Das Auszählen der Stimmen ist noch nicht ganz vorbei, aber die Wahl ist entschieden. Geht es nach den amerikanischen Wählern, soll Joe Biden der nächste US-Präsident werden.
Daran können auch die ausstehenden definitiven Resultate aus Alaska, Arizona, Georgia und North Carolina nichts ändern.
Trotzdem wollen wir schon etwas genauer hinschauen und zeigen, wo in den USA die Sache am klarsten war, wo Biden die meisten Stimmen holte und welches die grösste Stadt ist, die Trump gewählt hat. (Stand der Daten ist der 9. November, 12 Uhr.)
Mit Wisconsin, Michigan und Pennsylvania konnte Joe Biden drei Staaten zu Gunsten der Demokraten drehen. Die blaue Mauer im Rust Belt steht somit wieder. Auch Arizona und Georgia könnten noch eine demokratische Mehrheit erlangen, dort ist noch nicht ganz ausgezählt, Biden führt aber, wenn auch knapp.
In den 50 Staaten existieren 3144 Counties, was ungefähr unseren Bezirken entspricht. In 21 Staaten wechselte bei der Wahl 2020 kein einziges County die Farbe. Es blieb also alles genau gleich wie 2016. In den anderen Staaten kam es dagegen zu einem Wechsel in mindestens einem County:
In den weiteren 29 Staaten gab es auf County/Town-Ebene mindestens einen Wechsel:
Insgesamt konnte Biden im Vergleich mit Hillary Clinton vor vier Jahren 53 neue Counties für die Demokraten gewinnen. Trump schaffte es trotz seiner Niederlage, dass 32 Counties im Vergleich mit 2016 auf seine Seite wechselten.
In drei der 50 Staaten gewann eine Partei alle Wahlbezirke. In Hawaii waren dies die Demokraten, in Oklahoma und West Virginia die Republikaner.
Auf Hawaii konnte Biden dabei jedes der vier Counties mit über 60 Prozent der Stimmen für sich entscheiden.
Weniger deutlich – allerdings auch bei insgesamt viel mehr Counties – war das Resultat in Oklahoma. Am knappsten war es dort im gleichnamigen County mit 49,2 zu 48,1 Prozent der Stimmen für Trump. Zum County Oklahoma gehört auch die grösste Stadt des Staates (Oklahoma City), wir werden weiter unten nochmals von ihr hören.
Auch West Virginia ist, wie schon vor vier Jahren, komplett rot gefärbt. Während die Republikaner in den meisten Counties mit 60 bis 70 Prozent der Wählerstimmen rechnen konnten, wurde es im nördlichen County Monongalia ultraknapp. 20'656 wählten Trump, 20'064 seinen Herausforderer. Macht einen Unterschied von nur 592 Stimmen.
Dass in urbanen Gegenden eher demokratisch gewählt wird, zeigte sich in den USA schon lange, dieses Mal wurde es wieder sehr deutlich offenbart. In dem County, zu welchem jeweils die grösste Stadt des Staates gehört, siegte 43-mal Joe Biden, in 27 Fällen gar mit mindestens 60 Prozent der Stimmen.
Am deutlichsten ist das Verdikt in Baltimore (Maryland). Die City mit rund 600'000 Einwohnern stimmte mit 87,3 Prozent für Joe Biden.
Sehr knapp nur an Biden dürfte Phoenix im County Maricopa gehen. Arizona hat noch kein definitives Resultat bekannt gegeben. Bisher stimmten im mit Abstand bevölkerungsreichsten County des Staates 50,2 Prozent für Biden.
Die Städte sind also grundsätzlich demokratisch. Trumps grösste gewonnene Stadt ist Oklahoma City. Diese zählt rund 655'000 Einwohner und ist die 25.-grösste Stadt der USA oder eben die grösste mit republikanischer Mehrheit. Im County Oklahoma holte er sich die Mehrheit, 49,2 Prozent reichten gegen die 48,1 Prozent der Stimmen von Joe Biden.
In sieben Staaten konnte Trump die jeweils grösste Stadt für sich entscheiden. Es sind dies: Idaho (Boise, 230'000 Einwohner), Kansas (Wichita, 390'000 Einwohner), Montana (Billings, 110'000 Einwohner), North Dakota (Fargo, 125'000 Einwohner), Oklahoma (Oklahoma City, 655'000 Einwohner), South Dakota (Sioux Falls, 185'000 Einwohner) und Wyoming (Cheyenne, 65'000 Einwohner). Diese gehören allerdings mit Ausnahme von Oklahoma City und Wichita nicht zu den Top 100 der grössten US-Städte.
Ja, auch das gibt es. In drei Counties gab es keinen Sieger. Joe Biden und Donald Trump erreichten hier die exakt gleiche Anzahl Stimmen.
Dies war der Fall in Ira (Vermont) mit je 130 Stimmen, Freedom (New Hampshire) mit 538 zu 538 Stimmen und Richmond (Rhode Island) mit je 2318 Stimmen.
Die grössten Unterschiede innerhalb der Counties eines Staates gab es in South Dakota. Während sich dort Joe Biden Oglala Lakota mit 88,4 Prozent der Stimmen sicherte, holte sich Trump das County Harding mit 92 Prozent der Stimmen.
Anders sieht dies in Delaware aus. Von den Staaten, in welchen mindestens ein County auf jede Seite ging, war der Unterschied dort am kleinsten. Im County Wilmington (Heimatort von Joe Biden) holte sich der neu gewählte Präsident 67,9 Prozent der Stimmen, in Sussex – trotz Niederlage – immerhin noch 43,8 Prozent.
Traditionell wurden im Staat New Hampshire die ersten Stimmen ausgezählt. Kleine Counties/Towns mit unter 100 Einwohnern durften dabei schon um Mitternacht loslegen. Am schnellsten waren die Stimmen in Dixville gezählt: Kein Wunder bei nur fünf Teilnehmern. Und alle fünf wählten Joe Biden als Präsidenten. 2016 hatte Hillary Clinton hier «nur» mit 4:2 gewonnen.
Nirgends war die Sache also so klar wie in Dixville. Aber auch in Counties/Towns mit Stimmen für beide Kandidaten gab es eindeutige Siege für den neuen Präsidenten. In der Stadt Provincetown (Massachusetts) war die Antwort für Biden am klarsten. Auf dem äussersten Zipfel des Cape-Cod-National-Seashore-Nationalparks stimmten 92 Prozent (2399 Stimmen) für den Herausforderer, nur 6,9 Prozent (181 Stimmen) für den Amtsinhaber.
Auch Trump kann in einigen Regionen mit Erdrutschsiegen aufwarten. So sicherte er sich das County Roberts in Texas mit 96,2 Prozent der Stimmen (529 Stimmen), nur 17 (3,1 Prozent) wählten dort Biden. Das entspricht einer Marge von 93 Prozent für Trump.
Schon nicht gerade schmeichelhaft für Trump an seinem Wohnort derart abserviert zu werden ;)