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Ukraine-Krieg: Russische Redakteurin protestiert live in Nachrichten

Video: watson

«Ihr werdet belogen» – russische Redakteurin protestiert live in Nachrichten

Protest in den Hauptnachrichten auf Russlands wichtigstem Sender: Eine Redakteurin lief mit einem Plakat gegen den Ukraine-Krieg in die laufende Sendung der Abendnachrichten – die Regie reagierte.
15.03.2022, 05:2815.03.2022, 08:27
Lars Wienand / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Nach einem Zwischenfall während der Abendnachrichten Wremya («Zeit») ist eine Redakteurin von Russlands wichtigstem Sender Channel One offenbar festgenommen worden. Das berichten russische Zeitungen. Während einer Moderation war die Redakteurin Marina Owsjannikow ins Studio hinter die Moderatorin getreten und hatte ein Plakat gegen den Krieg in der Ukraine in die Kamera gehalten.

Protest in den Hauptnachrichten auf Russlands wichtigstem Sender: Eine Redakteurin lief mit einem Plakat gegen den Krieg in die laufende Sendung.
Protest in den Hauptnachrichten auf Russlands wichtigstem Sender: Eine Redakteurin lief mit einem Plakat gegen den Krieg in die laufende Sendung.

Darauf war auch «Nein zum Krieg» und «Ihr werdet belogen» zu lesen. Dazu rief sie mehrmals laut: «Nein zum Krieg, Nein zum Krieg, Nein zum Krieg!»

Nachrichtensprecherin Jekaterina Andrejewa vor ihr setzte ihren Text fort, die Regie schaltete um zu Bildern aus einem Beitrag. Die Sendung ist in der Mediathek von Channel One nicht zu finden. Der staatliche Sender liegt voll auf Regierungslinie und ist das wichtigste Programm in Russland.

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Videoausschnitt geht viral

Der Videoausschnitt verbreitete sich umgehend in sozialen Netzwerken. Vor allem russische Oppositionelle lobten die Frau für ihren Mut. «Was Mut wirklich bedeutet», schrieb der Pianist Igor Levit bei Twitter. 

Zuvor hatte die Journalistin offenbar eine kurze Ansprache aufgezeichnet, die seither verbreitet wird. Darin fordert Owsjannikowa auf, zu Protesten gegen den Krieg zu gehen: «Sie können uns nicht alle einsperren.»

Video: watson

Sie erklärt, sie schäme sich dafür, für den Sender gearbeitet zu haben, bei dem Lügen vom Bildschirm kämen. «Wir haben 2014 geschwiegen, als das alles gerade erst begonnen hatte. Wir haben nicht protestiert, als der Kreml Nawalny vergiftete.» Man habe dem «menschenfeindlichen Regime nur schweigend bei der Arbeit zugesehen. Und jetzt hat uns die ganze Welt den Rücken gekehrt.» Was in der Ukraine geschehe, sei ein Verbrechen, und dafür sei allein Putin verantwortlich.

Bei den Aufnahmen trägt sie Schmuck, der in den russischen und den ukrainischen Farben gehalten ist. Das sei ein Symbol dafür, dass Russland den Burderkrieg sofort beenden müsse. Ihr Vater ist offenbar Ukrainer, ihre Mutter ist Russin.

Die unabhängige Zeitung Nowaja Gaseta berichtete, die Journalistin sei von Polizisten festgenommen worden. Die Zeitung zeigte das Foto der Sendung ohne den Text darauf – weil die russischen Gesetze es unter Strafe stellten, den Text zu zeigen.

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Video: watson
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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mocking Bert
15.03.2022 05:51registriert Februar 2022
Wenn du sowas machst obwohl du genau weisst was danach passieren wird. Hut ab! Hoffentlich hat sie wenigstnes ein paar Leute zum umdenken gebracht...
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CogitoErgoSum
15.03.2022 06:01registriert August 2018
Was für eine mutige Frau. Ich hoffe, dass es viele Bewohner Russlands gesehen haben und es ein Umdenken auslöst.
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NicksName
15.03.2022 07:48registriert November 2017
Es ist eigentlich unfassbar, wie sich der russische Staat offenbar innert weniger Tage vollends in einen totalitären orwell'schen Albtraum verwandelt hat. "Krieg ist Frieden; Freiheit ist Sklaverei; Unwissenheit ist Stärke" fürwahr.

Hut ab vor den Todesmutigen, die sich dagegen stellen.
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