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Ukraine

Strack-Zimmermann zu Ukraine-Krieg: Scholz auf hochgefährlichem Irrweg

Deutscher Bundeskanzler Olaf Scholz und der ukrainische Pr‰sident Wolodymyr Selenskyj treffen sich zu einem Vier-Augen-Gespr‰ch am Flughafen Frankfurt German Chancellor Olaf Scholz and Ukrainian Presi ...
Wolodymyr Selenskyj und Olaf Scholz. Der deutsche Bundeskanzler will nicht begründen, warum er bei der militärischen Ukraine-Unterstützung zaudert.Bild: www.imago-images.de

«Der Bundeskanzler ist auf einem sicherheitspolitisch hochgefährlichen Irrweg»

Der ukrainische Präsident überrascht in New York mit einer optimistischen Prognose. Derweil wagt Olaf Scholz einen Alleingang und wird dafür von der Sicherheitspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann massiv kritisiert.
24.09.2024, 09:0624.09.2024, 09:06
Christoph Cöln / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj befindet sich derzeit in New York, wo die Vereinten Nationen ihre 79. Vollversammlung abhalten. Dort rührt Selenskyj kräftig die Trommel für weitere militärische Unterstützung für sein vom Krieg geschundenes Land.

Er lotet aber auch die Möglichkeiten für eine Verhandlungslösung aus. Darauf lassen zumindest Aussagen schliessen, die der ukrainische Präsident nach vertraulichen Gesprächen mit mehreren politischen Delegationen geführt hat.

So überraschte der 46-Jährige mit der Ankündigung, dass der Krieg in seinem Land schon im kommenden Jahr beendet sein kann. «Entschlossenes Handeln jetzt kann ein faires Ende der russischen Aggression gegen die Ukraine im nächsten Jahr beschleunigen», schrieb Selenskyj auf der Plattform X nach einem Treffen mit einer überparteilichen Delegation des US-Kongresses.

«Unser Siegesplan wird dazu beitragen, Russland praktisch zum Frieden zu zwingen.»
Wolodymyr Selenskyj

Zuvor hatte er im amerikanischen TV-Sender ABC gesagt: «Ich denke, wir sind dem Frieden näher, als wir denken». Das Kriegsende rücke näher, so Selenskyj.

Was umfasst der «Siegesplan»?

Selenskyj hat schon seit einiger Zeit immer wieder von einem «Siegesplan» gesprochen, den er zunächst den Verbündeten präsentieren möchte. Rund um den UN-Gipfel in New York sieht er dazu offenbar die Gelegenheit gekommen. In Gesprächen und möglicherweise auch öffentlichen Reden wird er den Plan vorstellen, um sich zusätzliche politische und militärische Unterstützung zu sichern.

Auch pocht Selenskyj auf seiner Forderung nach westlichen Sicherheitsgarantien ähnlich denen einer NATO-Mitgliedschaft. Zudem sollen nicht näher genannte Waffen und weitere Finanzhilfen für sein von Russland völkerrechtswidrig angegriffenes Land bereitgestellt werden.

Am Dienstag wird Selenskyj an der Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine-Frage teilnehmen und am Mittwoch voraussichtlich in der UN-Generalversammlung sprechen. US-Präsident Joe Biden wird ihn zudem im Weissen Haus empfangen.

Angesichts des nahenden Winters in der Ukraine und den schweren russischen Angriffen auf die Energieinfrastruktur erhofft Selenskyj sich von der Initiative wohl auch mehr Beistand vom Westen. Zuletzt hatten die Bemühungen durch die Verbündeten insbesondere in Sachen Waffenhilfe spürbar nachgelassen.

«Putin wird niemals die Zukunft der Welt stehlen»
Selensky

Was ist mit Olaf Scholz?

Am Rande des UN-Gipfels traf sich Selenskyj auch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), es ging dort auch um die Erlaubnis für die ukrainische Armee, reichweitenstarke Waffen in ihrem Überlebenskampf mit dem Aggressor Russland verwenden zu dürfen. Scholz erteilte dem Ansinnen erneut eine Absage.

Scholz sagte in einem Statement gegenüber Reportern vor dem Treffen, dass er in der Frage des Einsatzes von Waffen auf russischem Territorium durch die Ukraine «einige Entscheidungen getroffen habe, die für mich klar sind». Dazu gehöre es auch, dass Deutschland keine Aufhebung von Reichweitenbeschränkungen vornehmen werde.

Tweet von Marie-Agnes Strack-Zimmermann
screenshot: x.com

Erstaunlich war, dass Scholz dies nun das erste Mal mit seinen Überzeugungen begründete. Der Kanzler verknüpfte die Frage des ukrainischen Abwehrkampfes gegen die russische Invasion demnach mit seiner «persönlichen Haltung». Auf die Nachfrage nach den genauen Gründen für seine Position sagte er lediglich: «Wir werden dies nicht machen».

Bislang hatte Scholz die Frage der militärischen Unterstützung immer mit technologischen Erwägungen begründet. So etwa in der Taurus-Debatte.

Massive Kritik

Kritik an der Entscheidung von Scholz kam aus den eigenen Reihen seiner Ampel-Regierung. So warf die FDP-Aussenexpertin Agnes Strack-Zimmermann dem Kanzler «unwürdiges» Agieren vor. Er füge der Ukraine und der europäischen Freiheit mit seiner «persönlichen Haltung» schweren Schaden zu, schrieb die FDP-Politikerin bei X.

Und weiter:

«Scholz führt diesen Friedenswahlkampf seid der EU-Wahl und führt es jetzt fort. Dafür wirft er auch sein grosses Mantra ‹Nur gemeinsam mit unseren Verbündeten› leichtfertig über Bord. Das ist nicht rational und ist unwürdig.

Es ist keine Zeit für Samthandschuhe. Der Bundeskanzler ist auf einem sicherheitspolitisch hochgefährlichen Irrweg und macht das aus rein innenpolitischem Kalkül. Das ist unverantwortlich und wird uns noch arg auf die Füsse fallen.»
Agnes Strack-Zimmermanns Replik auf den Vorwurf, sie verunglimpfe die Haltung von Scholz als nicht rational, unwürdig und Friedenswahlkampf.quelle: x.com
Mit seinem kategorischen Alleingangs-Nein nimmt sich Scholz jede Möglichkeit, Änderung der Reichweitenbeschränkung als Drohung einzusetzen, um russisches Verhalten zu konditionieren. Und er beerdigt sein ‹Immer im Geleitzug mit USA & Verbündeten›-Mantra.
Thorsten Benner, Global Public Policy Institute (GPPi), Berlinquelle: x.com

Moskau will weiterhin nicht an Friedenskonferenz teilnehmen

Selenskyj sagte nach dem Treffen mit der Delegation des US-Kongresses: «Jetzt, am Ende des Jahres, haben wir eine echte Chance, die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und den Vereinigten Staaten zu stärken.» Er sei dem US-Kongress, beiden Parteien und Kammern, für ihr unerschütterliches Engagement dankbar.

Selenskyj sagte bei seiner Rede auf dem Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen im UN-Hauptquartier in New York am Montag (Ortszeit), derzeit werde der zweite Friedensgipfel vorbereitet. Er lade alle Staats- und Regierungschefs und Nationen ein, die gemeinsamen Bemühungen um eine gerechte und friedliche Zukunft weiterhin zu unterstützen. «Putin hat schon viel gestohlen, aber er wird niemals die Zukunft der Welt stehlen. Dessen bin ich mir sicher», betonte Selenskyj.

Moskau lehnt eine Teilnahme an dem Friedensgipfel weiter ab. Im Juni hatten Dutzende Staaten ohne Russland und China an einem ersten Treffen in der Schweiz teilgenommen. Selenskyj plant ein zweites Treffen im November.

Mit der Situation in der Ukraine befasst sich am Dienstag in New York auch der UN-Sicherheitsrat. Deutschland wird dort durch die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vertreten sein. Ihre Rede in der UN-Vollversammlung wird Baerbock dann voraussichtlich am Donnerstag halten.

Verwendete Quellen:

  • Mit Material der Nachrichtenagenturen DPA und AFP

(-tonline/dsc)

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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chibs
24.09.2024 09:56registriert April 2021
Gerade eben hat sich ein deutscher Kollege darüber lustig gemacht, dass die USA bei ca. 350 Mio. Einwohnern keine "besseren" Kandidaten als Trump, Harris (und davor Biden) aufstellen kann.

Nun... Deutschland hat ja immerhin auch beinahe 85 Mio. Einwohner. Bis jetzt stehen Scholz und Merz als Kanzlerkandidaten für 2025 fest 🤦‍♂️
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El_Chorche
24.09.2024 09:42registriert März 2021
Scholzes "Haltung" könnte man am besten mit "gebückt" beschreiben.
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Der Lette
24.09.2024 10:26registriert Juni 2024
Leider hat sie recht. RuZZland ist mit dem Westen im Krieg und der Westen will es nicht wahr haben.
Putin hat in seinem Schurkenstaat auf Kriegswirtschaft umgestellt und betreibt auch im Westen seine Propaganda und sponsert die ihm freundlich gesinnten Parteien. Und der Olaf schläft…
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