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Raketenangriffe auf Luhansk – was wir wissen

Raketenangriffe auf Luhansk – was wir wissen

In Luhansk sind offenbar zwei Raketen eingeschlagen. Die Stadt liegt weit von der aktuellen Front entfernt.
13.05.2023, 06:58
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Ein Artikel von
t-online

In der ostukrainischen Stadt Luhansk haben sich nach Angaben der russischen Besatzer zwei grössere Explosionen ereignet. Die von Moskau in der annektierten Region eingesetzte Verwaltung warf der ukrainischen Armee am Freitag vor, Raketen auf die knapp 100 Kilometer von der Front entfernte Stadt abgefeuert zu haben.

Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Tass sei eine ehemalige Plastik-Fabrik des Chemiekonzerns Polipack getroffen worden. Sie bezieht sich auf Aussagen von Rodion Miroshnik, der die besetzte Region für einige Zeit in Moskau vertreten hat.

Am späten Freitagabend tauchten ausserdem Bilder auf, die den russischen Parlamentsabgeordneten Viktor Vodolatsky zeigen sollen. Er wird in einer Militäruniform mit Verletzungen im Gesicht aus Trümmern geführt. Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti meldete unter Berufung auf lokale Behörden, der russische Politiker sei bei dem Angriff verletzt worden. Vodolatsky sei zu Feierlichkeiten zum Jahrestag der von Russland als Befreiung bezeichneten Beseztung der Region in der Stadt gewesen.

In sozialen Netzwerken und unter Militärexperten war spekuliert worden, ob bereits die ersten britischen Storm-Shadow-Marschflugkörper eingesetzt wurden. Am Donnerstag hatte die britische Regierung angekündigt, diesen Raketentyp mit einer Reichweite vom etwa 250 Kilometer der Ukraine zu liefern. Die Storm-Shadow-Raketen werden in der Regel von Kampfjets abgefeuert. Unklar ist, ob die ersten Modelle bereits in der Ukraine sind.

Hintergrund für die Mutmassungen ist der Ort der Explosionen: Luhansk liegt weit von der aktuellen Front entfernt. Die vom Westen gelieferten Himars-Raketen zum Beispiel würden aus den aktuell bekannten Frontpositionen nicht bis nach Luhansk reichen.

Der prorussische Militärblogger Rybar berichtete unter Berufung auf Bewohner in der Region, dass das Geräusch eines fliegenden Flugzeugs und eines Raketenstarts über der Stadt gemeldet wurden. Er vermutete, dass ein Testflug einer britischen Raketen dafür verantwortlich war. Dafür gibt es aber keine unabhängige Bestätigung. «In naher Zukunft werden die Streitkräfte der Ukraine versuchen, ähnliche Angriffe auf andere Einrichtungen im Hinterland zu verüben, darunter auch auf Flugplätze der russischen Luftfahrt», schrieb er auf Telegram.

Der Luhansker Politiker Rodion Miroshnik spekulierte auf Telegram, dass es sich um ukrainische Raketen sowjetischer Bauart vom Typ Tochka-U gehandelt haben könnte. Diese haben eine Reichweite von etwa 120 Kilometer. Er berichtete, dass die Raketen vermutlich aus Chasiv Yar, westlich vom Bachmut, abgefeuert worden seien.

A Ukrainian soldier fires an RPG toward Russian positions at the frontline near Kremenna in the Luhansk region, Ukraine, Tuesday, May 9, 2023. (AP Photo/LIBKOS)
Ein ukrainischer Soldat in der Region Luhansk, 9. Mai 2023. Bild: keystone

Der US-Sender CNN meldete, dass das Koordinationskomitee der selbst ernannten Separatistenrepublik Luhansk auf Telegram von Grom-Raketen gesprochen haben. Diese ukrainischen Raketen haben ebenfalls eine Reichweite vom etwa 120 Kilometer und sind vergleichbar mit den russischen Iskander-Raketen. Bislang wurden aber von russischer Seite keine Beweise, wie Fotos von Trümmerteilen, vorgelegt.

Unklar ist auch, warum die Fabrik Ziel eines Angriffs wurde. Gegenüber Tass wurde zunächst von Seiten der Besatzer von Angriffen auf zivile Infrastruktur gesprochen. Sechs Kinder seien verletzt worden. Später bestätigte die Verwaltung, dass ein Fabrikgebäude getroffen worden sei. Auf Videos war zu sehen, wie dicke schwarze Rauchwolken aufstiegen. Der Nachrichtendienst Nexta sprach von einem Öldepot, das getroffen worden sei. Vermutet wird auch, dass in der Fabrik russische Ausrüstung repariert wurde. Luhansk gilt als wichtiger Umschlagplatz für die russischen Truppen.

Verwendete Quellen:

  • rnd.de: "Angriff auf besetzte Stadt Luhansk: Hat die Ukraine erstmals "Storm Shadows" eingesetzt?"
  • cnn.com: "Large explosions reported in Russian-occupied Luhansk" (englisch)
  • ria.ru: "При украинском ударе по Луганску пострадал депутат Госдумы Водолацкий" (russisch)
  • tass.ru: "В ЛНР сообщили об ударе ВСУ по предприятию Poly-Pack в Луганске" (russisch)
  • twitter.com: Tweet von BrennpunktUA
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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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AlfredoGermont
13.05.2023 07:25registriert März 2022
Ich hoffe, jetzt kommt wieder eine Reihe von Angriffen auf logistikzentren, die bisher außer Reichweite lagen (wie wir das nach der Übergabe der Himars-Systeme sahen.
Wenn es dann noch gelingt, die Krimbrücke vollständig zu unterbrechen dürfte das die Ruzzen vor gravierende Nachschubprobleme stellen.
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Haarspalter
13.05.2023 08:15registriert Oktober 2020
„Raketenangriffe auf Luhansk – was wir wissen“

Zermürbender für die Russen ist, was sie (und wir) NICHT wissen.

Die Ukrainer machen das ausgezeichnet:

High-Tech kombiniert mit psychologischer Kriegsführung.
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