Tausende Menschen sind am Wochenende auf die Strasse gegangen, um gegen die Migrationspolitik des US-Präsidenten zu protestieren. Innert Stunden verwandelten sich viele friedliche Versammlungen jedoch in gewalttätige Auseinandersetzungen.
Wie konnte die Lage so eskalieren?
Claudia Brühwiler: Die Situation in Los Angeles hat mehrere Ebenen. Einerseits sind Proteste, die aus dem Ruder laufen, nichts Neues für die Stadt. Die Stadt ist sich Erschütterungen gewöhnt. Andererseits haben die kalifornische Regierung und die von Los Angeles eine andere Vorstellung als die Bundesregierung, wie Migration gehandhabt werden soll. Dazu kommt die persönliche Betroffenheit vieler Personen in der Region nach den Razzien der Einwanderungsbehörde. Die Stadt war also schon vor dem Wochenende ein Pulverfass.
Als Reaktion auf die Proteste hat Donald Trump Marineinfanteristen und die Nationalgarde in die Stadt geschickt – entgegen dem Willen des Gouverneurs Gavin Newsom und der Stadtpräsidentin Karen Bass. Hat der Präsident damit eine Grenze überschritten?
Er ist in einem Graubereich. Man muss aber sagen: Es ist aussergewöhnlich. Einen Einsatz der Nationalgarde gegen den Willen eines Gouverneurs, das hatten wir zuletzt in den Jahren 1957 und 1965; mitten in den Konflikten zwischen den Südstaaten und der Bundesregierung, als es um die Umsetzung der Desegregation ging – also um die Aufhebung der Rassentrennung in den USA. Damals schickte die Regierung die Nationalgarde aber, um die Bürgerrechtler zu beschützen.
Und in Los Angeles?
Dort war die Nationalgarde zuletzt im Jahr 1992. Damals arbeiteten der Präsident und der Gouverneur aber zusammen. Nach dem Freispruch von Polizeikräften, die den Afroamerikaner Rodney King bei einer Polizeikontrolle verprügelt hatten, arteten die Proteste aus. Es gab Tote und Hunderte Verletzte. Die Nationalgarde jetzt wieder zu berufen ist speziell. Es gibt sicherlich Experten, die sagen, Trump hat jetzt eine rote Linie überschritten.
Man weiss aber auch aus Erfahrung, welche Dynamik solche Proteste in Los Angeles entwickeln können und man hätte erahnen können, dass die Polizeikräfte überfordert sein werden. Der Polizeichef der Stadt sagte ja auch im Nachhinein, dass es sinnvoll war, die Nationalgarde zu holen. Und es ist auch bekannt, dass die demokratische Regierung in Kalifornien bei derartigem Treiben teils viel zu lange zuschaut.
Hat der Präsident also Schlimmeres verhindert? Gouverneur Gavin Newsom behauptet, die Situation sei erst eskaliert, als Trump die Nationalgarde entsandt hat.
Ob Trump mit seiner Aktion Öl ins Feuer gegossen hat, darüber wird man sich noch lange streiten. Beide Seiten haben wohl nicht ganz unrecht. Natürlich ist das Aufbieten der Nationalgarde ein Akt, der zeigt, dass man bereit ist, auf Gewalt mit Gewalt zu reagieren. Andererseits kennt man die Geschichte von Los Angeles. Man wird also noch lange über Huhn und Ei diskutieren.
Haben die Proteste das Potenzial, sich im ganzen Land zu verbreiten?
Donald Trump hat eine klare Agenda gegen die sogenannten «Sanctuary Citys». Also gegen die grossen demokratischen Städte, die sagen, sie wollen bei der Durchsetzung der Migrationspolitik der Regierung nicht kooperieren. So zum Beispiel bei der Durchführung der gross angelegten Deportationen. In diesem Zug könnten noch weitere Städte in Trumps Visier geraten. Dann stellt sich die Frage, ob die es so weit kommen lassen würden wie Los Angeles.
Wollte Donald Trump mit Los Angeles also ein Zeichen setzen?
Ja, vor allem eines der Entschlossenheit. Kalifornien war ein besonders geeigneter Testfall, weil der Staat in konservativen Kreisen den Ruf hat, zu tolerant in Bezug auf illegale Migration zu sein. Die sehr heftig ausgefallene Reaktion des Gouverneurs war da auch ein gefundenes Fressen für die Republikaner.
Will Donald Trump die Situation überhaupt beruhigen?
Er hat natürlich ein Interesse daran, dass der Einsatz der Nationalgarde und der Marines sich dann als Schlüssel zur Beruhigung herausstellen. Was man sich erhofft, ist, dass sich die Situation beruhigt, ohne dass dass noch mehr Militärkräfte aufgerufen werden müssen. Trump war der Grund, wieso es überhaupt zu den Protesten gekommen ist. Er will sicher, dass sich die Demonstrationen jetzt auflösen. Nicht dem Frieden zuliebe, sondern um zu zeigen, dass sein Vorgehen das Richtige war.
In letzter Zeit scheint Trump von einem Streit zum nächsten zu gehen. Vor dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom war sein einstiger Vertrauter Elon Musk sein Erzfeind. War das Ende der «Bromance» absehbar?
Schon zu Beginn dieser Beziehung habe ich mich – wie wohl viele andere – gefragt, wie lange das gut geht. Rein rechtlich hatte die Anstellung von Musk durch Trump schon immer ein Ablaufdatum. Dass der Tech-Milliardär einigermassen ernüchtert über den Verwaltungsapparat der Regierung sein wird und er auch innerhalb der Republikanischen Partei auf Widerstand stossen wird, war zudem absehbar. Dass es so schnell aber auch zu einem persönlichen Bruch kommt, haben wohl die wenigsten vorausgesehen.
Hat der Streit noch Eskalationspotenzial?
Beiden ist zuzutrauen, dass sie die Situation eskalieren lassen – und sie trauen es auch einander zu. Donald Trump hat Elon Musk zum Beispiel gewarnt, er solle es besser unterlassen, die Demokraten zu unterstützen. Musk wiederum hat kein Interesse daran, Verträge seiner Firma SpaceX mit Bundesbehörden wie der Nasa zu gefährden. Beide wissen, dass sie einander schaden könnten. Daher ist anzunehmen, dass sie sich darauf beschränken werden, sich aus der Distanz anzuknurren.
Beim Thema Handelskriege hat Trump sich in letzter Zeit beruhigt. Woran liegt das?
Es findet sehr viel statt, von dem wir gar nichts mitbekommen. Wir wissen lediglich, dass gerade auch von Schweizer Seite her viel gearbeitet und verhandelt wird. Aktuell rechnet man damit, dass die Zollpausen, die noch bis zum Sommer gelten, nochmals verlängert werden müssen, weil so viel parallel läuft. Allgemein hat Trump im Moment einfach zu viele Herde auf einmal an. Er kann nicht alles gleichzeitig in den Vordergrund schieben.
Wir sind immer noch in den ersten Monaten der zweiten Trump-Präsidentschaft. In der Zeit hat Trump neben allem angesprochenen unter anderem auch Streit mit Elite-Universitäten begonnen und Reiseverbote für rund ein Dutzend Länder ausgesprochen. Was ist Trumps Ziel?
In erster Linie will er seine Wahlagenda durchsetzen und die präsidiale Macht ausweiten und umgestalten. Vieles hat er schon abgearbeitet.
Zum Beispiel?
Das Versprechen, in der Migrationspolitik hart durchzugreifen, wird derzeit umgesetzt – wir stecken mittendrin. Auch die DEI-Massnahmen, die auf Bundesebene nicht mehr gelten, sowie der Ausschluss von Trans-Personen im Sport sind bereits abgehakt – um nur einige Beispiele zu nennen.
Viele dieser Massnahmen wurden aber angefochten.
Genau. Weil Trump so vieles per Dekret bestimmt hat, wird das Oberste Gericht, der Supreme Court, im Juli wohl viele Urteile sprechen.
Wird sich Trump an die Urteile halten, wenn sie nicht in seinem Sinne ausfallen?
Das wird der Moment, wo wir sehen werden, ob er auch aus konservativer Sicht die rote Linie überschreitet. Wahrscheinlich wird er mit einigen seiner Projekte am konservativen Supreme Court scheitern. Dann wird die Regierung ihr wahres Gesicht zeigen müssen.
Und dann? Wie wird sich die Trump-Präsidentschaft in den nächsten Monaten entwickeln?
Das Tempo der Veränderung wird langsamer.
Wieso?
Erstens hat Trump seine Agenda schon sehr stark abgearbeitet. Vieles muss jetzt noch sauber umgesetzt werden. So zum Beispiel die ganzen Zollkonflikte. Es muss jetzt Abkommen geben mit den wichtigsten Handelspartnern. Zweitens blickt der Präsident auf die Zwischenwahlen im kommenden Jahr. Überforderte und frustrierte Wähler werden nicht für die Partei des Präsidenten stimmen. Das weiss auch Donald Trump. Darum ist wohl auch das Tempo jetzt am Anfang so hoch gewesen. So kann er sagen, er habe seine Versprechen gehalten. (baslerzeitung.ch)
Nichts ist besser.
Er hätte seine Versprechen gehalten?
Wo ist denn das goldene Zeitalter? Der Krieg in der Ukraine?
Er hält seine Versprechen in Ergebnissen nicht.
Nichts funktioniert.
Und er? Glaubt seine Lügen. Die Zahlen gehen durch die Decke.
Der Feind hat den POTUS im Griff.
Was soll diese Schön Färberei?