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What? Trump gibt plötzlich zu, dass die «Big Lie» eine Lüge war

Republican presidential nominee former President Donald Trump speaks during a news conference held at Trump Tower, Friday, Sept., 6, 2024 in New York. (AP Photo/Stefan Jeremiah)
Was denn nun? Donald Trump schwenkt nach vier Jahren vom Big-Lie-Narrativ ab. Bild: keystone

What? Trump gibt plötzlich zu, dass die «Big Lie» eine Lüge war

Jahrelang hat Donald Trump die Mär von der «Big Lie» verbreitet. Also, dass er die Wahl im Jahr 2020 gegen Joe Biden eigentlich gewonnen und man sie ihm gestohlen hätte. Nun irritiert der Republikaner mit neuen Aussagen, die seine eigene Geschichte untergraben.
08.09.2024, 08:2408.09.2024, 12:20
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Bei Donald Trump weiss man nie, was man bekommt, aber dafür mit Sicherheit, dass es sich ziemlich häufig um etwas anderes als die Wahrheit handelt. Das zeigen jüngste Aussagen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten in einem Podcast einmal mehr deutlich auf.

Beim russisch-US-amerikanischen Podcaster Lex Fridman sprach Trump vor kurzem über den Wahlkampf gegen seine demokratische Gegenspielerin Kamala Harris. Dabei ging es unter anderem auch um die Wahl im Jahr 2020, wo Trump recht deutlich gegen Joe Biden verlor und seinen Posten im Weissen Haus nach vier Jahren räumen musste.

Trump wurde daraufhin in den vergangenen vier Jahren nicht müde zu betonen, dass ihm der Sieg gestohlen wurde. Diese Erzählung, für die es bis heute keine Beweise gibt, hat sich unter Teilen von Trumps Anhängern als «Big Lie» etabliert. Sie sind felsenfest davon überzeugt, dass Trump eigentlich mehr Stimmen als Joe Biden geholt hatte und ihnen der Sieg von den Demokraten geklaut worden war. Den offiziellen Ergebnissen zufolge hat Trump 2020 insgesamt um die 74 Millionen Stimmen erhalten, Joe Biden holte circa deren 81 Millionen.

Umso irritierender ist nun, dass Trump im eingangs erwähnten Podcast plötzlich von seinem Narrativ abweicht. Er gestand nun nämlich ein, dass er «nur um Haaresbreite verlor» – also ein klarer Widerspruch zur Erzählung, wonach er um den Sieg betrogen wurde.

Wie die NZZ berichtet, hat Trump dieselben oder ähnliche Aussagen mindestens dreimal in den vergangenen Tagen gemacht. Nach dem Podcast-Interview bei Fridman auch während Wahlkampfevents im Süden der USA und in Florida.

Dass Trump nun plötzlich umschwenkt, stösst einigen seiner einst treuesten Unterstützer sauer auf. So bezeichnet ihn der rechtsextreme Antisemit und Holocaustleugner Nick Fuentes als «Betrüger» und «Verlierer». In einem Video auf X zeigt er auf, wie widersprüchlich und sinnbefreit es aus Sicht des Trump-Lagers ist, nach vier Jahren vom Big-Lie-Narrativ abzuweichen.

«Es ist Bullshit. Sie haben aufgegeben. Alles, was MAGA repräsentiert hatte, ist nicht mehr. Es ist einfach nur traurig.»

(...)

«Er gibt es zu. Also, was war überhaupt der Punkt. Du gibst zu, dass du 2020 gegen Joe Biden verloren hast? Dann bist du wirklich ein Verlierer.»

Auch wenn von Fuentes in der Regel wenig Konstruktives zu vernehmen ist, so hat er in diesem Fall recht. Es ist kaum nachvollziehbar, warum Trump plötzlich zugibt, dass seine Big Lie nichts anderes war als das, was ihr Name besagt: eine grosse Lüge. Allerdings eine von jener Person, die die Geschichte in die Welt gesetzt hat.

Es ist genauso paradox, wie es klingt: Weshalb der ganzen Welt bewusst vier Jahre lang etwas vorlügen, um dann, wenn es nochmals ernst gilt, plötzlich zuzugeben, dass man gelogen hat?

Doch es sind nicht nur die neuen Widersprüche selbst, die Trumps Reputation ausnahmsweise wirklich schaden könnten. Das Eingeständnis könnte auch rechtliche Folgen haben. Eine neue Anklage des US-Justizdepartements wegen der Ereignisse rund um den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und das Verhalten Trumps nach seiner Niederlage bei der Wahl steht bevor.

Sonderermittler Jack Smith will Trump drankriegen, indem er zu beweisen versucht, dass dieser als Präsidentschaftskandidat versucht hatte, sich widerrechtlich an der Macht zu halten, indem er eine «Verschwörung» betrieb.

Beispielsweise, indem er unaufhörlich die Theorie der Big Lie verbreitete, obwohl er genau wusste, dass es sich um nichts anderes als eine Verschwörungstheorie handelte. Mit seinem Eingeständnis könnte Trump Smith also neues Material liefern.

Das sieht auch der einstige Trump-Jünger Fuentes so:

«Wenn er jetzt eingesteht, dass er wirklich verloren hat, dann zeigt er, dass die Klage des Justizdepartements gegen ihn gerechtfertigt ist. Weil die Anklage besagt, dass er wusste, dass er verloren hatte, aber er log, um die Leute zu betrügen.»

Weshalb Trump plötzlich zugibt, dass er verloren hat, weiss also wohl nur er selbst. Wobei selbst das angesichts einiger verwirrender und zusammenhangloser Aussagen in jüngerer Vergangenheit infrage gestellt werden darf:

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194 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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The Twelfth
08.09.2024 08:49registriert Juni 2020
Er hat die nächste Phase eingeleitet: auf unzurechnungsfähig zu plädieren, um den Lebensabend nicht im Gefängnis verbringen zu müssen.
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frau süss
08.09.2024 08:53registriert März 2014
ach falls ihm die aussage nicht mehr in den kram passt, wird er sich wohl nicht mehr daran erinnern, dass er das gesagt hat. er macht sich seine welt, wie es ihm gefällt.
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Jacques #23
08.09.2024 08:53registriert Oktober 2018
Entweder gibt er geistig immer mehr ab und oder hat keine Kraft mehr für die Big Lie. Ich wette, er ist gedopt bei Rallies etc.

Oder er will milde bei der Justiz erreichen, indem er plötzlich kooperiert.

Sein einziges Ziel ist, dass er nicht in die Kiste kommt.

Er braucht eine Alternative zum Wahlsieg, Biden hat den perfekten Move gemacht (Biden spielt perfekten Pass und Harris versenkt).
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