International
Syrien

Israel soll syrische Truppen in Suwaida für 48 Stunden dulden

Islamisten rasieren syrischen Drusen den Schnauz – neue Kämpfe im Umland von Suwaida

18.07.2025, 12:2618.07.2025, 17:28
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In der syrischen Provinz Suwaida kommt es nach Angaben der im Ausland ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Augenzeugen erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen.

Mitglieder von Beduinenstämmen und drusische Milizen stiessen demnach in der Nähe der Ortschaft Walra im nordwestlichen Umland der Provinzhauptstadt, die ebenfalls Suwaida heisst, zusammen. Zuvor sollen beduinische Verbände Häuser von Drusen in Walra und der benachbarten Ortschaft Al-Masraa in Brand gesteckt haben.

Weitere Stammesverbände positionierten sich den Beobachtern zufolge im weiteren Umland nordwestlich von Suwaida. Zudem sollen sich Hunderte Kämpfer arabischer Stämme aus der Region der Stadt Homs und aus Deir ez-Zor auf den Weg Richtung Suwaida gemacht haben. Auch das UN-Menschenrechtsbüro in Genf berichtete von neuen Zusammenstössen in der Provinz.

Islamisten demütigen drusische Zivilisten

Islamistische Kämpfer rasierten mehreren drusischen Zivilisten in der Provinz Suwaida den Schnauz. Dieser hat grosse kulturelle Bedeutung für die Drusen. Videos der Aktionen machen auf Social Media die Runde.

Israel soll Regierungstruppen vorerst tolerieren

Israel ist laut Medienberichten bereit, die Präsenz von Sicherheitskräften der syrischen Regierung in der syrischen Provinz Suwaida für einen Zeitraum von 48 Stunden zu dulden.

Nach tagelangen Kämpfen mit Hunderten Toten habe man zugestimmt, dass Truppen des Innenministeriums in diesem Zeitraum in Suwaida operieren, sagte ein namentlich nicht genannter israelischer Offizieller mehreren israelischen Medien.

Zuvor hatten Sicherheitskräfte der syrischen Übergangsregierung Stellung an den Rändern der gleichnamigen Provinzhauptstadt bezogen, um erneut nach Suwaida einzurücken. Nach Angaben aus der syrischen Hauptstadt Damaskus sollen die Regierungstruppen lokale Konfliktparteien auseinanderhalten.

UN melden weitere Zusammenstösse

Einige Gruppen versuchten gezielt, mit Falschinformationen zu weiterer Gewalt anzustiften, sagte eine Sprecherin des Un-Menschenrechtsbüros in Genf.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind die Spitäler in der Provinz durch sehr viele Verletzte überfordert. Das UNHCR kann Vertriebene mit Hilfsmaterial wie Decken und Solarlampen wegen der Sicherheitslage nicht erreichen. Ein Lagerhaus des syrischen Roten Halbmonds mit Hilfsmaterial sei durch Beschuss beschädigt worden, hiess es.

Das UN-Menschenrechtsbüro spricht von glaubhaften Berichten über Menschenrechtsverletzungen. «Dazu gehören Hinrichtungen im Schnellverfahren und willkürliche Tötungen, Entführungen, Zerstörung von Privateigentum und Plünderungen von Häusern» teilte das Büro mit. In den Berichten würden als Täter «Mitglieder der Sicherheitskräfte und Personen, die mit den Übergangsbehörden in Verbindung stehen, sowie andere bewaffnete Elemente aus dem Gebiet, einschliesslich Drusen und Beduinen», genannt.

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Ein Beduinen-Kämpfer in der Provinz Suwaida.Bild: keystone

Angeblich 83 drusische Zivilisten hingerichtet

Den Truppen der Regierung werden schwere Verbrechen in Suwaida vorgeworfen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Grossbritannien, die sich auf ein Netz von Informanten vor Ort stützt, sprach von 83 hingerichteten drusischen Zivilisten in den vergangenen Tagen. Präsident Ahmed al-Scharaa machte «gesetzlose Banden» für diese Übergriffe verantwortlich.

Israel will nun humanitäre Hilfe an die Drusen schicken. Die Sendung im Wert von etwa 465'000 Franken umfasse unter anderem Nahrungsmittel, medizinische Ausrüstungen, Erste-Hilfe-Koffer und Medikamente, teilte das israelische Aussenministerium auf X mit.

Das israelische Aussenministerium führte nicht weiter aus, wie die Hilfsgüter zu ihren Adressaten gebracht werden sollen. Die Hilfe werde gezielt jenen drusischen Gebieten in der Provinz Suwaida zukommen, die von den jüngsten blutigen Angriffen gegen Drusen betroffen waren, hiess es in der Ministeriumsmitteilung.

Syrian Druze, Fares Abu Zaid, 80, center, says goodbye to Druze relatives from Israel before crossing back into Syria at the Israeli-Syrian border, in the Israeli-controlled Golan Heights town of Majd ...
Ein syrischer Druse verabschiedet sich von einer israelischen Verwandten.Bild: keystone

Flucht beduinischer Einwohner

Unter Vermittlung der USA, der Türkei und arabischer Staaten kam es zu einer Waffenruhe, die Regierungstruppen zogen sich am Donnerstag aus der Stadt zurück. Drusische Milizen übernahmen die Kontrolle, was zur Flucht beduinischer Einwohner führte.

Der geistliche Führer der Drusen in Syrien, Hikmat al-Hidschri, lehnt es ab, dass Regierungstruppen erneut die Stadt betreten. Auch Vertreter arabischer Stammesmilizen, die zur Unterstützung der Beduinen nach eigenen Angaben Zehntausende Kämpfer aus ganz Syrien in Bewegung gesetzt hatten, warnten die Regierung vor einem Eingreifen.

KEYPIX - epa12243463 Displaced Arab Bedouin children play as they rest in the open with their belongings near the town of Busra al-Harir, in the countryside of the Daraa Governorate, after fleeing As  ...
Geflüchtete beduinische Kinder.Bild: keystone

Netanjahu hat Schutz «drusischer Brüder» als rote Linie ausgegeben

In Israel nehmen die Drusen eine Sonderstellung ein, weil sie anders als muslimische und christliche Araber Militärdienst leisten und eine wichtige Rolle in der Armee spielen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den Schutz der «drusischen Brüder» als rote Linie ausgegeben. Syriens Übergangspräsident al-Scharaa hingegen hatte Israel vorgeworfen, sein Land in einen Krieg hineinziehen zu wollen.

(rbu) mit Material von sda und dpa

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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Aschenmadlen
18.07.2025 20:00registriert Juli 2017
Die mutigen heldenhaften Islamisten haben es wieder auf junge Frauen und alte Männer abgesehen. So kommt Mann bestimmt ins Paradies.
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Steibocktschingg
18.07.2025 19:50registriert Januar 2018
Überraschung, religiöse Fanatiker entpuppen sich als religiöse Fanatiker...
Es ist zu hoffen, dass Israel denen Einhalt gebietet.
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IZO
18.07.2025 18:59registriert März 2019
Es ekelt mich so dermassen an. Ich kann es nicht in worte fassen.
Ich überlege mir ernsthaft in zukunft nicht nur für das ukrainische militär zu spenden sondern auch ans idf.


Wo ist eigentlich die uno um das aufs schärfste zu verurteilen( um dann doch nichts zu machen...)?
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