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USA stützen Putin – der UN-Sicherheitsrat hat nichts dagegen

US Ambassador Dorothy Camille Shea, right votes in the UN Security Council, adjacent to UK Ambassador Barbara Woodward, left, Monday, Feb. 24, 2025. (AP Photo/Richard Drew)
Nicht gleicher Meinung: Die UN-Botschafterinnen Grossbritanniens und der Vereinigten Staaten.Bild: keystone

USA an der Seite Putins – die Welt allerdings nicht

Eine moskaufreundliche Resolution kam problemlos durch den UN-Sicherheitsrat. Nur die Europäer enthielten sich. In der Vollversammlung konnte die Ukraine jedoch einen kleinen Erfolg feiern.
25.02.2025, 04:5025.02.2025, 05:14
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Das ist passiert

Im Richtungsstreit zwischen den USA und Europa über den Kurs im Ukraine-Krieg hat US-Präsident Donald Trump sich den Rückhalt des UN-Sicherheitsrats gesichert. Das mächtigste UN-Gremium mit 15 Ratsmitgliedern stimmte in New York für eine moskaufreundliche Ukraine-Resolution der US-Regierung.

Nach vielen Vetos Russlands war es der erste gemeinsame Beschluss zum Krieg seit dem Einmarsch in die Ukraine vor drei Jahren. In der UN-Vollversammlung vor allen 193 Mitgliedern drang die US-Regierung mit einer wortgleichen Beschlussvorlage dagegen nicht durch.

Trumps Russland-Sympathie

Trump hatte seine rhetorische Abkehr von der Ukraine und Hinwendung zu Kremlchef Wladimir Putin mit dem diplomatischen Vorstoss bei den Vereinten Nationen untermauert. Der Resolutionsvorschlag mit dem Titel «Der Weg zum Frieden» benennt Moskau nicht als Aggressor des Krieges, fordert keinen russischen Rückzug und erwähnt die territoriale Integrität der Ukraine nicht. Angemahnt wird bloss ein rasches Ende des Krieges, ohne Bedingungen zu nennen.

Grossbritannien und Frankreich verzichten auf Veto

Im Sicherheitsrat bekam der Text eine Mehrheit von 10 der 15 Stimmen. Mit den USA stimmten unter anderem Russland und China, während sich alle fünf europäischen Länder des Rates – Grossbritannien, Frankreich und die nicht-ständigen Mitglieder Slowenien, Dänemark und Griechenland – enthielten. Resolutionen im UN-Sicherheitsrat sind völkerrechtlich bindend.

Briten und Franzosen haben theoretisch ein Vetorecht, dieses aber seit 1989 nicht genutzt. Eine Änderung dieser Gepflogenheit wäre als bedeutender Bruch mit ihrer diplomatischen Linie interpretierbar gewesen, die beide Länder wohl nicht aufgeben wollten, während sich die Europäer intensiv um Verständigung mit Trump bemühen.

Eine Vertiefung des neu entstandenen Grabens zwischen den transatlantischen Partnern wäre auch zur Unzeit gekommen, da Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Washington am Montag versuchte, gemeinsame Standpunkte mit Trump auszuloten. Diplomatenkreise berichteten der Deutschen Presse-Agentur aber, dass ein Veto bis zuletzt erwogen worden sei.

Nur verbale Gegenwehr der Europäer

Die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward sprach sich in der Sitzung klar gegen die Resolution aus:

«Es kann keine Gleichsetzung zwischen Russland und der Ukraine geben, wenn dieses Gremium über diesen Krieg spricht.»

Moskau sei schuld am Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat, der Hunderttausende von Menschenleben gekostet habe. Frankreichs Botschafter Nicolas de Rivière erklärte:

«Es wird nirgendwo Frieden und Sicherheit geben, wenn Aggressionen belohnt werden.»

Die amtierende US-Botschafterin Dorothy Shea sprach dagegen davon, dass die Welt «am Abgrund der Geschichte» stehe und es einen möglichst schnellen Frieden brauche. Dabei wollte sie die Europäer auch beruhigen: «Wir hören unseren europäischen Kollegen zu, wenn sie sagen, dass sie einen dauerhaften Frieden wollen, aber nicht um jeden Preis», sagte sie. Man wolle ihnen versichern, dass die USA ebenfalls einen «dauerhaften Frieden» anstrebten. Die Resolution sei kein Friedensabkommen und verursache keine Kosten.

Russland ist happy ...

Russland sprach derweil von einem guten ersten Schritt, während China erklärte, es unterstütze das amerikanisch-russische Bemühen um Frieden. Das Votum des Sicherheitsrats dürfte Trump als Zeichen des Rückhalts für seinen Versuch verstehen, einen Frieden zusammen mit Putin notfalls auch gegen den Willen der Ukraine zu erzwingen.

... doch die UN-Vollversammlung bleibt auf der Seite der Ukraine

Doch in grösserer Runde stiess Trumps Vorstoss bei den Vereinten Nationen auf deutlichen Widerstand. Vor der Abstimmung im Sicherheitsrat hatten die USA bereits in der UN-Vollversammlung versucht, mit dem identischen Resolutionsentwurf weltweite Zustimmung zum Kurswechsel im Ukraine-Krieg zu erhalten.

Das grösste Gremium der Vereinten Nationen verhinderte aber die kremlfreundliche Resolution: Mehrere Änderungsanträge von EU-Staaten, der Ukraine sowie Grossbritanniens bekamen die notwendige Mehrheit der 193 UN-Mitglieder, sodass der US-Text in der Folge Russland klar als Aggressor benannte und an entscheidenden Stellen im ukrainischen Sinne umgedeutet wurde. Bei diesem enthielt sich Washington dann, genauso wie 72 weitere Staaten. Acht, darunter Russland, Nordkorea und Israel, stimmten dagegen, 93 dafür.

FILE - Ukraine's President Volodymyr Zelenskyy addresses the 79th session of the United Nations General Assembly, Sept. 25, 2024, at UN headquarters. (AP Photo/Julia Demaree Nikhinson, File)
Die UN-Vollversammlung nahm bedeutende Änderungen am Text vor.Bild: keystone

Eine zweite, von der Ukraine selbst zusammen mit den EU-Ländern verfasste Resolution für die Vollversammlung, sah ebenfalls viele Enthaltungen, was als Distanzierung dieser Länder vom US-europäischen Streit um den Ukraine-Kurs gewertet wird. Ungarn, dessen Regierung als ausgesprochen Trump-freundlich gilt, scherte dabei aus und stellte sich klar an die Seite Washingtons. Unter den sich Enthaltenden waren unter anderem China, Indien und Brasilien.

Doch auch hier stimmten 93 Länder dafür, darunter die Schweiz und Deutschland sowie die meisten EU-Staaten. Zwar ein deutlich geringerer Rückhalt für Kiew als bei ähnlichen Resolutionen zuvor – aber ein Rückhalt und ein kleiner diplomatischer Sieg für das vom Krieg gebeutelte Land.

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Die Abstimmungsergebnisse bei der europäisch-ukrainischen Variante.Bild: UN

UN-Experte Richard Gowan von der Denkfabrik Crisis Group sprach in Bezug auf die Vollversammlung zwar von einer eher gelungenen europäischen Verteidigung der Ukraine in New York. Doch betonte er auch, dass der Wunsch vieler Länder des sogenannten Globalen Südens nach schnellem Frieden offensichtlich sei. Der US-Ansatz spiegele dieses Verlangen zwar wider, habe aber auch viele UN-Mitglieder nervös gemacht – weil er das Völkerrecht vernachlässige, das kleinere Staaten vor Angriffen schützen soll. (sda/dpa/con)

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72 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Andi7
25.02.2025 06:32registriert November 2019
Allgemein: Welchen Sinn hat ein Sicherheitsrat, wenn die grössten Kriegsverbrecher – Russland und die USA – mit ihrem Vetorecht jede Hoffnung auf Gerechtigkeit im Keim ersticken?
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Frankygoes
25.02.2025 06:23registriert März 2019
Das alles ändert leider gar nichts daran, dass die Ukraine gerade von unter den Zug geworfen wird. Und wir als Teil von Europa machen mit. Putin hatte offenbar am Ende doch recht und es ist nicht so weit her, mit den sog. westlichen Werten..
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Gina3
25.02.2025 06:46registriert September 2023
Ist jemand überrascht?
Trump hatte bereits während des Präsidentschaftswahlkampfes angekündigt, dass er den "Frieden" in Europa mit einem Telefonat erreichen würde.
Tatsächlich gab es mehr Telefonate, aber der hinterhältige Trick ist klar: dem Aggressor PUTIN geben, was er haben wollte, und den Rest der in der Ukraine vorhandenen wertvollen Rohstoffe /Erden als "Entschädigung" nehmen.
Brauchen wir wirklich einen solchen Verbündeten?
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