben (...) Menschen bei Tage erwischen, Spielplätze zertrümmern und eben viel Leid verursachen!» (chmedia/hck/dpa)

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142 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Filzstift
12.10.2022 11:51registriert August 2016
Schon irgendwie unfassbar, dass man in Europa 2022 solche Dinger braucht.
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tss
12.10.2022 11:56registriert Juni 2020
Eines dürfte klar sein, so viel Geld und Waffen wie in die UA geliefert wird, wird es ein Nato und EU Land werden.

RU entmilitarisiert sich zurzeit selber, alles was die haben wird gebraucht. Indien und China kommen günstig zu Gas und Öl, der Westen wird sich wandeln auf erneuerbare Energie. Sollte es noch Intelligente Politiker geben wird auf Unabhängigkeit gearbeitet, Energie und Wertschöpfung verbleibt in der EU und wird nicht ausgelagert.
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loudmouth
12.10.2022 12:14registriert Juli 2016
Ja das System ist, wie jedes System, nicht 100% sicher.
Allerdings stimmen die Aussagen betreffend Täuschkörper nicht.
" Eine intelligente Bildverarbeitung erkennt IR-Täuschkörper im Bild und ignoriert diese."
Und weiter "Die IRIS-T wurde explizit zur Neutralisierung von IR-Störern (Blendlasern, IR-Blinklichter) entwickelt.[23] Wird der Sucher durch einen Laser geblendet, wird das Bild nur überblendet, wenn der Zeilenscanner direkt auf die Energiequelle sieht.[24] Wenn nötig, wechselt die IRIS-T dann in einen Home-on-Jam-Modus, und fliegt die Energiequelle an."
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