«Ich wollte unbedingt hier sein» – grosse Proteste in USA gegen Donald Trump
Peggy Greco ist es eigentlich nicht zum Lachen zumute. «Ich fühle mich weitgehend machtlos», sagt die 69-Jährige, die in einem konservativen Landstrich Amerikas wohnt, in dem Donald Trump immer noch König ist.
Am Samstag aber ist Greco nicht allein. Als Clown verkleidet – buntes Kostüm, farbige Haare und rote Nase – sitzt sie neben ihrem Mann in der Nähe des Kapitols in Washington am Strassenrand und hält ein Plakat in der Hand. Auf diesem ist zu lesen: «Wenn man einen Clown wählt, bekommt man einen Zirkus.»
Damit entlockt Greco den Zehntausenden von Menschen, die sich in der Hauptstadt zum zweiten landesweiten Aktionstag gegen Trump versammelt haben, immer wieder ein Grinsen oder ein zustimmendes Nicken. Und das ist, in Zeiten wie diesen, viel wert, wie Greco im Gespräch sagt.
Senator bezeichnet Protest als «grundlegend»
So wie Greco dachten am Samstag viele Amerikanerinnen und Amerikaner. Landesweit demonstrierten angeblich rund 7 Millionen Menschen in grossen Städten und kleinen Dörfern gegen Trump. Sie protestierten gegen die Migrationspolitik des Präsidenten, die Einsparungen im Bundeshaushalt und den Shutdown, die andauernde Schliessung der Amtsstuben.
Vor allem aber demonstrierten die Menschen gegen das Machtgehabe des Präsidenten, der sich mit einer gewissen Regelmässigkeit über die demokratischen Spielregeln der USA hinwegsetzt. «No Kings Day», lautete denn auch das Motto der Proteste, ein Verweis auf den Gründungsmythos der ältesten verfassungsrechtlichen Republik dieser Welt.
Der demokratische Senator Cory Booker, der immer wieder als künftiger Präsidentschaftskandidat bezeichnet wird, bezeichnete den Protest im Gespräch mit CH Media als «grundlegend»: «Das Volk ist mächtiger als die Menschen an der Macht», sagte er. Booker, 56 Jahre alt, trug am Samstag ein T-Shirt mit dem Konterfei von John Lewis, einem legendären Bürgerrechtler und Abgeordneten. Lewis habe ihm gelehrt, wie wichtig friedlicher Protest sei, wenn es drauf ankomme, sagte Booker.
Republikaner warnten im Vorfeld vor Terroristen
Nebst vielen Plakaten mit lustigen, bissigen und bisweilen vulgären Sprüchen schwenkten in Washington auffallend viele Demonstranten eine amerikanische Fahne. «Wir müssen die Symbolik der amerikanischen Flagge zurückerobern», sagte eine Frau, die sich Angela nennt. Die Fahne stehe für ein Land, in dem das Recht auf freie Meinungsäusserung in der Verfassung verbrieft sei. Dazu gehöre auch Dissent, sagte sie – obwohl Trump seine Gegner immer wieder als antiamerikanisch beschimpfe.
In der Tat hatten führende Republikaner in den vergangenen Tagen in düsteren Tönen vor den Massendemonstrationen gewarnt. Der «No Kings Day» sei ein Tag für Menschen, die Amerika hassten, behauptete Mike Johnson, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses. Auch warnte Johnson vor linksradikalen Aktivisten der Antifa oder Sympathisanten der Terrororganisation Hamas, die angeblich die Proteste unterwandern würden.
Das sei ein lächerlicher Vorwurf, versicherten am Samstag viele Demonstranten im Gespräch. «Ich jedenfalls sehe keine Terroristen», sagte ein Mann. Eine andere Demonstrantin machte sich über die Angst der Republikaner vor Antifa lustig, in dem sie auf einem Plakat auf den Kriegsdienst ihres Vaters verwies – der im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gekämpft habe. In dem sie heute gegen Trump demonstriere ehre sie das Andenken eines echten Antifaschisten, schrieb die Frau.
Der Protest zog allerdings tatsächlich auch einige notorische Aktivisten an. Medea Benjamin von der Organisation Code Pink nutzte die Gelegenheit, um zusammen mit einem Mann im Trump-Kostüm vor einem Sturz des Regimes in Venezuela zu warnen. Sie sagte im Gespräch mit CH Media, dass der «No Kings Day» ein guter Ort für linke Gruppierungen sei, um neue Mitglieder anzuwerben. «Wenn Menschen mehr tun wollen als bloss zu marschieren», dann hätten sie hier Gelegenheit, sich zu informieren, sagte Benjamin.
Sie jedenfalls lasse sich vom Motto leiten «A protest a day keeps the facists away», sagte die Friedensaktivistin lachend. Auf Deutsch heisst das: Ein Protest pro Tag hält die Faschisten fern.
Der Mann, der im Zentrum des Protests steht, war allerdings am Samstag gar nicht in Washington. Trump spielte Golf in Florida, in der Nähe seines Anwesens Mar-a-Lago in Palm Beach. Er wollte erst am Sonntag wieder zurück in die Hauptstadt kommen. (aargauerzeitung.ch)