Donald Trump liess die Welt bereits wissen, was er über Juan Merchan denkt, den Mann, vor dem er sich am Dienstag vor Gericht verantworten muss. «Er hasst mich», schrieb der angeklagte Ex-Präsident auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social.
Trump wird nicht müde, zu betonen, dass die Anklage gegen ihn politisch motiviert sei, wie auch seine Anhänger sieht er sich als Opfer einer Hexenjagd. Ob das Richter Merchan kümmert? Es ist kaum anzunehmen. Denn der 60-Jährige hat ein klares Profil und geniesst einen Ruf als harter, aber äusserst fairer Justizvertreter, der sich nicht beeinflussen lässt, auch wenn auf ihn persönlich abgezielt wird – so, wie es Trump jüngst tat.
Das sagen mehrere Anwälte und Staatsanwältinnen, die in früheren Fällen mit Merchan zu tun hatten, gegenüber CNN. Die Anwältin und ehemalige Bezirksstaatsanwältin von Manhattan Karen Friedman Agnifilo sagte dem US-Portal beispielsweise: «Merchan lässt sowohl Staatsanwälte als auch Angeklagte in seinem Gerichtssaal keinen Zirkus veranstalten.»
Er würde auf persönliche Attacken von Beteiligten schlicht nicht reagieren: «Ich glaube nicht, dass das für Donald Trump, der ihn bereits jetzt angreift, im Gerichtssaal viel Gutes bedeutet», so Agnifilo. Und weiter:
Anerkennend äussert sich auch ein Anwalt, der bereits in einen Prozess mit Trump-Verbindung verwickelt war: Nicholas Gravante vertrat Allen Weisselberg, Trump-Vertrauter und ehemaliger CFO der Trump Organization, der letztlich wegen schwerem Diebstahl, Steuerbetrug und Fälschung von Geschäftsunterlagen verurteilt wurde.
Gravante erklärte gegenüber CNN, dass Merchan als Richter effizient und praktisch arbeite. Und weiter:
Mehrere Anwälte äussern zudem, dass Merchan durchaus eine «mitfühlende» Seite habe. So neige er dazu, Urteile zu fällen, die Angeklagten eine zweite Chance geben, wenn er sie als aufrichtig empfinde.
Der heute 60-Jährige ist ein Einwandererkind aus Kolumbien. Geboren in der Hauptstadt Bogota, wanderte er im Alter von sechs Jahren mit seiner Familie in die USA aus, wie die New York Times schreibt. Dort wuchs er dann im New Yorker Stadtteil Queens, im Bezirk Jackson Heights, auf, ein zur Zeit seiner Jugend sozial schwaches Quartier, in dem viele Einwanderer lebten.
Merchans Werdegang gleicht der stereotypischen US-amerikanischen Tellerwäscher-Geschichte. Er war das jüngste von sechs Geschwistern, begann bereits im Alter von neun Jahren zu arbeiten und musste auch während seiner High-School-Zeit als Tellerwäscher Geld verdienen, um seiner Familie zu helfen, das Überleben zu sichern.
Er war dann der erste seiner Familie, der aufs College ging, später studierte er Jura an der Hofstra University auf Long Island. Merchan arbeitete sich über die Jahre hoch, ehe er 2009 zum Richter am Obersten New Yorker Gerichtshof berufen wurde. Dort gilt er jetzt als einer der angesehensten Justizvertreter und urteilte über die Jahre schon mehrfach in aufsehenerregenden Fällen.
Nun steht Merchan aber der mit Abstand medienwirksamste Prozess seiner Karriere bevor – die Fähigkeit, in seinem Gerichtssaal keinen Zirkus zu dulden, dürfte ihm dabei wohl auch so sehr zugutekommen wie noch nie zuvor.
Na dann. Zum Glück steht Trump orange. Denn ein fairer Richter, bei dem man mit Aufrichtigkeit und nicht mit Mätzchen weiterkommt, ist für Trump der Supergau.