Hunderttausende Menschen haben am Wochenende landesweit gegen Donald Trump demonstriert. Sie kritisierten unter anderem seine Migrationspolitik, sprachen sich für Frauenrechte und «gegen Faschismus» aus, wie auf unzähligen Plakaten zu lesen war.
Es war ein erstes Zeichen des Widerstands. Seit der Amtseinführung des 47. US-Präsidenten wirken die Demokraten regelrecht niedergeschlagen. «Wir können nicht viel machen», ist in Fernsehauftritten von Kongressabgeordneten immer wieder zu hören. Zurzeit kontrollieren die Republikaner das Abgeordnetenhaus und den Senat. Ändern können die Demokraten das erst bei den Zwischenwahlen in anderthalb Jahren.
Das vermeintliche Däumchendrehen kommt bei ihrer Parteibasis nicht gut an. Die Folge: Demokraten sind aktuell so unbeliebt wie noch nie. Gerade mal 27 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner haben laut einer Umfrage des US-Senders NBC noch ein positives Bild der Partei.
«Die Botschaft der Demokratischen Partei spricht die Mehrheit der Amerikaner zurzeit nicht an», sagt Suzi LeVine. Sie war während Barack Obamas Präsidentschaft die US-Botschafterin in der Schweiz. Ihr zufolge haben die letzten Wochen der Partei dazu gedient, sich nach den Bedürfnissen der Menschen umzuhören.
Ob die Demokraten die amerikanische Bevölkerung bis zu den Zwischenwahlen im November 2026 von sich überzeugen und die Mehrheit im Senat oder im Abgeordnetenhaus zurückgewinnen können, hängt aber nicht nur von der richtigen Botschaft ab. Den Demokraten fehlt ein Hoffnungsträger.
Wer könnte das sein? Im Gespräch mit CH Media ordnet Suzi LeVine die Chancen von fünf Demokraten ein, künftig eine Führungsrolle zu übernehmen.
Laut der NBC-Umfrage wollen 65 Prozent der demokratischen Wählerinnen und Wähler, dass ihre Vertreter gegen Trump zurückschlagen. Keine Demokratin verkörpert die rebellische Haltung gegenüber der Trump-Regierung so gut wie Alexandria Ocasio-Cortez. Bevor die Anti-Trump-Proteste sich am Wochenende im ganzen Land verbreiteten, sprengte sie mit Bernie Sanders, 83, auf ihrer «Fight Oligarchy»-Tour durch Arizona, Nevada und Colorado Zuschauerrekorde.
Die Kongressabgeordnete aus New York gilt als Zukunft des linken Flügels der Partei. «Sie ist unglaublich dynamisch, sie ist jung und sie ist eine meisterhafte Kommunikatorin», sagt LeVine über die 35-Jährige. Ausserdem sei sie authentisch und schaffe es, Verbindungen mit ihren Wählerinnen und Wählern aufzubauen.
Ocasio-Cortez ist eine der beliebtesten US-Politikerinnen in den sozialen Medien. Sie gilt aber auch als eine der progressivsten Figuren ihrer Partei. «Das ist ihre Superkraft, aber auch ihr Kryptonit», so LeVine. In den vergangenen Jahren habe sie aber gezeigt, dass sie kompromissbereit ist, ohne ihre Überzeugungen zu kompromittieren.
Mit seiner über 25 Stunden andauernden Anti-Trump-Rede vor dem US-Senat machte Cory Booker, 55, vergangene Wochen weltweit auf sich aufmerksam. «Das Einzige, was nötig ist, damit in einer Demokratie schlimme Dinge passieren, ist, dass gute Menschen schweigen», sagte der Senator am Wochenende bei einer Veranstaltung in seinem Heimatstaat New Jersey dazu. Diesem Motto blieb er auch nach Trumps neusten Zoll-Ankündigungen treu. Auf «X» schrieb er dazu am Dienstag: «Das ist ein rücksichtsloser und selbstverschuldeter Schlag für die US-Wirtschaft und die persönlichen Finanzen der Amerikaner – ausgeführt von einem Präsidenten ohne Strategie oder Ahnung.»
Trump announced his latest tariffs last week. Since then:
— Cory Booker (@CoryBooker) April 7, 2025
- The stock market crashed—the worst sell-off since 2020
- The maker of Jeeps and Ram trucks laid off 900 U.S. workers
- J.P. Morgan now predicts there's a 60 percent chance of a global recession
- Trump’s tariffs are…
«Er ist sicher in einer guten Ausgangsposition», sagt Suzi LeVine. Booker kandidierte bereits 2019 in den Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 und ist im Senat einer der führenden Demokraten. «Mit seiner Rekord-Rede hat er seine Rolle als unverblümter Kritiker der Regierung weiter gefestigt und gezeigt, dass er die Energie und die Fähigkeit hat, auch andere Senatoren einzubinden.»
«Ich muss vorwegnehmen, im Jahr 2020 habe ich Pete als Präsidentschaftskandidat unterstützt», sagt Suzi LeVine. Gewonnen hat er die demokratische Vorwahl nicht. Unter Präsident Joe Biden war Pete Buttigieg aber Verkehrsminister. Im März verkündete er, dass er 2026 weder um einen Sitz im Senat noch als Gouverneur von Michigan antreten werde. Er zog nach seiner Zeit als Kabinettsmitglied in Washington mit seinem Ehemann und seinen beiden Kindern zurück in den Bundesstaat.
Personen aus seinem Umfeld sagten gegenüber «Politico», er würde mit dem Verzicht auf die beiden Rennen die bestmögliche Ausgangsposition für eine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2028 schaffen. Für den 43-Jährigen spricht so einiges, wie LeVine sagt: «Er vertritt wahrscheinlich eine gemässigtere Gruppe und kann so eine Verbindung zu einem breiten Spektrum von Wählern aufbauen.»
Tatsächlich ist Buttigieg bekannt dafür, auch in konservativen Sendungen aufzutreten, wo er mit seinen nüchternen Erklärungen immer mal wieder auf Zuspruch trifft. Zum Verhängnis werden könnte Buttigieg seine Beteiligung an der unbeliebten Biden-Regierung.
Gavin Newsom ist seit 2019 Gouverneur von Kalifornien. Schon länger wird vermutet, dass der 57-Jährige Ambitionen für das höchste Amt im Land hegt. In den letzten Monaten hat sich der ausgesprochene Trump-Kritiker als moderat dargestellt. Dank seines neuen Podcasts generiert er aktuell viel Aufmerksamkeit.
Als erste Gäste lud der langjährige Verfechter von LGBTQ-Rechten die glühenden Trump-Anhänger Charlie Kirk und Steve Bannon ein. «Er traut sich, die schwierigen Fragen zu stellen. Ein mutiger Schritt. Es bleibt abzuwarten, ob seine Taktik auch funktioniert», sagt LeVine.
Erstmals auf sich aufmerksam gemacht hat die Gouverneurin des Bundesstaates Michigan mit ihrem Wahlkampfslogan «Fix the Damn Roads», also «repariert die verdammten Strassen». Seither hat sich die 53-Jährige als pragmatische Mitte-links-Politikerin positioniert. «Seit Trump im Amt ist, ist sie nicht mehr so sehr im Rampenlicht wie andere», sagt Suzi LeVine.
Weitere potenzielle Top-Kandidaten der Demokraten sind Josh Shapiro, der Gouverneur von Pennsylvania, und die letztjährige Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Wer die Partei letztlich im Jahr 2028 anführen wird, bleibt noch eine Weile offen. «Aktuell sehen wir viele, die sich in Stellung bringen und ein grösseres Publikum suchen. Das ist fantastisch», sagt LeVine.