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Was es für Frieden in der Ukraine jetzt wirklich braucht

President Donald Trump and Russia's President Vladimir Putin talk, Friday, Aug. 15, 2025, at Joint Base Elmendorf-Richardson, Alaska. (AP Photo/Julia Demaree Nikhinson)
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Nur Donald Trump kann Wladimir Putin unter Druck setzen. Bisher hat er aber nur gedroht, nicht gehandelt.Bild: keystone
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Was es für Frieden in der Ukraine jetzt wirklich braucht

Wenn die Ukraine aus einer Position der Schwäche mit Russland verhandelt, wird Moskau keine Konzessionen machen. Dabei gäbe es eine empfindliche Achillesferse…
23.08.2025, 12:2323.08.2025, 12:25
Kurt Pelda / ch media
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Die Friedenshoffnungen für die Ukraine waren nach dem Gipfel in Washington nur von kurzer Dauer. Eine Einladung Wolodymyr Selenskyjs durch Wladimir Putin nach Moskau stellte sich für Kiew als inakzeptabel heraus, zumal die Russen vorher eine Einigung in allen wichtigen Fragen forderten – was faktisch immer noch auf eine Kapitulation der Ukraine hinausläuft. Es sieht deshalb im Moment nicht danach aus, als ob es so bald ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj geben wird.

Dass Moskau die Gespräche sabotiert und auf Zeit spielt, wird auch durch folgenden Vorschlag des Kremls klar: Westliche Sicherheitsgarantien für das angegriffene Land wären nur denkbar, wenn Russland und China ein Vetorecht in genau dieser Frage erhielten. Der Aggressorstaat und jenes Land, das Moskau dabei hilft, ukrainische Städte jede Nacht mit Drohnen anzugreifen, würden damit vom Bock zum Gärtner gemacht.

Verlorene Glaubwürdigkeit

Man erinnert sich: Auch im Budapester Memorandum von 1994 gewährte Moskau – neben Washington und London – der Ukraine Sicherheitsgarantien. Im Gegenzug übergab Kiew Russland seine von der Sowjetunion geerbten Atomwaffen. Wir alle wissen, was seither geschehen ist. Kiew wird sich nicht noch einmal über den Tisch ziehen lassen.

Was also wäre zu tun? Trump hat in seiner Einfalt und in Unkenntnis der Verhältnisse einen kapitalen Fehler gemacht: Er setzte von Anfang an die Ukraine, also die schwächere der beiden Kriegsparteien, unter Druck, damit sie in den Friedensgesprächen weitreichende Konzessionen macht.

Zugleich liess Trump die Drohkulisse gegenüber Putin zusammenbrechen, indem er von vornherein einen Nato-Beitritt der Ukraine und die Entsendung amerikanischer Truppen zur Friedenssicherung ausschloss. Als Selenskyj nicht sofort spurte, stoppte Trumps Verteidigungsminister die Waffenlieferungen an die Ukraine, und die USA stellten Kiew keine Geheimdienstinformationen mehr zur Verfügung.

Gegenüber Moskau erhob Trump zwar immer wieder den Drohfinger, aber ohne sichtbare Folgen. Damit haben allfällige Warnungen aus Washington für Moskau jede Glaubwürdigkeit verloren.

Putins Achillesferse

Daraus folgt eigentlich schon, was der einzig gangbare Weg wäre, um Putin doch noch zu einer konzilianteren Haltung zu bewegen: Es braucht Druck auf Moskau – wirtschaftlich und militärisch. Trumps zusätzliche Strafzölle von 25 Prozent auf gewisse Güter aus Indien sind ein Schritt in die richtige Richtung. Damit präsentieren die USA Indien die Rechnung für dessen Importe von russischem Erdöl. Die Zusatzzölle sollen Ende August in Kraft treten.

Der Zustand der russischen Wirtschaft ist Putins Achillesferse: Er braucht die Einnahmen aus dem Export von Erdöl, um chinesische Computerchips, Werkzeugmaschinen, Drohnen und dergleichen zu bezahlen. Im russischen Budget klafft bereits ein riesiges Loch, weil der Krieg einen Grossteil der Einnahmen verschlingt. Jeder Schlag gegen die russischen Rohstoffexporte ist deshalb ein Nagel in Putins Sarg.

Das müssten sich auch die Anrainerstaaten der Ostsee gut überlegen, denn es wird geschätzt, dass bis zu 30 Prozent der russischen Erdölausfuhren von dort in Empfängerländer wie Indien und China gelangen. Internationale Abkommen verbieten es zwar, Schiffen der russischen Schattenflotte die Durchfahrt grundsätzlich zu verwehren.

Doch weil diese Tanker meist unter Flaggen von obskuren Staaten fahren, schlecht versichert und gewartet sind und deshalb auch eine Gefahr für die Umwelt darstellen, gäbe es durchaus Raum, die Exporte nach Kräften zu behindern. Europa könnte Russland das Leben in der Ostsee schwerer machen und Moskau damit vorführen, was es im Fall weiterer Aggressionen zu erwarten hätte.

Europa liefert mehr als die USA

Neben mehr wirtschaftlichem Druck, wozu natürlich auch Sanktionen gehören, sollte die Ukraine ausserdem in die Lage versetzt werden, russische Luftwaffenbasen, Kommandoposten, Betriebe der Rüstungsindustrie und Erdölraffinerien anzugreifen. Das tut die Ukraine bereits jetzt mit eigenen Drohnen, doch die Wirkung wäre grösser, wenn Kiew dafür westliche Raketen und Marschflugkörper mit schweren Gefechtsköpfen einsetzen dürfte.

Europa liefert laut Daten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft inzwischen zwar deutlich mehr Rüstungsgüter als die USA, aber es fehlen zum Beispiel genau jene Offensivwaffen, mit denen Kiew strategisch wichtige Ziele tief im Innern Russlands zerstören könnte. Mit solchen Abstandswaffen liessen sich russische Flugzeuge und Drohnen schon am Boden bekämpfen. Das wäre viel effizienter als russische Flugobjekte erst in der Luft und mit teuren westlichen Abwehrraketen abzuschiessen. (aargauerzeitung.ch)

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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dr. Atomi
23.08.2025 16:16registriert Juli 2024
"Was es für Frieden für Ukraine wirklich braucht"

Das Russland aus diesem Land endlich verschwindet und vollumfänglich für alle reparaturarbeit bezahlen muss.
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Lausannois86
23.08.2025 14:25registriert November 2018
Die UA fährt die besten Sanktionen selbst. Durch die anhaltende Zerstörung der russischen Raffinerien gibt es in immer mehr Regionen des Terrorstaates kein Benzin mehr und wenn dann zu immer höheren Preisen. Zudem exportiert Russland nur noch Rohöl, da verarbeitetes einem Verbot unterliegt, da zu wenig selber vorhanden!
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