International
US-Wahlen 2020

Midterms in den USA 2022: Abtreibungen bremsen die «rote Welle»

Miranda Padilla holds her 11-month-old son Grayson Sanchez while marking her ballot at a polling center in the South Valley area of Albuquerque, N.M., Tuesday, Nov. 8, 2022 (AP Photo/Andres Leighton)
Eine junge Mutter bei der Stimmabgabe in Albuquerque (New Mexico). Die Frauen scheinen Joe Biden vor einem Debakel zu retten.Bild: keystone

Abtreibungen bremsen die «rote Welle»: Die US-Wahlnacht in 5 Punkten

Das befürchtete Debakel für die Demokraten bei den US-Midterms scheint auszubleiben. Gleichzeitig verschärft sich die Polarisierung. Das ist keine gute Nachricht für das Land.
09.11.2022, 07:1709.11.2022, 12:44
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Die Wahllokale haben geschlossen. Die Auszählung bei den US-Zwischenwahlen läuft. Und ein klarer Trend ist bislang nicht in Sicht. Angesichts der letzten Umfragen ist das eher überraschend, denn die allgemeine Stimmungslage im Land ist negativ. Doch die Demokraten halten sich besser als erwartet. Das sind die bislang wichtigsten Punkte:

Die rote Welle bleibt aus

Vor vier Jahren erhielt Präsident Donald Trump bei den Midterms einen Denkzettel in Form einer «blauen Welle» im Repräsentantenhaus. Die Demokraten eroberten die Mehrheit in der grossen Kongresskammer. Nun musste Joe Biden Ähnliches befürchten. Angesichts der Umfragen sahen manche Kommentatoren einen roten Tsunami über ihn hinweg rollen.

Der aber ist ausgeblieben. Selbst von einer roten Welle kann bislang keine Rede sein. Zwar bleibt es wahrscheinlich, dass die Republikaner das Repräsentantenhaus zurückholen können, aber womöglich knapper als erwartet. Und im Senat konnte der Demokrat John Fetterman in Pennsylvania einen bislang republikanischen Sitz erobern.

It's abortion, stupid!

In den Exit Polls haben sich zwei Themen herauskristallisiert, die für die Wählerschaft zentral waren: Inflation und Abtreibung. Letzteres ist eine Blamage für die vorab männlichen Beobachter, die angesichts der Umfragen davon ausgingen, die Wut der Frauen über das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Juni sei verraucht und der «Dobbs-Effekt» verpufft.

Das ist offenbar nicht der Fall. Die Kontroverse um den Schwangerschaftsabbruch ist nicht ausgestanden. Zwar ist das Thema nicht zu dem von den Demokraten erhofften Gamechanger geworden. Dafür ist der Unmut in Amerika über die hohe Teuerung und die Benzinpreise zu gross. Aber es rettet die Regierung Biden vielleicht vor einem Debakel.

Verschärfte Polarisierung

Incumbent Florida Republican Gov. Ron DeSantis holds his son Mason as he celebrates winning reelection, at an election night party in Tampa, Fla, Tuesday, Nov. 8, 2022. (AP Photo/Rebecca Blackwell)
Ron DeSantis freut sich über seine klare Wiederwahl.Bild: keystone

Verpufft sind dafür offenbar die Warnungen von Präsident Biden vor einer Gefahr für die Demokratie durch Wahlerfolge für die Trump-Republikaner. Einige Dutzend «Wahlleugner» haben sich auf nationaler und regionaler Ebene durchgesetzt. Kontroverse Figuren wie die Gouverneure Greg Abbott (Texas) und Ron DeSantis (Florida) wurden klar wiedergewählt.

Dies dürfte die Ambitionen von DeSantis auf das Weisse Haus beflügeln. Gleichzeitig entwickelt sich Florida vom Swing State zu einer Bastion der Republikaner. Ein ähnlicher Trend zeigt sich in Ohio, wo der «Wendehals» J.D. Vance die Senatswahl gewann. Die Polarisierung in den USA, bedingt durch das Zweiparteiensystem, verschärft sich.

Wahl wird Juristenfutter

Ausgerechnet im Bundesstaat Arizona, wo die fanatischen Trump-Anhänger und Leugner von Joe Bidens Wahlsieg besonders aktiv sind, kam es in der Nacht zu Problemen mit den Wahlmaschinen. Das lässt für die nächsten Tage und Wochen nichts Gutes erwarten. Schon vor dem Wahltag haben vor allem die Republikaner zahlreiche Klagen eingereicht.

Die Wahl dürfte zum Juristenfutter werden, was die Bekanntgabe des endgültigen Resultats in manchen Fällen um Tage oder Wochen verzögern könnte. Bei der Präsidentschaftswahl 2020 waren entsprechende Bestrebungen von Donald Trump und seiner Partei fast durchwegs erfolglos. Aber sie konnten damit Zweifel an der Legitimität der Wahl schüren.

Wie geht es weiter?

Nicht nur wegen möglicher Gerichtsverfahren könnte es dauern, bis feststeht, wer die Kontrolle über den Kongress übernimmt. In Georgia könnte es zu einer Stichwahl für den Senatssitz kommen. Denn in diesem Bundesstaat schreibt das Wahlgesetz vor, dass für einen Erfolg im ersten Durchgang mindestens 50 Prozent der Stimmen benötigt werden.

Verzögerungen aber sind potenzielles Gift für das Vertrauen in die Demokratie und das Wahlverfahren. Das dürfte ganz im Sinn von Donald Trump und seiner Anhängerschaft sein. Bereits gibt es wie erwartet Stimmen vonseiten der Republikaner, die über Wahlbetrug schwadronieren. Den USA dürften erneut unruhige Zeiten bevorstehen.

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49 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pontifax
09.11.2022 07:50registriert Mai 2021
Die Tragik ist, dass die Wähler der Republikaner einfach nicht realisieren, dass die Republikaner nicht das geringste Interesse am Wohlergehen der USA haben sondern nur die eigenen Taschen füllen wollen.
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[CH-Bürger]
09.11.2022 07:32registriert August 2018
meine These:
man hört die lautesten Stimmen nun mal am besten schreien - und die lautesten sind meistens die "Systemkritiker". Befürworter eines "Status Quo" müssen nicht protestieren gehen, denn es passt ja soweit alles.
von den Kritikern wählt ein übermässiger Anteil eher rechts/konservativ.
und diejenigen, die man in der heutigen Zeit nicht wahrnimmt, sind jene, die sich ihre Gedanken eher in bedachter Manier machen.

feel free to Blitz me 😘
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Gurgelhals
09.11.2022 08:12registriert Mai 2015
Bin recht erleichtert angesichts dessen, was man befürchten musste:

Der Senat scheint gegessen und das ist gut. Die bösartige Schildkröte bleibt damit weiter Minderheitsführer und Biden wird damit auch in den kommenden 2 Jahren problemlos Bundesrichter ernennen können.

Und eine nur ganz knappe GOP-Mehrheit im Haus ist zwar nicht ideal, aber wird der GOP auch nicht viel nützen. In der Fraktion gibt es dort zu viele Verrückte. Und McCarthy ist keine Pelosi, sondern ein Verlierer, der seine Leute überhaupt nicht im Griff hat. Die werden daher v.a. mit sich selber beschätigt sein.
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