Was hoch oben im Norden passiert, hat auch Einfluss auf unser Wetter in Europa. Wegen des Klimawandels und des Abschmelzens der Polkappen warnen Forscher deshalb seit längerem vor einem möglichen Zusammenbruch des Atlantikstroms noch in diesem Jahrhundert. Nun wurde in einer Studie untersucht, welche Folgen das haben könnte.
Ausgangslage der Studie war, dass die Erde rund 2 Grad wärmer ist als zu Zeiten, als noch nicht so viele fossile Brennstoffe verbrannt wurden (aktuell hat sich die Erde um 1,2 Grad erwärmt). Die Forscher arbeiteten ausserdem mit der Annahme, dass die Strömung bis zu 80 Prozent schwächelt.
Die Forschenden vom Königlichen Niederländischen Meteorologischen Institut und der Universität Utrecht haben herausgefunden, dass bei einem Zusammenbruch der Meeresströmung Atlantische Meridionale Umwälzbewegung (AMOC) das Klima in Europa deutlich kühler werden könnte. Das sei vor allem im Winter spürbar, wie Meeres- und Atmosphärenforscher René van Westen gegenüber CNN erklärt.
Konkret heisst das, dass die Temperaturschwankungen im Winter stärker werden, es können auch intensivere Kälteextreme auftreten, die durch eine Zunahme von Nordatlantikstürmen verursacht werden. In Oslo könnte die Temperatur im Winter bis auf minus 48 Grad sinken. Fast die Hälfte des Jahres würde es dort nie über minus 35 Grad werden.
Gleichzeitig breitet sich das Meereis teilweise bis nach Grossbritannien und den Niederlanden aus, in Nordwesteuropa dürfte es mehr Stürme geben. Auch der Jetstream würde stärker werden. Die grössere Fläche Meereis würde die Kälteextreme verstärken, da das Eis die Sonne reflektiert und zurückwirft. Im Sommer wiederum würden Hitzewellen weiterhin zunehmen.
All diese Folgen bedrohen auch das Leben der Menschen, da Infrastrukturen beeinträchtigt werden können und die Ernährungssicherheit wegen Ernteausfällen gefährdet wäre. Die Menschheit in der nördlichen Hemisphäre «ist für solche Kälteextreme nicht gemacht», sagt van Westen.
In den USA hingegen würden die Temperaturen selbst bei einem Kollaps der AMOC weiter steigen. Das gilt auch für die südliche Hemisphäre. Allerdings würden die Menschen dort andere Folgen zu spüren bekommen, beispielsweise den Anstieg des Meeresspiegels.
Immerhin gibt es auch Studien, die darauf hindeuten, dass ein kompletter Zusammenbruch der AMOC-Strömung unwahrscheinlich ist. Auch Stefan Rahmstorf von der Uni Potsdam erklärt gegenüber CNN, dass es grosse Unsicherheiten gibt. Es hänge davon ab, in welche Richtung der Trend gehe: Erwärmung oder Abkühlung. Denn es könnte auch sein, dass die Hitze doch überwiegt. Auf jeden Fall hätte ein Kollaps des Atlantikstroms weltweit gravierende Folgen. (vro)