Washington redet nicht mehr um den heissen Brei herum: Das Ziel Amerikas im Ukraine-Krieg ist es, Russland «in dem Masse zu schwächen, dass es nicht mehr Dinge tun kann, die es bei der Invasion» des westlichen Nachbarlandes getan habe. Das sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin diese Woche. Um dieses Ziel zu erreichen, und die ukrainischen Streitkräfte zu stärken, liefert die Regierung von Präsident Joe Biden – im Konzert mit Verbündeten – neue Waffen in die Ukraine.
Die europäischen Alliierten Kiews legen den Fokus dabei auf Systeme sowjetischer Bauart: So will Polen 200 T-72-Kampfpanzer in die Ukraine senden. Amerika hingegen schickt moderne Systeme aus westlicher Produktion. So gab Präsident Joe Biden am Donnerstag bekannt, dass er die Militärhilfe für die Regierung von Präsident Wolodimir Selenskyj um 20 Milliarden Dollar aufstocken wolle. Mit 6 Milliarden Dollar sollen in den nächsten Monaten neue Waffenlieferungen finanziert werden, sobald Senat und Repräsentantenhaus den Nachtragshaushalt genehmigen. Drei Fragen und Antworten zur neuen Phase im Ukraine-Krieg.
Mark Cancian, der nach einer langen Karriere in den Streitkräften und der Bundesregierung nun für die Washingtoner Denkfabrik CSIS (Center for Strategic and International Studies) arbeitet, sagt: «Die russischen Streitkräfte sind nach wie vor viel grösser.» Dies, obwohl sie gemäss ukrainischen Quellen massiv an Menschen und Material verloren haben. So befinden sich aktuell gegen 92 russische Bataillone in der Ukraine, meldete das US-Verteidigungsministerium am Freitag. Allerdings ist unklar, ob sich diese militärischen Verbände im Vollbesitz ihrer Kampfkraft befinden.
These are the indicative estimates of Russia’s combat losses as of April 29, according to the Armed Forces of Ukraine. pic.twitter.com/AAPPGlsAhf
— The Kyiv Independent (@KyivIndependent) April 29, 2022
Aber es stimme eben auch, sagt Mark Cancian im Gespräch mit CH Media, dass die Offensive der Russen im Osten der Ukraine stocke, weil der Kreml mit Versorgungsproblemen und niedriger Moral der Armee kämpfe und weil die ukrainischen Streitkräfte «sehr harten Widerstand» leisteten. Zur Überraschung fast aller Strategen seien die Ukrainer deshalb den Russen überlegen, sagt Cancian. Ohne frische Waffen und Munition aber könne Kiew nicht weiterkämpfen. Deshalb liefere Amerika täglich gegen 100 Millionen Dollar an Militärhilfe in die Ukraine, sagt der ehemalige Marineinfanterist.
Zweifelsohne. Anfänglich lieferten die Verbündeten Kiews vor allem alte Waffen, mit denen die ukrainischen Streitkräfte bereits vertraut waren. So schickte Washington Helikopter des Typus Mi-17 in die Ukraine, mit denen Amerika einst die afghanischen Rebellen ausgestattet hatte, die gegen die sowjetischen Besatzer kämpften.
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Da es aber zunehmend schwer wird, Munition für diese Systeme zu beschaffen, sattelt Amerika nun um, wie Cancian sagt. So hat die Regierung Biden die ukrainischen Streitkräfte bereits mit mehr als 50 Haubitzen aus westlicher Produktion versorgt, um die Artillerie zu stärken. Auch wird Kiew mit US-Kampfdrohnen versorgt. Diese modernen Systeme können nur von qualifiziertem Personal bedient werden; das US-Verteidigungsministerium bildet aktuell aber ukrainische Soldaten aus und macht sie mit den Haubitzen und neuen Radargeräten vertraut.
Nicht zu unterschätzen sei nebst den Waffenlieferungen auch die Kooperation der westlichen Geheimdienste mit der Ukraine, sagt Cancian. So wird die Ukraine direkt mit amerikanischem Nachrichtenmaterial versorgt, das «in Echtzeit» Auskunft über russische Truppenbewegungen gibt.
Er könne bloss spekulieren, sagt Cancian, aber es sei möglich, dass Amerika den Ukrainern die genauen Koordinaten des Kriegsschiffs «Moskwa» mitgeteilt habe. Der Kreuzer wurde am 14. April von den Ukrainern im Schwarzen Meer versenkt, mit Hilfe von zwei «Neptun»-Raketen aus ukrainischer Produktion.
Das ist die grosse Unbekannte. Selbst das Pentagon scheint nicht zu wissen, wo und wie die ukrainischen Streitkräfte das westliche Kriegsgerät einsetzen. «Sobald wir diese Systeme in die Ukraine übertragen haben, sind sie ukrainisches Eigentum», sagte ein hochrangiger Pentagon-Vertreter am Freitag im Gespräch mit Medienvertretern. Der Rest sei Sache der Ukrainer.
Der Verteidigungsexperte Mark Cancian verweist darauf, dass Kiew sich beharrlich weigere, umfassend Auskunft über verletzte und getötete Soldaten zu geben. Auch befänden sich keine unabhängigen Journalistinnen und Journalisten an der Front. Letztlich fehlten der westlichen Öffentlichkeit damit verlässliche Informationen über den Kriegsverlauf, sagt er – und das ist bloss eine der vielen Unbekannten in diesem Krieg. (aargauerzeitung.ch)
Ich ärgere mich immernoch aufrichtig darüber, wie sich hier in den letzten Jahren ein (linker) Antiamerikanismus breitmachen konnte, der weit über offensichtliche Kritikpunkte und das wohlverdiente Trump-bashing hinausging.
Meine Bedenken: Putin wird so immer zu noch brutaleren Methoden greifen müssen, weil seine bisherigen Pläne kläglichst versagt haben. Wenn er zum letzten Mitttel greift, kann die Antwort nur noch ebenso vernichten sein. Dann werden alle verlieren. Ich hoffe es kommt nicht soweit.
Putin lies diesen Frühling Oligarchen samt ihren Kindern ermorden. Die Welt hat Putin durchschaut, bis die Russinnen und Russen das auch tun, gehts vielleicht noch ein halbes Jahr.