Amerika wieder gross zu machen bedeutet, nach China abgewanderte Jobs wieder in die USA zurückzuholen und das Handelsdefizit mit dem Reich der Mitte zu schmälern. Das zumindest besagt die Doktrin des Donald J. Trump.
President Xi of China, and I, are working together to give massive Chinese phone company, ZTE, a way to get back into business, fast. Too many jobs in China lost. Commerce Department has been instructed to get it done!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 13. Mai 2018
Umso erstaunlicher ist deshalb sein Tweet vom Wochenende. Darin weist der US-Präsident sein Handelsministerium an, die Sanktionen gegen den chinesischen Telekom-Konzern ZTE zu überdenken und dafür zu sorgen, dass das Unternehmen seinen Betrieb aufrecht erhalten kann. Die überraschende Begründung lautet dabei: «Zu viele Jobs gehen in China verloren».
Einmal mehr erwischt Trump damit Freund und Feind auf dem falschen Fuss. «Ich bin sprachlos», erklärt etwa Kevin Wolf, der ein Verfahren gegen ZTE noch unter Obama eingeleitet hat. «Kein Präsident hat je in ein Verfahren auf diese Art eingegriffen. Es ist jenseits aller gültigen Regeln.»
Worum geht es? ZTE ist das weltweit viertgrösste Telekom-Unternehmen und beschäftigt rund 75’000 Mitarbeiter. Wie Huawei geniesst das Unternehmen staatliche Unterstützung und zusammen mit Huawei arbeitet es daran, die nächste Generation der 5G-Technologie zu entwickeln. Dabei ist ZTE auf amerikanische Technologie angewiesen, vor allem auf Chips von Qualcomm und Intel.
Das chinesische Unternehmen hat in der Vergangenheit Patente verletzt und zu unfairen Handelspraktiken gegriffen. Schon unter Präsident Barack Obama wurde deswegen eine Untersuchung eingeleitet. Sie endete damit, dass ZTE eine Busse von 1,2 Milliarden Dollar aufgebrummt wurde.
Es geht jedoch um mehr als kommerzielle Interessen. Im kommenden Zeitalter der Cyberwars ist die Telekom-Technologie auch entscheidend für die nationale Sicherheit. ZTE und Huawei dürfen deshalb auf Geheiss von Trump nicht am Aufbau eines amerikanischen 5G-Netzes beteiligt werden.
Weil ZTE auch im Untersuchungsverfahren schummelte, hat Trump vor einem Monat angeordnet, dass Qualcomm & Co. sieben Jahre keine Chips mehr an diese Firma liefern dürfen. Das war de facto ein Todesurteil für den chinesischen Telekom-Konzern. Er hat daraufhin bekannt gegeben, er werde seinen Betrieb einstellen.
Nun aber hat Trump eine spektakuläre Kehrtwende vollzogen. Er werde zusammen mit Präsident Xi Jinping dafür sorgen, dass der Kollaps des Unternehmens verhindert werden könne, tweete Trump.
Die USA und China sind im Begriff, neue Rahmenbedingungen für ihre Handelsbeziehungen auszuarbeiten. Die Trump-Regierung verfolgt dabei eine ultra-harte Linie. Gemäss Martin Wolf, Chefökonom der «Financial Times», kann China die amerikanischen Bedingungen unmöglich akzeptieren. «Die amerikanische Regierung ist entweder so dumm, dass sie das nicht versteht, oder so arrogant, dass es ihr egal ist», schreibt Wolf.
Im Wesentlichen verlangen die Amerikaner von den Chinesen, dass sie innerhalb von zwei Jahren ihren Handelsüberschuss von 200 Milliarden Dollar zum Verschwinden bringen, dass sie ihre Märkte für US-Produkte bedingungslos öffnen und dass sie keine Klagen beim Gericht der Welthandelsorganisation WTO deponieren.
Mit anderen Worten: Sie verlangen die totale Unterordnung Pekings unter das Diktat von Washington. «Sowohl politisch als auch wirtschaftlich packen die Vereinigten Staaten das Problem am falschen Ende an», stellt Wolf fest. «Sie wollen damit China erniedrigen und führen gleichzeitig auch einen Krieg gegen die eigenen Verbündeten.»
Der Zeitpunkt für einen Handelskrieg mit China ist mehr als schlecht gewählt. Ein Abkommen mit Kim Jong Un wird Trump ohne Unterstützung von Xi niemals erreichen. Mit der Aufhebung des Iran-Deals hat er Europa einen schweren Schlag verpasst. Vielleicht hat Trump daher eingesehen, dass er nicht noch eine weitere Front eröffnen kann.
Allerdings hat er sich damit innenpolitisch eine Blösse gegeben. Sie wird von den Demokraten umgehend ausgenutzt. Ihr Führer im Senat, Chuck Schumer, hat bereits getweetet: «Wie wäre es, wenn man zuerst amerikanischen Unternehmen helfen würde?»