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Warum Trump der Ukraine einen Frieden aufzwingen will

President Donald Trump speaks during a Mexican Border Defense Medal presentation in the Oval Office of the White House, Monday, Dec. 15, 2025, in Washington. (AP Photo/Alex Brandon)
Donald Trump
Donald Trump bringt den Frieden nicht so voran, wie er sich das vorstellte.Bild: keystone

Warum Trump der Ukraine angeblich einen Frieden aufzwingen will

Der amerikanische Präsident sucht nach vier Jahren Krieg in der Ukraine einen Kompromiss – zulasten der Ukraine. Und Putin spielt nicht mit.
16.12.2025, 20:2817.12.2025, 07:03
Renzo Ruf, Washington / ch media

Der erste Träger des FIFA-Friedenspreises «Fussball vereint die Welt» versprüht Optimismus. Ein Ende des Krieges in der Ukraine rücke immer näher, sagte Donald Trump am Montag im Weissen Haus. Denn für einmal signalisierten sämtliche Kriegsparteien, dass sie Frieden wollten. Selbst Russlands Präsident Wladimir Putin, mit dem er in regelmässigem Kontakt stehe, strebe derzeit ein Ende des Konfliktes an, sagte der amerikanische Präsident.

Allerdings weiss Trump, nach fast einem Jahr im Amt, dass sich der Krieg in der Ukraine nicht mit Absichtserklärungen beenden lässt. Also fügte er an: Sowohl Russland als auch die Ukraine hätten in der Vergangenheit immer wieder behauptet, sie strebten eine Friedenslösung an — um dann im letzten Moment doch noch einen Rückzieher zu machen. «Deshalb müssen wir nun sicherstellen, dass sie der gleichen Meinung sind.»

Selenski: «Wir wollen unseren Donbass nicht weggeben»

Und das ist der eigentliche Stolperstein, in den laufenden Gesprächen in Europa, und in den Debatten hinter verschlossenen Türen in Washington, Moskau und Kiew. Eine schnelle Lösung zeichnet sich nach wie vor nicht ab. Denn insgeheim weiss Trump natürlich, welche offenen Fragen auf dem Weg zum Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine noch einer Antwort harren.

Wolodymyr Selenskyj besuchte am Freitag (12. Dezember 2025) Kupjansk – zwei Wochen, nachdem Russland die vollständige Eroberung der Stadt gemeldet hatte.
Wolodymyr Selenskyj besuchte am Freitag (12. Dezember 2025) Kupjansk – zwei Wochen, nachdem Russland die vollständige Eroberung der Stadt gemeldet hatte.Bild: Ukrainian Presidential Press Service

Zuvorderst: Russland will sich die im Osten des Landes eroberten Gebiete einverleiben. Und die Ukraine, die sich seit Jahren gegen die russische Invasionsarmee wehrt, bezeichnet sämtliche territorialen Konzessionen als «inakzeptabel», wie Präsident Wolodimir Selenski nach den Verhandlungen in Berlin erneut bekräftigte. Er sagte: Russland «will unseren Donbass. Und wir wollen unseren Donbass nicht weggeben.»

Weil Trump als Immobilienhändler zu Geld gekommen ist, nimmt er solche Stellungnahmen selten zum Nennwert. In seinen Augen ist das bloss eine Verhandlungstaktik — auch wenn Selenski immer wieder darauf verweist, dass er gemäss der ukrainischen Verfassung nicht die Berechtigung besitzt, territoriale Zugeständnisse zu machen.

«90 Prozent» der offenen Fragen geklärt

Also besserten die amerikanischen Unterhändler Steve Witkoff und Jared Kushner — von Berufs wegen ebenfalls Spekulanten — die Offerte Washingtons nach. Sie boten der Ukraine Sicherheitsgarantien an. Demnach würde die Ukraine auch als Nicht-Mitglied des Verteidigungsbündnisses Nato auf die Hilfe westlicher Streitkräfte zählen können, sollte Russland versuchen, den Rest des Landes einzunehmen. Bereits seien «90 Prozent» der offenen Fragen geklärt, sagte dazu ein Verhandlungsmitglied im Gespräch mit der «Financial TImes».

epa12594570 German Chancellor Friedrich Merz (R) welcomes US Special Envoy Steve Witkoff (2-L) and US president's son-in-law Jared Kushner (L) at the Federal Chancellery in Berlin, Germany, 15 De ...
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (rechts) begrüsst den US-Sonderbeauftragten Steve Witkoff (2. von links) und Jared Kushner (links), den Schwiegersohn des US-Präsidenten.Bild: keystone

Trump wiederum gab im Weissen Haus bekannt, «mit Europa» über den genauen Umfang der Sicherheitsgarantien zu sprechen. Angeblich ist eine multinationale Friedenstruppe unter europäischer Führung geplant, die einen Waffenstillstand überwachen und den ukrainischen Luftraum sichern solle. Die USA würden diese Truppe «unterstützen», wohl vor allem mit einem Frühwarnsystem.

Keine Waffenruhe über Weihnachten

Trump brachte am Montag auch sein Unverständnis zum Ausdruck, warum Selenski sich so schwer damit tue, einem Kompromiss zuzustimmen. Denn die Gebiete im Donbass, die Russland annektieren möchte, die sind aus Sicht von Trump für die Ukraine bereits verloren.

«Ihr seid nicht in einer guten Position. Ihr habt im Moment nicht die Karten in der Hand.»
Donald Trump im Februar

Diese Aussage erinnerte an den Zusammenstoss zwischen Trump, Selenski und dem amerikanischen Vizepräsident JD Vance im Februar. Damals hatte Trump seinen ukrainischen Amtskollegen mit einem Poker-Spieler verglichen, der bluffe. «Ihr seid nicht in einer guten Position. Ihr habt im Moment nicht die Karten in der Hand», hatte er Selenski gesagt. Dessen Antwort, damals? «Ich spiele keine Karten.»

Allein: Zum Kartenspiel (um bei diesem Bild zu bleiben) müssten die Amerikaner auch den Kreml einladen. Und die Russen scheinen sich auf Konfrontationskurs zu befinden, entgegen den Beteuerungen Trumps.

«Ich spiele keine Karten.»
Wolodymyr Selenskyjs Antwort

Den Wunsch nach einer Weihnachtswaffenruhe, den hat Moskau jedenfalls bereits abgelehnt. Ein solcher würde es Kiew erlauben, sich auf die Fortsetzung der Kämpfe vorzubereiten, sagte der Putin-Sprecher Dmitri Peskow. Auch habe der Kreml bisher keine Informationen über westliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine bekommen, hiess es in Moskau. Putin lehnte ein solches Arrangement bisher ab.

In Washington heisst es, dass Trump bis Jahresende einen Deal zwischen der Ukraine und Russland ausgehandelt haben will — damit sich der Fifa- Friedenspreisträger 2026 dafür loben kann, (angeblich) neun bewaffnete Konflikte erfolgreich beendet zu haben. Schliesslich zeigt Trump die Trophäe stolz auf seinem Schreibtisch im Oval Office des Weissen Hauses.

Der amerikanische Präsident sagte dazu am Montag bloss: «Wir wollen viele Menschenleben retten.»

(aargauerzeitung.ch)

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68 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chuchichäschtli
16.12.2025 20:43registriert März 2022
Die idiotische und dilettantische Verzögerungstaktik hat bis jetzt vor allem Menschenleben gekostet.
Statt der Ukraine die benötigten Waffen zu liefern um sich zu verteidigen wollen sie vor allem den grösst möglichen Profit daraus schlagen.
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Jerem 1
16.12.2025 20:38registriert Oktober 2020
Trump kann sofort einen Frieden haben: Er muss nur dem Aggressor Putin sagen, er solle seine Soldaten aus dem Gebiet der Ukraine abziehen lassen und die Höhe der Reperationszahlungen festlegen. So einfach wäre es, Herr Trump.
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Eckhardt
16.12.2025 20:38registriert Juni 2024
Alles Altruistische kann man bei Trump vergessen.
Wenn Putin den Ukraine-Krieg verliert, ist er geliefert, abgesetzt und sehr wahrscheinlich bald tot.
Wenn Trump nicht liefert, so dass Putin an der Macht in Russland bleibt, hat Putin Trump wohl derart in der Hand, dass Trump zurückgetreten muss, mit ungewissem Schicksal vor Gerichten etc.
Da Putin und Trump vor allem um ihr eigenes Überleben kämpfen, mss die Ukraine für diese beiden Männer leiden.
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