Nun ist es auch im US-Bundesstaat Georgia aktenkundig: Donald Trump findet, sein ehemaliger Stellvertreter Mike Pence sei «ein Weichei». So sagte es der damalige Präsident am 6. Januar 2021, weil sich Pence geweigert hatte, nach der der verlorenen Präsidentenwahl beim Trump'schen Umsturzversuch mitzumachen.
Nachzulesen ist diese Charakterisierung in der 97 Seiten zählenden Anklageschrift, die Staatsanwältin Fani Willis in der Nacht auf Dienstag in Atlanta (Georgia) veröffentlichte. Der Name Pence kommt in dem Dokument, das Trump als Anführer einer kriminellen Bande darstellt, 26 Mal vor. Und im Gegensatz zu seinen früheren Mitstreitern in der amerikanischen Regierung - dem Stabschef Mark Meadows beispielsweise - steht Pence mit weitgehend weisser Weste da.
Das ist eigentlich nicht neu: Spätestens seit dem dramatischen Sturm auf das Kapitol in Washington ist bekannt, dass Mike Pence nichts mit den Plänen Trumps zu tun haben wollte, die dem Präsidenten eine zweite Amtszeit im Weissen Haus hätten ermöglichen sollen. So war der damalige Vizepräsident nicht bereit, an der entscheidenden Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus die Zertifizierung des Wahlsiegs von Joe Biden aufzuhalten. Er liess sich auch nicht beeindrucken, als eine wütende Meute vor dem Kapitol schrie: «Hängt Mike Pence!»
Neu ist aber, dass Pence sich in der Rolle des Retters der Republik gefällt. Mit einigen Jahren Verspätung hat er endlich erkannt, dass es nicht unbedingt schlecht ist, einen Umsturzversuch verhindert zu haben. «Ich weiss, dass ich an diesem schicksalhaften Tag im Januar 2021 meine Pflicht getan habe», sagte Pence kürzlich dem Fernsehsender ABC. Und es ermutige ihn sehr, dass viele wildfremde Menschen auf ihn zukämen und ihm dafür dankten, dass er sich an die Verfassung gehalten habe.
Natürlich ist Pence auch ein Opportunist. Der 64 Jahre alte Politiker möchte Präsident werden und bewirbt sich im Wahlkampf 2024 um die Nomination seiner Republikanischen Partei. Er preist sich dabei zum einen als Wertkonservativer an, der zum Beispiel ein hartes Abtreibungsverbot fordert. Zum andern verspricht er aber auch die Fortsetzung der Politik der abgewählten «Trump-Pence-Regierung», die - einmal abgesehen vom blutigen Ende - doch sehr erfolgreich gewesen sei.
Dieser Spagat zwischen Prinzipientreue und Trump-Kult ist ein schwieriges Unterfangen, dominiert doch sein ehemaliger Chef sämtliche Meinungsumfragen und öffentliche Debatten, in die er sich einmischt.
Aber Pence scheint der Meinung zu sein, dass es auch in der Rechtspartei noch ausreichend Wählerinnen und Wähler gibt, die verfassungstreue Politiker unterstützen. Deshalb spricht er nun offen über das Zerwürfnis mit Trump und schreckt dabei auch nicht vor direkter Kritik an seinem ehemaligen Chef zurück - obwohl er dem Präsidenten doch fast vier Jahre lang geradezu devot gedient hatte. So verzichtete Pence von 2017 bis 2021 weitgehend auf Medienauftritte, weil er Trump nicht überschatten wollte. Nun sagt er, klipp und klar: Trump dürfe nie mehr Präsident werden, weil er nicht bereit gewesen sei, sich an seinen Amtseid zu halten.
Für einen sanftmütigen Mann wie Mike Pence - der sein Publikum mit der Bekräftigung «So wahr mir Gott helfe» an fast jedem Auftritt an seine Religiosität erinnert - sind das geradezu revolutionäre Aussagen. Das scheint auch Trump nicht entgangen zu sein. Auf seinem Internet-Dienst Truth Social beschimpfte er Pence vor einigen Tagen als «wahnhaft» und behauptete, sein ehemaliger Vize sei vom rechten Weg abgekommen.
Former VP Pence sits down with @LinseyDavis at the Iowa State Fair to discuss the 2024 presidential election, upcoming GOP debate, Jan. 6, former Pres. Trump's indictments and more.
— This Week (@ThisWeekABC) August 13, 2023
Stream MONDAY on @ABCNewsLive Prime at 7PM ET. pic.twitter.com/yfs9BDoUVq
Ähnliche Vorwürfe hört man an der Basis. «Ich verachte diesen Mann», sagte kürzlich eine republikanische Parteifunktionärin im Bundesstaat Iowa über Pence, wenige Minuten vor Beginn einer Rede des ehemaligen Vizepräsidenten. Pence verkörpere alles, was sie an Berufspolitikern hasse. Als der Kandidat dann allerdings zum gemeinsamen Fototermin ruft, da rückt sich auch die Funktionärin mit aufs Bild. Und setzt dabei ein strahlendes Lächeln auf. (aargauerzeitung.ch)
Ich frag mich nämlich, was wäre, wenn im absolut fiktiv-absurden Fall Trump seinen Putschversuch am 6.1.2021 erfolgreich durchgeführt hätte.
Könnte es nicht sein, dass Pence ihm so tief durch die Hintertüre reingeglitscht wäre, dass er am Ende Trumps williger und braver Schosshund geworden wär?
Für mich ist Pence, egal wie es geht und steht, ein aalglatter Opportunist ohne Rückgrat und Arsch in der Hose.
Trump bestimmt, wer bei den Republikanern ins Rennen geht. Seine Basis ist sehr gross. Wer die Absolution bekommt, geht ins Rennen gegen Biden.