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Sauerstoff wird knapp – Suche nach vermisstem Titanic-Tauchboot dauert an

FILE - This undated photo provided by OceanGate Expeditions in June 2021 shows the company's Titan submersible. On Monday, June 19, 2023, a rescue operation was underway deep in the Atlantic Ocea ...
Das Tauchboot, mit dem Touristen gelegentlich die Titanic besuchen können.Bild: keystone

Titanic-Tauchboot mit britischem Milliardär weiter vermisst – der Fall in 6 Punkten

Ein Tauchboot, mit dem Touristen das Wrack der Titanic besuchen können, wird vermisst. Es läuft eine grossangelegte Suchaktion. Der Sauerstoff an Bord des U-Boots ist begrenzt, weshalb die Zeit drängt – der Fall im Überblick.
20.06.2023, 13:5720.06.2023, 15:40
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Darum geht es

Mit dem knapp sieben Meter langen U-Boot namens Titan können wohlhabende Touristen das legendäre Wrack der 1912 gesunkenen Titanic besuchen – der Tauchgang kostet 250'000 Dollar oder 224'000 Franken. Am Sonntagmorgen startete ein solcher Tauchgang in St. John's auf der kanadischen Insel Neufundland. Nach knapp zwei Stunden brach der Kontakt zum Schiff, welches das Tauchboot begleitete, ab. Seither gilt das Boot mit fünf Insassen an Bord als vermisst. Die US-Küstenwache sucht in einer grossangelegten Aktion gemeinsam mit kanadischen Einsatzkräften und privaten Booten sowie Handelsschiffen nach dem U-Boot.

In this grab taken from a digital scan released by Atlantic/Magellan on Thursday, May 18, 2023, a view of the bow of the Titanic, in the Atlantic Ocean created using deep-sea mapping. Deep-sea researc ...
Das Wrack der Titanic, dargestellt nach einem 3D-Scan.Bild: keystone

Der Wettlauf gegen die Zeit

Die Rettungskräfte sind dabei unter grossem Druck, denn: Der Sauerstoff an Bord der Titan ist begrenzt. Laut dem verantwortlichen Kommandanten bei der US-Küstenwache, John Mauger, reicht der Vorrat für 70 bis 96 Stunden. Mittlerweile wird das Tauchboot bereits seit mehr als 30 Stunden vermisst.

So läuft die Suchaktion

Zunächst gehe es darum, das Tauchboot an der Wasseroberfläche oder in der Tiefe des Ozeans aufzuspüren, sagte Kommandant Mauger. Dafür würden mehrere Flugzeuge und Schiffe sowie Bojen mit Sonar an Bord eingesetzt, die Geräusche in einer Meerestiefe von bis zu knapp 4000 Metern erfassen können. Erst wenn der genaue Ort des Bootes klar sei, könne eine mögliche Rettung angegangen werden.

Bei der grossangelegten Rettungsaktion arbeitet die US-Küstenwache mit kanadischen Einsatzkräften und privaten Booten und Handelsschiffen an der vermuteten Stelle rund 1500 Kilometer östlich der US-Metropole Boston zusammen.

Weshalb die Suche so schwierig ist

Die Suche und eine allfällige Bergung gestalten sich als sehr schwierig. Die Titanic liegt in rund 3800 Metern Tiefe, worauf der Ozeanforscher Robert Blasiak vom Stockholm Resilience Centre gegenüber der BBC hinwies:

«Der Ozean ist im Durchschnitt vier Kilometer tief, dieses U-Boot befindet sich also in grosser Tiefe.»

Licht dringe höchstens einen Kilometer weit in die Meeresoberfläche ein, es sei also stockfinster bei gleichzeitig erheblichem Wasserdruck.

«Wir wissen, wo die Titanic ist, aber wir wissen nicht, wo das Tauchboot ist. Es könnte also sein, dass es bei weitem nicht so tief ist, und darauf sollten wir alle zum jetzigen Zeitpunkt hoffen.»

Der U-Boot-Experte Alistair Greig vom University College London nannte im BBC-Gespräch mehrere mögliche Szenarien des Vorfalls. Bei einem Strom- oder Kommunikationsausfall könne es sein, dass das Tauchboot zur Oberfläche getrieben würde. Deutlich schlechter wäre die Lage, sollte der Rumpf beschädigt worden sein und es ein Leck geben. «Dann ist die Prognose nicht gut», sagte Greig.

Prominente Gäste an Bord

Einer der Gäste an Bord der Titan ist der britische Milliardär Hamish Harding. Er ist CEO der in Dubai ansässigen Firma Action Aviation, die unter anderem Privatflugzeuge verkauft. Harding ist bekannt für seinen Hang zum Abenteuer. Er reiste schon mit Buzz Aldrin an den Südpol, war im Weltall und ist zudem ausgebildeter Pilot, Taucher und Fallschirmspringer. Harding hält sogar Weltrekorde, 2019 wurde er ausgezeichnet, als ihm die schnellste Umrundung der Erde via beide Pole gelang.

In this photo provided by Blue Origin, NS-21 (New Shepard-21), astronaut Hamish Harding receives his Blue Origin astronaut pin after a successful flight to space on June 4, 2022, in Van Horn, Texas. A ...
Hamish Harding war auch schon im Weltall.Bild: keystone

Die Reise zur Titanic war für Harding offenbar ein lang gehegter Traum. Die Umstände dafür waren aber alles andere als günstig: Weil der letzte Winter einer der «härtesten Winter in Neufundland seit 40 Jahren» war, schreibt Harding auf Instagram, habe sich erst jetzt ein Wetterfenster geöffnet. Die Reise zur Titanic werde die einzige bemannte dieses Jahr bleiben, so Harding. Sein Unternehmen verkündete am Sonntag via Instagram-Account, dass das Tauchboot erfolgreich in Richtung Titanic aufgebrochen sei.

Am Montag, nachdem die ersten Berichte aufgetaucht waren, bestätigte Hardings Stiefsohn, dass sein Stiefvater an Bord des U-Boots und dieses verschwunden sei.

Kritik an den Titanic-Tauchern

Während es in den sozialen Medien viele mitfühlende Kommentare mit den Vermissten gibt, häuft sich auch die Kritik. Der Crew um Milliardär Harding wird Leichtfertigkeit und Grössenwahn vorgeworfen, das Vorhaben, die Titanic «live» zu sehen, als «unnötig» bezeichnet.

Einige stören sich auch an den Relationen des Ausmasses der Rettungsaktion – nur weil es sich um reiche Leute handle, werde derart intensiv nach dem Tauchboot gesucht. Einige ziehen Vergleiche mit der jüngsten Flüchtlingskatastrophe vor Griechenland, wo hunderte Menschen starben. Dort habe man vergleichsweise wenig Ressourcen aufgewendet, um die Menschen zu retten.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.

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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Neruda
20.06.2023 07:58registriert September 2016
Schon krass der Unterschied, was alles unternommen wird wenn es eine Handvoll reiche Touristen sind, die in Seenot kommen.
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In vino veritas
20.06.2023 09:35registriert August 2018
Muss man jetzt Mitleid haben, wenn ein exzentrischer Milliardär bei exzentrischen Aktivitäten verschwindet? Vielleicht sollte man solche Tauchgänge der Wissenschaft vorbehalten. Einfach so aus Anstand, schliesslich wurde die Titanic nicht nur ein nasses Grab von über 1'000 Menschen sondern ist auch ein Mahnmal der Technik.
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TAM9E
20.06.2023 09:27registriert November 2022
Also mich würde es wundern, sollte das U Boot noch rechtzeitig gefunden werden. So eine Suchaktion ist doch nahezu hoffnungslos.
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