Seit Donald Trump und seine Entourage in den Vereinigten Staaten an der Macht sind, weht ein anderer Wind. Innenpolitisch mit der Zerschlagung und Aushöhlung demokratischer Institutionen. Aussenpolitisch mit einer hauruckartigen Marschrichtung, bei der niemand genau weiss, wo sie hinführen wird. Ob die USA noch die Führer der freien Welt sein wollen oder deren Abrissbirne, ist unklar. Wegen all der erratischen Entscheide schwanken die globalen Börsenkurse ständig.
Auch kulturell ist der Trump-Impact spürbar: Die kurzen Jahre der sogenannten Wokeness sind vorbei, bei US-Regierungserklärungen verschwinden bereits Begriffe wie «Rassismus» oder «Inklusion». In Hollywood ist es weiterhin recht still, eine Allianz gegen den schleichenden Staatsumbau hat sich noch keine geformt. Und das wird womöglich in Zukunft so bleiben, die Zeichen stehen eher auf Kuschelkurs. Erstes Anzeichen: Die grossen Streamingdienste dienen sich der Agenda des neuen Präsidenten an.
Letztes Jahr warf «The Apprentice» einen kritischen Blick auf Donald Trump. Der Spielfilm beleuchtet den Werdegang des vom Vater verachteten jungen Geschäftsmanns, der sich seine manichäischen Mafia-Methoden von seinem Mentor Roy Rohn abschaut – bis der Schüler seinen Meister in Sachen Rücksichtslosigkeit übertrumpft. Zwei Oscar-Nominationen gab es, für Hauptdarsteller Sebastian Stan und für Jeremy Strong, der den fiesen Anwalt Cohn verkörpert.
Netflix hätte den Film des Iraners Ali Abbasi vertreiben können, entschied sich jedoch dagegen. Stattdessen stärkt der Streamer nun den Comedian Tony Hinchcliffe. Drei improvisierte Comedy-Specials sind geplant, das erste für den 7. April. Hinchcliffe hatte im Herbst an einer Trump-Wahlkampfveranstaltung selbst im eigenen Lager Aufsehen und Abscheu erregt, als er das US-Aussenterritorium Puerto Rico als «schwimmende Müllkippe» bezeichnete. Auch in seinen Stand-up-Shows schert sich der Komiker null um Political Correctness.
Hiess es also in den letzten Jahren bei den Streamern ganz en vogue Woke, ist jetzt plötzlich «Go woke, go broke» angesagt. Überraschend? Nein, konsequent: Wokeness war in erster Linie ein Geschäftsmodell. Wer ernstlich denkt, dass es irgendeinem Konzern primär aus gutem Gewissen um Inklusion, Diversität oder Gleichstellung gegangen wäre, glaubt auch daran, dass der Osterhase die bunten Eier bringt.
Natürlich zeigen die Streamer kein politisches Rückgrat, wenn die Zeiten sich ändern. Wozu auch? Es geht ihnen nicht um eine bessere Welt, sondern um höhere Dividende. Trump mit seinem «Art of the Deal» hat verstanden, dass Moneten die Moral um Längen schlagen.
Im gnadenlosen Konkurrenzkampf dreht sich bei den Streamern alles um Klickzahlen, Massentauglichkeit und Aufmerksamkeit. Dafür ist jedes Mittel recht. Konnte Barack Obama einst als prominentes Netflix-Zugpferd gewonnen werden, tut man nun alles dafür, um es sich mit Trump nicht zu verscherzen.
Das sieht auch Amazon-Besitzer Jeff Bezos so: Für seinen hauseigenen Dienst Prime Video holt der Milliardär «The Apprentice» ins Programm. Allerdings nicht den kritischen Spielfilm, sondern die Realityshow, in der der heutige Präsident Geschäftsmodelle bewertete. Zudem produziert Amazon eine Doku über die First Lady Melania Trump. Regie führt Brett Ratner, der seit Jahren wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung Persona non grata in Hollywood ist.
Doch die mit vorauseilendem Gehorsam betriebene Annäherung an die MAGA-Bewegung hat auch andere Auswirkungen: So sind seit neuestem die Triggerwarnungen bei Disneys Streamingportal Disney+ wieder auf ein Mass zurechtgestutzt, das die Zuschauer nicht völlig infantilisiert. Solche Warnungen waren in den letzten Jahren Zeichentrickklassikern wie «Dumbo» oder «Peter Pan» vorangestellt worden.
Dabei wurde wortreich für die anachronistische, aus heutiger Sicht teils rassistische Darstellung einzelner Disney-Charaktere um Abbitte gebeten und zum Dialog angeregt (wie auch immer dieser in der Praxis hätte aussehen sollen). Nun heisst es kurz: «Dieses Programm wird in seiner ursprünglichen Fassung präsentiert und kann Stereotype oder negative Darstellungen beinhalten.» Das genügt vollkommen. (aargauerzeitung.ch)
Ist es nicht das was uns beunruhigen sollte?
Medienunternehmen sollten für ihre Kundschaft produzieren und nicht die Regierung.
Vorsicht, enthält Spuren von Ironie.