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Linksruck in der Slowakei könnte die Ukraine-Unterstützung schwächen

Linksruck in der Slowakei könnte die Ukraine-Unterstützung schwächen

01.10.2023, 15:2401.10.2023, 17:24
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epa10893657 Slovak former Prime Minister and chairman of the Smer-SD party Robert Fico (C) talks to media after Slovakia's parliamentary elections at party's headquarters in Bratislava, Slov ...
Robert Fico und seine Smer-SSD stehen den slowakischen Waffenlieferungen an die Ukraine kritisch gegenüber.Bild: keystone

Der ehemalige slowakische Langzeit-Regierungschef Robert Fico hat gute Aussichten, die nächste Regierung in Bratislava zu bilden. Seine linksnationale «Richtung - Slowakische Sozialdemokratie» (Smer-SSD) gewann die Parlamentswahl vom Samstag. Wie die Wahlkommission am Sonntag berichtete, kam die bisherige Opposionspartei nach dem vorläufigen Endergebnis nach Auszählung von 99.98 Prozent der Wahlbezirke auf 22.9 Prozent der Stimmen.

Den zweiten Platz belegte die bisher noch gar nicht im Parlament vertretene liberale Partei «Progressive Slowakei» (PS) unter Führung des EU-Abgeordneten Michal Simecka mit 18 Prozent. In ersten Prognosen nach Wahlschluss hatte die PS sogar noch vor der Smer-SSD in Führung gelegen. Die Wahlbeteiligung erreichte 68.5 Prozent der 4.4 Millionen Wahlberechtigten.

Unbeliebte Waffenlieferungen

Der künftige aussenpolitische Kurs des direkt an die Ukraine grenzenden EU- und Nato-Landes wird davon abhängen, wer die neue Regierung anführen wird. Bisher war die Slowakei einer der entschlossensten politischen wie auch militärischen Unterstützer des von Russland angegriffenen Nachbarlands. Doch Fico und die kleine rechtspopulistische «Slowakische Nationalpartei» SNS wollen die - bei der Bevölkerung unbeliebte - Waffenhilfe für die Ukraine beenden. Alle anderen ins Parlament gekommenen Parteien sind allerdings für weitere Waffenlieferungen.

Als wahrscheinlich galt am Sonntag, dass Fico die drittplatzierte Partei «Stimme - Sozialdemokratie» (Hlas-SD) seines ehemaligen Stellvertreters Peter Pellegrini zu Koalitionsgesprächen einlädt. Diese liberalere sozialdemokratische Partei hatte sich vor drei Jahren von Ficos Smer-SSD abgespalten und kam nun mit 14.7 Prozent auf Platz drei. Einig sind sich Fico und Pellegrini darin, dass die Slowakei einen starken Sozialstaat braucht. In der Frage der Ukraine-Hilfe gehen ihre Ansichten aber auseinander.

Während Fico dem Nachbarland nur noch mit zivilen Gütern helfen will, steht Pellegrini ähnlich positiv zur Militärhilfe wie die bürgerlichen Parteien. Er hat gegenüber Fico noch den Trumpf im Ärmel, dass er auch mit der neu ins Parlament einziehenden liberalen Partei «Progressive Slowakei» eine Koalition bilden könnte. Fico hingegen steht keine andere Koalitionsmöglichkeit offen. Vor allem von Hlas-SD wird daher abhängen, wer die nächste Regierung führt.

Potenzielle linke Allianz

Pellegrinis Vizeparteichef Erik Tomas sagte am Sonntag in einem TV-Interview, Hlas-SD sei bereit zu Koalitionsverhandlungen mit Ficos Partei. Pellegrini schwächte aber kurz danach ab, er sei auch für Gespräche mit anderen Parteien offen, wenn diese seine Forderungen akzeptierten. In jedem Fall wird für eine Parlamentsmehrheit aber noch mindestens eine weitere Partei benötigt.

Neben diesen drei stärksten Parteien schafften noch vier kleinere den Sprung ins Parlament in Bratislava. Die rechtspopulistische und pro-russische «Slowakische Nationalpartei» SNS hatte schon vor der Wahl angekündigt, mit Ficos Smer in eine gemeinsame Regierung gehen zu wollen. Die drei anderen Kleinparteien sind hingegen entschiedene Gegner Ficos. Sie könnten einer Koalition zwischen PS und Hlas-SD zu einer Mehrheit gegen Fico verhelfen. Damit wäre auch die weitere militärische Unterstützung der Ukraine gesichert.

Die vorgezogene Parlamentswahl war notwendig geworden, nachdem eine 2020 gegen Fico siegreiche konservativ-populistisch-liberale Vierparteienkoalition an innerem Streit zerbrochen war. Im Dezember verlor der Rest dieser Koalition ein Misstrauensvotum, konnte aber vorgezogene Neuwahlen noch monatelang hinauszögern. Im Mai setzte Präsidentin Zuzana Caputova vorübergehend ein Beamtenkabinett unter dem Finanzexperten Ludovit Odor ein. Der zuvor durch Korruptionsskandale seiner Mitstreiter belastete Fico profitierte davon, dass seine Gegner so chaotisch agierten. (sda/dpa)

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Loeffel
01.10.2023 15:48registriert Oktober 2016
Ahh das ist ein linker? Krass, bis soeben war ich mir ziemlich sicher dass Fico ein strammer rechtsaussen polteri ist.

Aber das zeigt es wieder mal. Egal ob links oder rechts. Extreme positionen ziehen halt stets unsympathische und eklige Weltanschauungen an.
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