Der Stadtflughafen von Washington – der mit vollem, sperrigem Namen Ronald Reagan Washington National Airport heisst – ist eine Besonderheit. Er liegt buchstäblich einen Steinwurf entfernt vom Zentrum der amerikanischen Hauptstadt, auf der anderen Seite des Flusses Potomac im Bundesstaat Virginia.
Wer schon einmal auf dem Reagan National Airport gelandet ist, der weiss: Der Anflug erfolgt jeweils in einem weiten Bogen über die Hauptstadt, und wer Glück hat, kann einen direkten Blick auf das Weisse Haus, die historischen Denkmäler in Washington oder das monströse Hauptquartier des Verteidigungsministeriums erhaschen. Am Mittwoch kollidierte während dieses Anflugs ein Passagierflugzeug, das in Wichita (Kansas) gestartet war, direkt beim Flughafen mit einem Militärhelikopter. Die beiden Luftfahrzeuge stürzten in den Potomac, 67 Menschen starben. Die Ursachen des Zusammenstosses sind unklar.
Die bevorzugte Lage des Reagan National Airport – 15 Autominuten vom Stadtzentrum entfernt – erklärt vielleicht auch, warum der Flughafen derart beliebt ist. Obwohl der Airport aufgrund von Vorgaben des nationalen Parlaments vornehmlich Inlandflüge abwickelt, gehört er zu den 25 grössten Flughäfen im Land. Und jedes Jahr scheint das Passagiervolumen stark zu wachsen, auch dank neuer Terminals und effizienter Abfertigungsprozeduren.
Mit dem Erfolg kommen aber auch die Probleme. Lokale Politiker sagen schon lange, dass der Reagan National Airport die Kapazitätsgrenze erreicht habe. In Spitzenzeiten landet und startet auf der Hauptlandebahn jede Minute ein Flugzeug. Die Piste gilt deshalb als verkehrsreichster «Runway» in Amerika.
Hinzu kommen die speziellen Sicherheitsvorkehrungen rund um den Flughafen, der direkt neben dem Pentagon liegt und nur fünf Kilometer vom Weissen Haus entfernt ist. Der Luftraum über Washington ist ein Gebiet mit weitgehenden Flugbeschränkungen («Restricted Airspace»). Zivile Flugzeuge müssen sich deshalb in engen Korridoren bewegen, um keinen Alarm auszulösen. Private Drohnen sind verboten.
Das hat mit der Sicherheitslage zu tun, besteht doch nicht erst seit den Anschlägen vom 11. September 2001 das Risiko, dass Terroristen ein Flugzeug ins Weisse Haus oder ins Capitol steuern. Es hat aber auch damit zu tun, dass im Grossraum Washington ständig Militärhelikopter unterwegs sind. Sie fliegen dicht den Autobahnen entlang oder schwirren über den Potomac; selbst langjährige Bewohner der Metropole fühlen sich manchmal wie in einem Kriegsfilm, wenn sie auf der Fahrt nach Washington von einem Geschwader von schwarzen Militärhelikoptern begleitet werden.
Angesichts dieser besonderen Ausgangslage kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. Zuletzt war davon ein prominenter Fluggast betroffen: Im September 2024 verletzte ein Flugzeug mit dem heutigen Vizepräsidenten JD Vance an Bord die Vorgaben der Luftfahrtbehörden.
Nach dem Start am Reagan National Airport machte das Flugzeug nicht umgehend eine starke Linkskurve und flog in eine Zone über Washington, in der sich keine zivilen Flugzeuge aufhalten dürfen. Der Tower machte den Piloten des Flugs Eastern Express 917 umgehend auf diese Verletzung aufmerksam und forderte ihn auf, sich nach der Landung mit den zuständigen Behörden in Verbindung zu setzen.
Trotz dieser höchst speziellen Situation sind Flugzeugunglücke in Washington eine Seltenheit. Die Kollision vom Mittwoch erinnert an einen Absturz im Januar 1982, als eine Maschine der damaligen Fluggesellschaft Air Florida nach dem Start eine Autobahnbrücke beim Flughafen Reagan National Airport streifte und ins eiskalte Wasser des Potomac stürzte. 78 Menschen wurden getötet; 9 Menschen überlebten die Katastrophe.
Augenzeugen berichteten später von heldenhaften Rettungsarbeiten kurz nach dem Absturz des Flugzeuges gegen 16 Uhr (Ortszeit). Lenny Skutnik, noch nicht einmal 30 Jahre alt, sprang ohne zu zögern in den Fluss und rettete das Leben einer Passagierin. Er wurde später mit Lob und Ehrbezeugungen überschüttet.
Das ist Trump kalt und ohne Emphatie!