Seine letzten Worte gingen um die Welt. In den knapp fünf Minuten, in denen George Floyd unter dem Knie des Polizisten Derek Chauvin um seine Leben kämpfte, sagte er:
«Es ist mein Gesicht, Mann
Ich hab nichts Schlimmes gemacht, Mann
Bitte
Bitte
Bitte, ich kann nicht atmen
Bitte, Mann
Bitte, irgendjemand
Bitte, Mann
Ich kann nicht atmen
Ich kann nicht atmen
Bitte
Mann, ich kann nicht atmen, mein Gesicht
Stehen Sie auf
Ich kann nicht atmen
Bitte, ein Knie auf meinem Nacken
Ich kann nicht atmen
Scheisse
Ich werde
Ich kann mich nicht bewegen
Mama
Mama
Ich kann nicht
Mein Knie
Mein Nacken
Ich kann nicht mehr
Ich kann nicht mehr
Ich habe Platzangst
Mein Bauch tut weh
Mein Nacken tut weh
Alles tut weh
Ein Schluck Wasser oder so was
Bitte
Bitte
Ich kann nicht atmen, Officer
Bringen Sie mich nicht um
Sie werden mich umbringen, Mann
Kommen Sie schon, Mann
Ich kann nicht atmen
Ich kann nicht atmen
Sie werden mich umbringen
Sie werden mich umbringen
Ich kann nicht atmen
Ich kann nicht atmen
Bitte, Sir
Bitte
Bitte
Bitte, ich kann nicht atmen.»
Millionen von Menschen haben sich die brutale Szene auf dem Video angesehen, als George Floyd sein Leben verlor. Der Tod des Afroamerikaners löste Proteste aus, die sich über den ganzen Globus verbreiteten.
Doch wer war George Floyd, dessen Namen mittlerweile die halbe Welt kennt?
>>> Hier geht es zur Liveübertragung von George Floyds Beerdigung
Floyd verbrachte die meiste Zeit seiner Jugend und Kindheit in Houston. Er wuchs im Stadtteil «Third Ward» auf, der hauptsächlich von Afroamerikanerinnen und Afroamerikanern bewohnt wird. Armut und Gewalt prägten das Bild des Quartiers. Seine Mutter, die vor zwei Jahren verstarb, zog Floyd alleine gross.
Die New York Times sprach mit verschiedenen Wegbegleitern des Verstorbenen. Demnach war Floyd einer, der immer versuchte, gute Stimmung zu verbreiten. Wenn seine Football-Mannschaft ein Spiel verloren habe, dann habe Floyd seine Kameraden immer kurz trauern lassen, nach wenigen Minuten aber wieder Witze gerissen, erinnert sich Herbert Mouton, der heute 45 Jahre alt ist. «Er wollte nie, dass wir uns zu lange schlecht fühlen.»
Ein anderer Freund, Jonathan Veal, erinnert sich an die Träume, die Floyd im Abschlussjahr an der Highschool hatte. «Ich will die Welt berühren», soll er Veal gesagt haben. «Es war einer der ersten Momente, an die ich mich erinnerte, nachdem ich erfahren hatte, was mit ihm geschehen war», sagt Veal heute. «Damals konnte er sich nicht vorstellen, dass die Welt auf diese tragische Weise seinen Namen erfahren würde.»
Damals in der Highschool wollte Floyd durch den Sport «die Welt berühren». Nicht zuletzt dank seiner Grösse, Floyd war fast zwei Meter gross, war er im Sport sehr erfolgreich. Ein Video, das nach seinem Tod im Netz zirkulierte, soll Floyd zeigen, wie er 1992 einen Touchdown landete, der seinem Football-Team half, die Staatsmeisterschaften zu gewinnen.
Here’s George Floyd scoring a touchdown in ‘92. What a play. Yates HS game hero.
— Courtney Fischer (@CourtneyABC13) May 27, 2020
Probably seems like a lifetime ago to Floyd’s family and friends.
Now, they’re planning his funeral while protestors march in his name. #georgefloyd #abc13 https://t.co/v7hWULfled pic.twitter.com/S5RLFM1Pwh
Floyd trumpfte nicht nur im Football, sondern auch im Basketball. Dank seiner sportlichen Begabung erhielt Floyd sogar ein Stipendium und schaffte es ans College.
Dank des Stipendiums verliess Floyd seine Heimat Houston in Richtung Florida. Lange blieb er jedoch nicht am College, er kehrte zurück, ohne einen Abschluss zu machen. Nach seiner Rückkehr nach Houston versuchte sich Floyd als Rapper und kam immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt.
Etwa im Jahr 2004, als er kriminell wurde und für einen Zehn-Dollar-Drogendeal zehn Monate ins Gefängnis musste. Floyd beging nicht nur kleinere Diebstähle und Drogendelikte, sondern war auch an einem grösseren Raubüberfall beteiligt. Zu fünft überfielen sie das Haus einer Frau. Einer der Mittäter gab sich als Mitarbeiter der Wasserwerke aus, um sich Zutritt in ihr Haus zu verschaffen. Floyd selber bedrohte das Opfer mit einer Waffe und wurde zu vier Jahren Haft verurteilt.
Nach seiner Gefängnisstrafe engagierte sich Floyd in einer Kirchgemeinde in Houston. Antrieb gab ihm dabei die Geburt seiner Tochter Gianna Floyd, die nach seinem Tod sagte: «Daddy hat die Welt verändert.»
Pastor Patrick Ngwolo erinnert sich in der New York Times an die vielen Gottesdienste, die auf einem Basketballcourt abgehalten wurden. «Wir haben die Leute auf dem Court in diesem alten Pferdetrog getauft. Und er hat das Ding immer allein auf den Court geschleppt.» Er sei eine Vaterfigur für die jüngeren Mitglieder gewesen, so Ngwolo.
Dann kam die Entscheidung, nach Minnesota umzuziehen. Mithilfe eines christlichen Programms wollte Floyd dort den Neustart wagen.
Anfang 2017 startete Floyd als Sicherheitsmitarbeiter bei einer Einrichtung für Obdachlose. Er fiel dabei auf, wie er die Mitarbeitenden des Heimes immer bis zum Auto begleitete. Dennoch schaute sich Floyd nach anderen Job-Möglichkeiten um und wurde Türsteher bei einer Bar.
Der Besitzer der Bar, Jovanni Thunstrom, sagt über Floyd: «Ich habe seine Einstellung sofort gemocht. Er war einer, der deine Hand mit beiden Händen schüttelt. Er verneigte sich, um dich zu grüssen.» Floyd habe sich schnell ins Team eingefügt, so Thunstorm.
Doch dann kam die Coronakrise und die traf Floyd doppelt hart. Nicht nur infizierte er sich selbst mit dem neuartigen Virus, er verlor auch seinen Job, da alle Bars und Restaurants in Minnesota schliessen mussten.
Dennoch gab Floyd nicht auf. Zusammen mit seiner Freundin wollte er ein Restaurant mit dem Namen «Convict Kitchen», «Verurteilten-Küche», eröffnen. Darin sollten Gerichte angeboten werden, die ihn an die Zeit im Gefängnis erinnern sollten.
Doch sein Traum sollte nie Realität werden. Am 25. Mai versuchte Floyd, mit einer mutmasslich gefälschten 20-Dollar-Note Zigaretten zu kaufen. Die Laden-Mitarbeiter riefen die Polizei – wenig später war er tot.
Am Dienstag dem 9. Juni wird Floyd in Houston neben seiner Mutter beigesetzt. Nach ihr hatte er in seinen letzten Minuten gerufen, ehe er nicht mehr atmen konnte. (cma)
Da bettelt ein Mensch um sein Leben...
Es tut mir so so Leid!