20.11.2020, 07:4020.11.2020, 12:59
Die Anwälte von Donald Trump tauchen in ihren Attacken gegen den Ausgang der verlorenen Präsidentenwahl immer tiefer in wilde Theorien ab. Sie behaupten unter anderem, die Demokraten hätten die Wahl mit Hilfe von Kommunisten aus Venezuela manipuliert.
Doch von vorne.
Um was geht's?

Rudy Giuilani während der Pressekonferenz am Donnerstagabend.Bild: keystone
Trumps Anwaltsteam hat am Donnerstag-Abend eine Pressekonferenz gegeben. Sein langjähriger Anwalt und Vertrauter, Rudy Giuliani, stellte dabei weitere Klagen in Aussicht. Das Anwaltsteam erklärte bei der Pressekonferenz zugleich, man könne Journalisten angesichts anstehender Verfahren keine Beweise für die Behauptungen präsentieren. Ausserdem wollten wichtige Zeugen nicht vor die breite Öffentlichkeit treten.
Das hinderte Giuliani nicht daran, zu sagen: «Wir können nicht zulassen, dass diese Gauner die Wahl von den Amerikanern stehlen. Sie haben Donald Trump gewählt. Sie haben nicht Joe Biden gewählt.» Alle Wahlbehörden bestätigten bisher, dass es keine Wahlfälschung gab – oder grössere Fehler, die das Wahlergebnis in Frage stellen könnten.
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Giuliani behauptete dennoch, er könne beweisen, dass Trump den wichtigen Bundesstaat Pennsylvania in Wirklichkeit nicht verloren, sondern mit einem Vorsprung von 300'000 Stimmen gewonnen habe, und Michigan mit 50'000 Stimmen. Unter anderem seien Stimmzettel mehrfach eingescannt worden. Giulianis Erklärung: «Ich denke, es ist eine logische Schlussfolgerung, dass es einen gemeinsamen Plan gab, der direkt von der Demokratischen Partei und ihrem Kandidaten ausging.» Auch dazu gab es keine Beweise. Giuliani war einst selbst Staatsanwalt und später Bürgermeister von New York.
Ui. Kam noch mehr?

«Massiver Einfluss kommunistischen Geldes»: Sidney Powell.Bild: keystone
Ja. Anwältin Sidney Powell ging noch weiter: «Womit wir es hier wirklich zu tun haben, ist ein massiver Einfluss kommunistischen Geldes über Venezuela, Kuba und vermutlich China für die Einmischung in unsere Wahl.» Sie behauptete auch, der 2013 verstorbene venezolanische Präsident Hugo Chavez habe Hintertüren in die Software einbauen lassen, die bei der Auszählung der Stimmen verwendet wurde. Angeblich sei es dadurch möglich gewesen, dass eine für Biden abgegebene Stimme 1,25 Stimmen wert gewesen sei. Die Software wurde nur beim Einscannen von Stimmzetteln verwendet. Die Wahlbehörden betonen, dass es für jede abgegebene Stimme einen Papierbeleg gebe.
Aber gibt es konkrete Forderungen?
In Pennsylvania fordert die Trump-Seite unter der Regie seines langjährigen persönlichen Anwalts und Vertrauten Rudy Giuliani in einer schon zum zweiten Mal überarbeiteten Klage, das Wahlergebnis in dem Bundesstaat komplett nicht zu bestätigen. Stattdessen solle das örtliche Parlament – in dem Republikaner die Mehrheit haben – die Wahlleute ernennen. Das Ziel: Diese ernannten Wahlleute sollen am 14. Dezember nicht für den Wahlsieger Biden, sondern für Trump stimmen.
In Michigan hat Trump einen ähnlichen Plan. Er lud republikanische Mitglieder des Parlaments des Bundesstaates zu sich ins Weisse Haus ein. Der Rechtsexperte Lawrence Tribe warnte im TV-Sender CNN, dass ein solches Treffen widerrechtlich sein könnte.
Wie schlägt sich Trump denn vor Gericht?
Nun, die Trump-Seite verlor allein am Donnerstag in Verfahren vor Gerichten in den Bundesstaaten Georgia, Pennsylvania und Arizona. Bisher sammelte die Trump-Seite mehr als 30 Schlappen vor Gericht ein, mit einem kleinen Erfolg.
Und was ist eigentlich mit Georgia?

Brad Raffensperger, republikanischer Staatsekretär in Georgia.Bild: keystone
Dort ist die manuelle Überprüfung der Stimmen inzwischen abgeschlossen. In Georgia lag Biden vor Beginn der Neuauszählung mit rund 14'000 Stimmen vorn. Nun schrumpfte das Plus auf 12'284 Stimmen. Das war bereits erwartet worden: Schon vor einigen Tagen wurde festgestellt, dass Wahlkommissionen in zwei von Republikanern beherrschten Bezirken vergessen hatten, mehrere tausend ausgezählte Stimmen in die Rechnung aufzunehmen. Der zuständige Staatssekretär Brad Raffensperger betonte, dass keine Anzeichen für Wahlbetrug gefunden worden seien. Trump kann allerdings immer noch eine Neuauszählung beantragen, weil der Abstand zwischen den Kandidaten unter 0,5 Prozentpunkten liegt.
Was sagt Joe Biden dazu?

Joe Biden und seine künftige Vizepräsidentin Kamala Harris am Donnerstag in Wilmington. Bild: keystone
Biden nannte Trumps Blockadehaltung «völlig unverantwortlich». Seine Weigerung, das Ergebnis der Wahl vom 3. November anzuerkennen, schade dem Ansehen der Demokratie. Mit Blick auf Trumps Bemühungen, das Wahlergebnis zu untergraben, sagte Biden, dieser komme als der «unverantwortlichste Präsident» Amerikas in die Geschichtsbücher.
Gab es weitere Reaktionen?
Durchaus. Als Illustration vielleicht eine: Der von Trump jüngst gefeuerte Christopher Krebs, der als ranghoher Regierungsbeamter für die Absicherung der Wahlen zuständig war, bezeichnete die Pressekonferenz bei Twitter als «die gefährlichsten 1:45 Stunden TV in der Geschichte Amerikas». «Und vermutlich die verrücktesten», fügte er hinzu.
(sda/dpa/mlu)
«You're hired»: So berichteten die Zeitungen über Bidens Sieg
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«You're hired»: So berichteten die Zeitungen über Bidens Sieg
quelle: image/watson
Kannst du dich noch an diese Trump-Momente erinnern? Ein Best-of der letzten 4 Jahre
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