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«Ich wollte unbedingt hier sein» – grosse Proteste in USA gegen Trump

«Ich wollte unbedingt hier sein» – grosse Proteste in USA gegen Donald Trump

Millionen von Amerikanerinnen und Amerikaner haben am Samstag gegen den Präsidenten und seine Regierung demonstriert. Ein Augenschein in Washington.
19.10.2025, 06:0019.10.2025, 06:00
Renzo Ruf, Washington / ch media

Peggy Greco ist es eigentlich nicht zum Lachen zumute. «Ich fühle mich weitgehend machtlos», sagt die 69-Jährige, die in einem konservativen Landstrich Amerikas wohnt, in dem Donald Trump immer noch König ist.

epa12463246 People fill Pennsylvania Avenue, with the US Capitol in the background, during the 'No Kings' protest in Washington, DC, USA, 18 October 2025. The protest is part of a nationwide ...
Zehntausende von Menschen gingen am Samstag in Washington gegen Präsident Trump auf die Strasse.Bild: keystone

Am Samstag aber ist Greco nicht allein. Als Clown verkleidet – buntes Kostüm, farbige Haare und rote Nase – sitzt sie neben ihrem Mann in der Nähe des Kapitols in Washington am Strassenrand und hält ein Plakat in der Hand. Auf diesem ist zu lesen: «Wenn man einen Clown wählt, bekommt man einen Zirkus.»

Damit entlockt Greco den Zehntausenden von Menschen, die sich in der Hauptstadt zum zweiten landesweiten Aktionstag gegen Trump versammelt haben, immer wieder ein Grinsen oder ein zustimmendes Nicken. Und das ist, in Zeiten wie diesen, viel wert, wie Greco im Gespräch sagt.

«Ich wollte unbedingt hier sein: Eine stolze Amerikanerin, die ihr Land liebt und ihr Recht auf Protest wahrnimmt.»
washington protests no kings day trump
Peggy Greco (rechts) demonstriert zusammen mit ihrem Gatten Ken in Washington.Bild: chmedia/renzo ruf

Senator bezeichnet Protest als «grundlegend»

So wie Greco dachten am Samstag viele Amerikanerinnen und Amerikaner. Landesweit demonstrierten angeblich rund 7 Millionen Menschen in grossen Städten und kleinen Dörfern gegen Trump. Sie protestierten gegen die Migrationspolitik des Präsidenten, die Einsparungen im Bundeshaushalt und den Shutdown, die andauernde Schliessung der Amtsstuben.

Vor allem aber demonstrierten die Menschen gegen das Machtgehabe des Präsidenten, der sich mit einer gewissen Regelmässigkeit über die demokratischen Spielregeln der USA hinwegsetzt. «No Kings Day», lautete denn auch das Motto der Proteste, ein Verweis auf den Gründungsmythos der ältesten verfassungsrechtlichen Republik dieser Welt.

Der demokratische Senator Cory Booker, der immer wieder als künftiger Präsidentschaftskandidat bezeichnet wird, bezeichnete den Protest im Gespräch mit CH Media als «grundlegend»: «Das Volk ist mächtiger als die Menschen an der Macht», sagte er. Booker, 56 Jahre alt, trug am Samstag ein T-Shirt mit dem Konterfei von John Lewis, einem legendären Bürgerrechtler und Abgeordneten. Lewis habe ihm gelehrt, wie wichtig friedlicher Protest sei, wenn es drauf ankomme, sagte Booker.

cory booker
Cory Booker nahm ebenfalls an den Protesten teil.Bild: x

Republikaner warnten im Vorfeld vor Terroristen

Nebst vielen Plakaten mit lustigen, bissigen und bisweilen vulgären Sprüchen schwenkten in Washington auffallend viele Demonstranten eine amerikanische Fahne. «Wir müssen die Symbolik der amerikanischen Flagge zurückerobern», sagte eine Frau, die sich Angela nennt. Die Fahne stehe für ein Land, in dem das Recht auf freie Meinungsäusserung in der Verfassung verbrieft sei. Dazu gehöre auch Dissent, sagte sie – obwohl Trump seine Gegner immer wieder als antiamerikanisch beschimpfe.

A person holds an American flag before a "No Kings" protest Saturday, Oct. 18, 2025, in Chicago. (AP Photo/Nam Y. Huh)
US Protests Chicago
Eine Frau mit einer US-Flagge bei einem No-Kings-Protest.Bild: keystone

In der Tat hatten führende Republikaner in den vergangenen Tagen in düsteren Tönen vor den Massendemonstrationen gewarnt. Der «No Kings Day» sei ein Tag für Menschen, die Amerika hassten, behauptete Mike Johnson, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses. Auch warnte Johnson vor linksradikalen Aktivisten der Antifa oder Sympathisanten der Terrororganisation Hamas, die angeblich die Proteste unterwandern würden.

Speaker of the House Mike Johnson, R-La., and the GOP leadership talk to reporters about their positions on funding the government as the shutdown reaches the third week without a solution in sight, a ...
Mike Johnson unterstellt den Demonstrierenden, sie würden Amerika «hassen».Bild: keystone

Das sei ein lächerlicher Vorwurf, versicherten am Samstag viele Demonstranten im Gespräch. «Ich jedenfalls sehe keine Terroristen», sagte ein Mann. Eine andere Demonstrantin machte sich über die Angst der Republikaner vor Antifa lustig, in dem sie auf einem Plakat auf den Kriegsdienst ihres Vaters verwies – der im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gekämpft habe. In dem sie heute gegen Trump demonstriere ehre sie das Andenken eines echten Antifaschisten, schrieb die Frau.

Der Protest zog allerdings tatsächlich auch einige notorische Aktivisten an. Medea Benjamin von der Organisation Code Pink nutzte die Gelegenheit, um zusammen mit einem Mann im Trump-Kostüm vor einem Sturz des Regimes in Venezuela zu warnen. Sie sagte im Gespräch mit CH Media, dass der «No Kings Day» ein guter Ort für linke Gruppierungen sei, um neue Mitglieder anzuwerben. «Wenn Menschen mehr tun wollen als bloss zu marschieren», dann hätten sie hier Gelegenheit, sich zu informieren, sagte Benjamin.

Sie jedenfalls lasse sich vom Motto leiten «A protest a day keeps the facists away», sagte die Friedensaktivistin lachend. Auf Deutsch heisst das: Ein Protest pro Tag hält die Faschisten fern.

Der Mann, der im Zentrum des Protests steht, war allerdings am Samstag gar nicht in Washington. Trump spielte Golf in Florida, in der Nähe seines Anwesens Mar-a-Lago in Palm Beach. Er wollte erst am Sonntag wieder zurück in die Hauptstadt kommen. (aargauerzeitung.ch)

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111 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gina3
19.10.2025 06:38registriert September 2023
“Wir müssen die Symbolik der amerikanischen Flagge zurückerobern”.

Unbedingt!

Man darf Clown Trump und seinen Fanboys nicht das Urheberrecht an der amerikanischen Flagge überlassen. Man darf nicht zulassen, dass dia MAGAs die Regeln der Demokratie neu definieren, weil sie sie sinnlos machen.
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sinkflug
19.10.2025 07:31registriert Juli 2020
Wenn die Reps nun nervös werden, läuft’s genau richtig. Friedliche, aber laute Proteste, so trifft man ihre reaktionäre Agenda am besten. Millionen demonstrieren nun in den USA schon gewaltfrei gegen den aufkommenden Faschismus und hoffentlich werden es bald noch viel mehr. Dann wird auch der orange Clown diese Proteste gegen seine Politik nicht länger ignorieren können. Freude herrscht!
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Mentos
19.10.2025 07:52registriert Mai 2020
Die 'No-Kings'-Demonstrationen waren nicht nur ein starkes, friedliches Statement gegen die Trump-Administration und deren Basis, sondern auch ein Mobilisierungssignal für jene Demokraten und Liberalen, die bisher den Konflikt mit Trumps Machtapparat gescheut haben. Die kommenden Entwicklungen versprechen spannend zu werden.
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