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Putins Kriegsmaschine geht ein entscheidendes Bauteil aus

A woman takes a photo of her dog on the destroyed Russian tank T-72B installed as a symbol of war marking the first anniversary of Russia's full-scale invasion of Ukraine decorated with the banne ...
Ein zerstörter russische Panzer T-72B in in Vilnius, Litauen – Symbol für das russische Kriegsversagen und die Unterstützung der Ukraine durch befreundete Staaten.Bild: keystone

Putins Kriegsmaschine geht ein entscheidendes Bauteil aus

Ohne Kugellager bewegt sich kein schweres Gerät von der Stelle. Mit dem militärischen Überfall auf die Ukraine hat Russlands Rüstungsindustrie ihre wichtigsten Quellen verloren.
23.04.2023, 14:32
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Ein Artikel von
t-online

Sie stecken nicht nur in Inlineskates, Waschmaschinen und Kühlschränken, sondern auch in Autos, Flugzeugen und Panzern: Ohne Kugellager würde die moderne Welt im wahrsten Sinne stillstehen.

Ausgerechnet dieses Allzweckbauteil jeder Industrie könnte in Russland knapp werden und die Kriegsproduktion des Kreml behindern, berichten jetzt Fachleute des Center for Strategic and International Studies (CSIS).

Wo ist das (russische) Problem?

Russland hat vor dem Überfall auf die Ukraine mehr als die Hälfte aller Kugellager importiert. Im Jahr 2020 seien es 55 Prozent gewesen, wobei mit 17 Prozent die meisten aus Deutschland kamen – genauer gesagt vom Autozulieferer Schaeffler.

Die übrigen 38 Prozent habe Russland aus anderen europäischen Ländern sowie aus Nordamerika importiert, heisst es im CSIS-Report. Nach dem Februar 2022 hätten sich die westlichen Zulieferer aber vom russischen Markt zurückgezogen.

Das CSIS schreibt:

«Die US-Regierung geht davon aus, dass dieses zentrale Bauteil in Russland schon knapp wird und die Produktion sämtlicher Fahrzeuge wie Panzer, Flugzeuge und sogar U-Boote beeinträchtigt.»

Auch die Produktion und Reparatur von Zügen sei von der Knappheit betroffen – besonders schmerzhaft für die stark von der Schiene abhängige russische Wirtschaft.

«Russland könnte zwar in der Lage sein, die westlichen Kugellager durch Importe beispielsweise aus China oder Malaysia zu ersetzen und seine Kriegswirtschaft am Laufen zu halten», heisst es. «Aber diese Kugellager sind sehr wahrscheinlich von minderer Qualität und weniger zuverlässig.»

Kugellager (Symbolbild).
Kugellager sind eine Untergruppe der Wälzlager, bei denen Kugeln als Wälzkörper dienen.Bild: Shutterstock

Woran mangelt es Russland sonst noch?

Grosse Lieferschwierigkeiten sieht das CSIS auch bei anderen kriegswichtigen Bauteilen auf Russland zukommen. So dürfte die Panzerflotte des Kreml deutlich an Qualität verlieren, weil das Land nicht mehr an optische Systeme herankommt, die für die Zielerfassung moderner Panzer wichtig sind.

Ähnlich sei die Situation bei Mikrochips, die Russland nicht alleine produzieren könne, die für moderne Waffensysteme aber unerlässlich seien. Der Kreml versucht offenbar schon länger, das Problem mit den Mikrochips mit unkonventionellen Methoden zu lösen.

Nicht weniger problematisch sei die Lage bei Motoren, Motorenteilen und Werkzeugmaschinen, so das CSIS: Auch in diesen Bereichen sei Russland schon vor dem Ukraine-Krieg stark auf westliche Importe angewiesen gewesen; Behauptungen, Russland sei in der Fertigungstechnik inzwischen unabhängig von westlichem Know-how, seien unglaubwürdig.

Die Wirtschaftsexperten des CSIS gehen davon aus, dass Russland unter diesen Umständen etwa 20 Kampfpanzer im Monat produzieren kann. Dieser Rate stünden aber Verluste von mindestens 148 Panzern pro Monat in der Ukraine gegenüber, heisst es in dem Bericht unter Berufung auf Zahlen des Oryx-Projektes; dieses listet nur solche Verluste auf, die mit Bildern dokumentiert sind. Die tatsächlichen Verluste von Putins Truppen dürften deutlich höher liegen.

Quellen

(t-online/dsc)

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75 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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750GT
23.04.2023 15:28registriert November 2016
Das sind doch schon wieder sehr gute Nachrichten! Solche lesen wir gerne und bestätigen uns, dass die grosse russische Wirtschaft aber sowas von am Arsch ist! 👍👍👍
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Hösch
23.04.2023 15:23registriert März 2022
Das mit den Kugellagern hat doch schon dem böhmischen Gefreiten Mühe bereitet.
Aber mal eine ketzerische Frage. Wie sieht es eigentlich mit der westlichen Rüstungsindustrie aus wenn Made in China wegfällt?
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Ferienpraktiker21
23.04.2023 14:53registriert Dezember 2020
Wie im richtigen Leben. Die grossen Chefs sehen nur "das grosse Ganze" und meist funktioniert es dann nicht wegen kleinen Details. Der "ganz unten" hat es gewusst, aber auf den wollte keiner hören.
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