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Ukraine

Ukrainische Frauen sprechen über Folter in russischer Gefangenschaft

Demonstrierende in Saporischschja forderten immer wieder die Freilassung ukrainischer Kriegsgefangener. (Symbolbild)
Demonstrierende in Saporischschja forderten immer wieder die Freilassung ukrainischer Kriegsgefangener. (Symbolbild)bild: imago images / ukrinform

Ukrainische Frauen sprechen über extreme Folter in russischer Gefangenschaft

08.06.2024, 21:1610.06.2024, 08:54
Anna Von Stefenelli / watson.de
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Triggerwarnung: Im folgenden Text werden sexualisierte Gewalthandlungen und deren Folgen für Betroffene geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.

Zahlreiche ukrainische Menschen wurden im Zuge des russischen Angriffskrieges in Gefangenschaft genommen. Dabei erlebten sie teilweise Grausames. Im neuen Dokumentarfilm «Captivity» beleuchtet Ekaterina Fomina für den russischen Sender Dozhd (zu Deutsch: «Regen») nun das Schicksal ukrainischer Frauen, die in den von Russland besetzten Gebieten inhaftiert waren.

Drei Frauen schildern darin ihre erschütternden Erlebnisse und die Grausamkeiten, denen sie ausgesetzt waren. Einige mussten demnach Schützengräben für die russische Armee ausheben. Sie erlebten ausserdem Folter, Vergewaltigungen und Demütigungen.

Ukrainische Frauen sprechen über Folter in russischer Gefangenschaft

Elena Yakupova stammt aus der ukrainischen Stadt Kamjanka-Dniprowska in der Region Saporischschja. Sie wurde am 6. Oktober 2022 festgenommen und in russischer Gefangenschaft sechs Monate lang gefoltert.

Ukraine: Ukrainian defenders serve in Zaporizhzhia sector ZAPORIZHZHIA REGION, UKRAINE - MAY 20, 2024 - A five-story building damaged by Russian shelling, Orikhiv, Zaporizhzhia region, Ukraine. Zapori ...
Saporischschja stand seit Beginn des Ukraine-Krieges immer wieder im Zentrum von Kämpfen.Bild: IMAGO / ITAR-TASS/ Sipa USA

Demnach sei sie zuerst zur Polizeiwache gebracht und dort mehrere Tage gefoltert worden. «Meine Beine wurden festgeklebt, meine Hände an die Stuhlbeine gebunden», erzählt sie. Zunächst sei sie mit einer Zwei-Liter-Plastikflasche auf den Kopf geschlagen worden, «dann stülpten sie mir eine Plastiktüte über den Kopf», sagt die Frau einem Bericht der unabhängigen russischen Zeitung «Meduza» zufolge im Film.

Die Gewalt nahm dann noch extremere Formen an:

«Von Anfang an zwangen sie mich, die russische Hymne zu lernen, begleitet von Schlägen. Sie brachen Rippen und verletzten Nieren. Der Polizeichef sagte mir, ich solle mich ausziehen und auf einen Schlagstock setzen, wenn ich leben wolle.»

Yakupova wurde mehrfach vergewaltigt, wie sie weiter berichtet.

Russland: Frau berichtet von Hunger und entsetzlicher Hygiene

Auch Lyudmila Guseinova aus Nowoasowsk in der Region Donezk kommt im Film zu Wort. Sie war bereits vor dem aktuellen Angriffskrieg festgenommen worden: am 6. Oktober 2019. Sie verbrachte insgesamt über drei Jahre in russischer Gefangenschaft, in denen sie unvorstellbare Qualen erlitt. «Ich konnte nichts essen. Es gab nichts zu essen. Aus irgendeinem Grund dachten sie, ich sei im ‹Hungerstreik›», erinnert sich Guseinova.

Jetzt schildert sie auch die Eindrücke von der Gewalt, der sie ausgesetzt war: «Er schlug mir auf den Rücken und sagte: ‹Bist du hier im Hungerstreik?› Eine Woche lang brachten sie mir ungekochte Pfefferkörner. Es war wie Stein. Es war mit etwas Abfall und Erde vermischt». Eines Tages habe sie Mäusekot bemerkt.

Der Zustand in den Zellen sei «erbärmlich» gewesen, beschreibt sie die Situation während ihrer Gefangenschaft. «Nach der ersten Nacht wachte ich völlig geschwollen und rot auf. Es waren Bettwanzen», sagt sie. Den Geruch im Gefängnis schildert sie als eine Mischung aus Abfall, schmutzigen Körpern, dreckiger Kleidung und Zigaretten. «Überall war Blut, weil sich Gefangene oft selbst verletzten» ergänzt sie.

Wie viele Menschen sich derzeit noch in russischer Gefangenschaft befinden, ist unklar. Kürzlich sprach der Präsident von Russland, Wladimir Putin, von 6365 Gefangene des Nachbarlandes in russischen Gefängnissen. Unabhängig lässt sich die Angabe nicht überprüfen.

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Ukrainischer Kriegsgefangener Roman Gorilyk
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Ukrainischer Kriegsgefangener Roman Gorilyk
Roman Gorilyk, ukrainischer Kriegsgefangener
quelle: x/@inukrofficial
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104 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mondblüemli
08.06.2024 21:37registriert Oktober 2021
Und es gibt Menschen hier, die diese Barbarei rechtfertigen, unterstützen und die Berechtigung dieser Menschen auf Asyl in Frage stellen.
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FrancoL
08.06.2024 21:24registriert November 2015
Auch bei diesem Artikel kocht die Wut hoch, Wut ist ein grausames Gefühl. Die Wut äussert sich aber immer breiter. Nicht nur auf den elenden Schlächter aus Moskau, sondern immer eher auch auf seine Umgebung und nicht zuletzt auch auf einen Teil der Russen selbst. Der Krieg geht zu lange und ist zu grausam um die Schuld nur dem Putin anzuhängen. Ein Teil der Russen ist da mitschuldig und hat blutige Hände. Man muss endlich die Verantwortung nicht nur im Kreml suchen.
Zudem alle Putin Fans und Verstehen muss man mehr ächten, denn auch ihnen klebt Blut an den Händen.
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Firefly
08.06.2024 21:41registriert April 2016
Unter Putin wurden viele Menschen zu Tieren. Er und seine Mafiabande fördern das schlimmste im Menschen zu Tage. Sie begehen die schlimmsten Verbrechen am Menschen, die man sich nur ausmalen kann.
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