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Rätsel um Ukraine-Getreidefrachter «Razoni»

Rätsel um Ukraine-Getreidefrachter «Razoni» – warum kam er nie im Libanon an?

09.08.2022, 08:4109.08.2022, 08:41
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epa10104032 An aerial picture taken by drone shows Sierra Leone-flagged cargo ship Razoni that left the port of Odesa with the first grain shipment for export, sails through the Bosphorus after an ins ...
Der Frachter Razoni ist in Mersin geankert. Aber wieso?Bild: keystone

Das mit ukrainischem Getreide beladene Frachtschiff «Razoni» hat unerwartet vor dem türkischen Hafen in Mersin geankert. Das zeigten die Schiffsortungsdienste vesselfinder.com und marinetraffic.com am Dienstag. Eigentlich sollten die 26 000 Tonnen Mais in den libanesischen Hafen Tripoli und von dort nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur weiter ins benachbarte Syrien transportiert werden. Etwa einen Tag vor Ankunft änderte das Schiff dann seinen Kurs.

Die «Razoni» hatte den ukrainischen Schwarzmeer-Hafen Odessa vor einer Woche verlassen - als erstes Schiff nach Ende einer Getreide-Blockade Russlands. Nach einer Inspektion in Istanbul steuerte sie zuerst den Libanon an, erklärte als neues Ziel dann aber unerwartet «Order», also einen unbestimmten Ort, von dem aus ein Händler die geladene Ware dann bestellt.

Seit Samstag lag die «Razoni» nahe der türkischen Küste bei Iskenderun vor Anker - und machte sich laut Marinetraffic dann in der Nacht zum Dienstag auf in Richtung des Hafens von Mersin. Der Hafenbetreiber war vorerst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Die ukrainische Botschaft im Libanon teilte am Montagabend unter Berufung auf die Spediteure mit, der Käufer sei abgesprungen - unter Verweis auf eine fünf Monate lange Wartezeit. Man sei auf der Suche nach einem neuen Empfänger im Libanon oder anderswo. Dass die «Razoni» ihren Zielort kurz vor Ankunft geändert habe, sei aber «etwas seltsam», sagte ein Sprecher von Marinetraffic.

Libanesische Regierungsvertreter hatten der dpa zuvor gesagt, Händler hätten wohl einen Teil der erwarteten Mais-Ladung vom Libanon ins benachbarte Syrien bringen wollen. Der Export von Lebensmitteln nach Syrien ist legal, wird aber erschwert durch Finanzsanktionen des Westens gegen die syrische Regierung. Die Hisbollah etwa schmuggelt in grossem Stil unter anderem Lebensmittel und Medizin nach Syrien und kontrolliert auch die meisten illegalen Grenzübergänge.

Beobachter im Libanon machte die grosse Ladung Mais ebenfalls stutzig, die angeblich gemahlen und an Tiere verfüttert werden sollte. Der Libanon brauche in seiner schweren Wirtschafts- und Lebensmittelkrise Weizen, keinen Mais, sagte Hani Buschali, Präsident des libanesischen Konsortiums für Lebensmittelimporte. Möglich schien auch, dass der angedachte Transport nach Syrien platzte - wegen der grossen medialen Aufmerksamkeit für die «Razoni». (aeg/sda/dpa)

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19 Kommentare
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Gluehwuermchen
09.08.2022 09:35registriert Dezember 2021
Wenn ich den Artikel so lese, überkommt mich das Gefühl, dass hier gewaltig was stinkt.
Ist doch das Allerletzte, mit Lebensmittel für bedürftige Länder/Regionen taktisch „Krieg zu spielen“ 😡
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stormcloud
09.08.2022 09:38registriert Juni 2021
Unterm Mais, da liegt der Sch....
Wer weiß schon, was da läuft und was alles unterwegs ist?
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Popo Catepetl
09.08.2022 11:32registriert September 2014
Wenn die Hisbollah offenbar den Handel zwischen dem Libanon und Syrien dominiert, liegt es auf der Hand, dass sie vermutlich die Käufer der Ladung waren (bzw. ein Strohmann). Wegen der öffentlichen Aufmerksamkeit war's dann wohl doch ein zu heisses Spiel, da Schmuggelrouten, Transaktionskonten etc. auffliegen oder Behörden zum Einschreiten gezwungen würden.
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