International
Wirtschaft

Cum-Ex-Betrug läuft laut Ex-Chefermittlerin weiterhin

«Banken wissen: Keiner kann es beweisen»: Cum-Ex-Betrug läuft angeblich weiterhin

Die frühere Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker ist fest davon überzeugt, dass Steuerbetrug mit illegalen Aktiengeschäften noch immer verbreitet ist in der Finanzwelt. Sie war Deutschlands wichtigste Ermittlerin im Cum-Ex-Skandal.
02.01.2025, 07:4702.01.2025, 14:02
Mehr «International»

«Cum-Ex läuft weiter – auch lange nach der Gesetzesänderung von 2012», sagte die ehemalige Oberstaatsanwältin und heutige Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende der Deutschen Presse-Agentur.

Anne Brorhilker erlangte durch ihre Ermittlungen internationale Bekanntheit.
Anne Brorhilker erlangte durch ihre Ermittlungen internationale Bekanntheit.x

Cum-Ex-Deals, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten, gelten als grösster Steuerraub in der Geschichte der Bundesrepublik. Dabei inszenierten Banken und andere Investoren ein Verwirrspiel mit Aktien rund um den Dividendenstichtag. Am Ende bekamen sie von Finanzämtern Steuern erstattet, die sie gar nicht gezahlt hatten. Der Staat büsste geschätzt mindestens zehn Milliarden Euro ein, 2012 reagierte die Politik mit einer Gesetzesänderung.

«Die Deals sind definitiv immer noch möglich»

Doch nach Darstellung von Brorhilker ging der Steuerraub danach weiter. Als Beispiel nennt sie eine von mutmasslichen Kriminellen aufgesetzte Stiftung, die 2016 für Cum-Ex-Deals genutzt worden sei. Die Wahrscheinlichkeit, dass Cum-Ex-Geschäfte und artverwandte Cum-Cum-Deals noch heute durchgeführt werden, ist nach ihrer Einschätzung hoch.

«Es heisst immer, die Geschäfte seien technisch inzwischen unmöglich, weil die Regelungen geändert wurden», sagte Brorhilker, die von 2013 bis Frühjahr 2024 bei der Kölner Staatsanwaltschaft für Cum-Ex-Fälle zuständig war. Aber die Täter hätten Cum-Ex-Deals europaweit durchgeführt und damit auch in Ländern mit anderen Regelungen und Systemen als in Deutschland. «Die Täter müssen die Deals vielleicht etwas anders abwickeln, möglich sind sie aber definitiv immer noch.»

Nach wie vor sei das Risiko für Banken, bei kriminellen Machenschaften entdeckt zu werden, sehr gering, sagte Brorhilker.

«Die Banken wissen: Keiner kann es uns beweisen. Wir haben ein Kontrolldefizit, egal, welche Regeln wir aufstellen.»

(sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
83 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
WatSohn?
02.01.2025 08:55registriert Juni 2020
Wenn alle ihre Steuern korrekt bezahlen würden, müsste der Staat nicht laufend Sparprogramme verordnen. Das gilt auch- oder vermutlich sogar im Besonderen- für die Schweiz. Das Widerliche daran ist, dass es nicht der kleine Mann ist, der hier gross betrügen kann, es sind Firmen und deren schwerreichen Bosse.
26116
Melden
Zum Kommentar
avatar
Fuchs76
02.01.2025 08:08registriert September 2021
Vielleicht heisst es ja darum, die Bank gewinnt immer. Und mit ihnen die entsprechenden Lobbyisten und Poitiker.
1803
Melden
Zum Kommentar
avatar
Fred_64
02.01.2025 08:37registriert Dezember 2021
Und wenn die Deutschen ein Gesetz gemacht haben, dann gibt es immer noch die Schweiz, welche die Banken lieber "machen lassen wollen".
Schliesslich sind die einen Parlamentarier schon lange gekauft..., äh lobbyiert und die andere Hälfte zu naiv um das Spiel zu verstehen.
15930
Melden
Zum Kommentar
83
    AfD-Slogan erinnert an SA-Parole: Thüringer Verfassungsschützer alarmiert
    Der Thüringer Verfassungsschutzpräsident zeigt sich nach dem AfD-Parteitag alarmiert. Seinem Arbeitgeber wirft er eine «falsche Interpretation der aktuellen Rechtslage» vor.

    Die AfD hat nach Einschätzung des Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Stephan Kramer auf ihrem Parteitag am Wochenende in Riesa einen weiteren Schritt in Richtung Radikalisierung gemacht. «Die Partei hat jetzt auf dem Bundesparteitag gezeigt, dass jede Scheu gefallen ist, sich noch hinter irgendwelchen Worten zu verstecken», sagte Kramer im Deutschlandfunk.

    Zur Story