Donald Trump wurde vom Obersten US-Gerichtshof Immunität für offizielle Amtshandlungen als Präsident eingeräumt – jedoch nicht als Privatperson. Diese Konstellation wollen sich die US-Strafverfolgungsbehörden, federführend ist Sonderermittler Jack Smith, zunutze machen, um den Ex-Präsidenten doch noch für seine Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zu belangen.
Trump wird vorgeworfen, wissentlich Falschinformationen verbreitet, die Lage angeheizt und damit eine Verschwörung orchestriert zu haben, um trotz Wahlniederlage an der Macht zu bleiben.
Nun hat die US-Bundesrichterin Tanya Chutkan einen 165-seitigen Bericht von Sonderermittler Smith freigegeben, der im Detail beschreibt, was Trump getan haben soll und wie die Ermittler seine Schuld beweisen wollen: Einerseits bezüglich der Verschwörung, andererseits wie er diese Handlungen als Privatperson und nicht als Präsident vorgenommen hat – das ist die Grundlage, dass es überhaupt zu einer Anklage kommen kann.
Hinweis: Viele der neu aufgebrachten Details beziehen sich auf Zeugen als Quellen. Diese wurden im Bericht zu einem grossen Teil anonymisiert.
Interessante neue Details gibt es rund um die Situation mit Trumps damaligem Vize-Präsidenten Mike Pence, wie die «New York Times» schreibt. Pence weigerte sich am 6. Januar 2021, den Wahlsieg Joe Bidens für ungültig zu erklären, und stellte sich damit gegen Trump, der behauptete, die Wahl sei gestohlen gewesen.
Trump twitterte am Nachmittag des 6. Januars – die Horde von Trump-Anhängern befand sich bereits vor dem Kapitol –, Pence habe «der Mut gefehlt, das Richtige zu tun». Pence habe sie alle im Stich gelassen. Der Mob wurde daraufhin wütend auf den Vize-Präsidenten und stürmte wohl unter anderem deswegen das Kapitol. Pence wurde vom Secret Service in Sicherheit gebracht.
Trump soll sich dem Bericht zufolge zu diesem Zeitpunkt in seinem Esszimmer befunden haben und dabei sein Handy bedient und Fox News geschaut haben. Das FBI habe im Zuge der Ermittlungen dank Protokollen rekonstruieren können, wie Trump am 6. Januar sein Handy benutzte, heisst es weiter.
Er war demzufolge über die unmittelbaren Ereignisse vor dem Kapitol informiert, als er den Tweet zu Pence absetzte. Kurz darauf sei ein Mitarbeiter Trumps herbeigeeilt, der den Ex-Präsidenten auf die unmittelbare Gefahr, in der sich Mike Pence befand, aufmerksam gemacht haben soll. Trump soll den Mitarbeiter emotionslos angeschaut und gesagt haben:
Gemäss weiteren Erkenntnissen des Sonderermittlers hat Trump bereits vor der Wahl entschieden, im Falle einer Niederlage zu lügen und zu behaupten, die Wahl sei gestohlen geworden.
Einerseits sei er von seinen Beratern darauf hingewiesen worden, dass das definitive Ergebnis wegen der Briefwähler nicht am Wahltag selbst bekannt sein werde. Trump habe daraufhin gesagt, dass er seinen Sieg so oder so verkünden werde, bevor die Stimmen vollständig ausgezählt seien.
Ein weiterer privater Berater hat dem Dokument zufolge Trumps Strategie drei Tage vor der Wahl wie folgt beschrieben:
Trump behauptete immer wieder, die Demokraten hätten versucht, die Wahl im November 2020 zu manipulieren und Wählerinnen und Wähler von der Stimmabgabe abzuhalten. Beweise dafür gibt es keine.
Gemäss dem Bericht von Sonderermittler Smith ist es andersrum: Das Trump-Lager soll genau diese Methoden anzuwenden versucht haben. In Philadelphia haben demzufolge Wahlkampfhelfer von Trump probiert, «Chaos zu stiften» und «Konfrontationen zu provozieren». Dadurch hätten sie im Anschluss behaupten können, dass seinen Wahlbeobachtern der Zugang zu den Wahlzentren verwehrt worden sei und es sich damit um Wahlbetrug handle.
Bei Tumulten rund um das Stimmbüro in der Stadt Detroit sei weiter ein Wahlkampfmitarbeiter Trumps darauf aufmerksam gemacht worden, dass es zu ernsthaften Ausschreitungen kommen könnte. Er habe daraufhin gerufen:
Dass Trump als Privatperson und nicht offiziell als Präsident gehandelt hat, sollen unter anderem Aussagen beweisen, die er gegenüber Familienmitgliedern gemacht hat. So gab ein ehemaliger Mitarbeiter aus dem Oval Office an, er habe gehört, wie Trump zu seiner Tochter Ivanka und seinem Schwiegersohn Jared Kushner nach der Wahl gesagt habe:
Einerseits soll die Aussage beweisen, dass Trump bewusst gelogen und den vermeintlichen Wahlbetrug erfunden hat. Andererseits soll die Aussage gegenüber Familienmitgliedern, die für ihn Wahlkampf betrieben hatten, klar machen, dass Trump als Privatperson, die einen Wahlkampf geführt hatte, und nicht offiziell als Präsident gehandelt haben soll.
CNN und die New York Times haben den Bericht von Sonderermittler Smith genau unter die Lupe genommen. Hier (CNN) und hier (New York Times) sind weitere Vorwürfe detailliert beschrieben.
Das Lager von Donald Trump wehrte sich gegen die Publikation des ausführlichen Berichtes. Mit der Veröffentlichung von Zeugenaussagen, die bisher unter Verschluss gehalten wurden, wollten die Involvierten die Wahlen in gut einem Monat beeinflussen. Das sei die wahre Motivation – und nicht etwa der Wille zur Transparenz, so Trump selbst.
Nachdem der Protest erfolglos blieb und lediglich einige Passagen, Namen und Quellen geschwärzt oder gestrichen wurden, wurde das Dokument veröffentlicht. Trumps Wahlkampfsprecher Steven Cheung behauptete erneut, dass das Justizministerium die Informationen als «Waffe» gegen Trump einsetzen wolle und es sich um eine von der Biden-Regierung orchestrierte «Hexenjagd» handle.
Trotzdem hoffe ich auf einen demokratischen Erdrutschsieg im November, damit Kamala Harris zusammen mit den vernünftigen Reps, die noch da sind, SCOTUS und die anderen Missstände reparieren kann.