US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben einen Zoll-Deal abgeschlossen. Wobei «Deal» irreführend ist. Eher müsste man sagen, die EU sei auf Trumps Erpressung eingegangen.
Von der Leyen hat eingewilligt, dass Amerika EU-Importe mit einem Zollsatz von 15 Prozent belasten darf. Und was bekommt sie im Gegenzug? Nichts – ausser dass sie noch höhere Zölle abgewendet hat.
Die USA haben noch mehr herausgeholt als die 15 Prozent. Trump rang der EU ab, dass diese für 750 Milliarden Dollar US-Flüssiggas und Öl kauft und zusätzliche Investitionen in Amerika tätigt.
Ganz falsch liegt der notorische Lügner Trump für einmal nicht, wenn er sich zum «historischen Sieg» gratuliert. Beschönigend ist hingegen von der Leyens Aussage, der Deal führe zu «Prosperität auf beiden Seiten».
Am Tag nach der Einigung erst realisieren in Europa manche, was die oberste EU-Chefin dem US-Präsidenten zugestanden hat. Frankreichs Premier sprach am Montag von einer «Unterwerfung», der grösste Industrieverband in Deutschland von einem «unzureichenden Kompromiss».
Zumindest für den Moment ist Trumps Bully-Strategie aufgegangen. Er hatte der EU – immerhin grösster Handelspartner der USA – mit drastischen 30 Prozent Zoll gedroht, den Ton zwischenzeitlich noch verschärft und eine harte Frist gesetzt. Mit dem Ergebnis, dass seine wichtigsten Forderungen erfüllt wurden.
Trump kann sich nun der Öffentlichkeit als ein Präsident präsentieren, der seine Wahlversprechen einlöst, sich für Jobs in den USA und den einfachen Arbeiter einsetzt. Zudem kann er mit den Zolleinnahmen einen kleinen Teil der Steuerausfälle aus seinem «grossen schönen Gesetz» ausgleichen, die vor allem den reichsten Amerikanern zugute kommen - einer Gruppe, die mehrheitlich nicht ihn, sondern Kamala Harris gewählt hat.
Wenn Trump gewonnen hat, heisst das nicht, dass von der Leyen sich über den Tisch ziehen liess. Sie repräsentiert eine EU, die zwar mehr Einwohner hat als die USA (450 zu 340 Millionen), aber wirtschaftlich, politisch und militärisch schwächer ist. Europa ist abhängig von Amerika, und Europa ist verletzlich.
Nirgends zeigt sich das so gut wie im Ukraine-Krieg: Europa allein ist nicht imstande, Russland in die Schranken zu weisen. Die Erleichterung war gross, als Trump in der Ukraine-Frage jüngst einen Schritt auf die Europäer zumachte. In einer solchen Situation kann sich die EU einen Handelskrieg mit Washington nicht leisten.
Die Potenz der USA in Verbindung mit der Trump-Strategie – drohen, zurückkrebsen, eskalieren und dann eine schnelle Einigung erzielen – entfaltete auch in anderen Wirtschaftsräumen ihre Wirkung. So bei den Verhandlungen mit Kanada und Mexiko beim US-Mexiko-Kanada-Abkommen, mit Südkorea durch die Überarbeitung des Handelsabkommens, mit Japan durch verbesserten Marktzugang für amerikanische Produkte und sogar mit China im sogenannten «Phase-1-Abkommen». Trump kann hier überall «Siege» deklarieren.
Rückenwind gibt’s für den Bully von den Börsen. Dass sie nach Trumps «Liberation Day» einstürzten, hat ihn Anfang April zurückkrebsen lassen. Doch seither scheint er mit seinem wirren Hin und Her selbst die Börsen auf seiner Seite zu haben. Statt dass die europäischen Aktien wegen der neuen US-Zölle gesunken sind, stiegen sie am Montag leicht an. Die Kursgewinne widerspiegeln die Erleichterung darüber, dass eine Eskalation des Handelskrieges ausgeblieben ist. Die US-Aktienbörsen notieren sogar auf historischen Höchstständen. Offenbar arrangieren sich die Investoren mit der neuen Zoll-Welt.
Das kann sich jedoch schnell ändern. Für Trump und die USA könnten sich die Zoll-Diktate noch rächen. Unternehmen werden kaum im grossen Stil Jobs in die USA verlagern. Klar ist hingegen, dass die Zölle Folgen für die amerikanischen Konsumenten haben werden. Sie verteuern importierte Produkte.
In den USA sind die Preise für Haushaltsgeräte, Autos, Spielsachen und Elektronik bereits gestiegen. Prognosen gehen von einer Zunahme der US-Inflation auf über 3 Prozent aus. Wenn ein US-Präsident die Teuerung nicht unter Kontrolle hat, verzeihen ihm das die Wähler kaum – und die Börsen ebensowenig. Was im Moment ein historischer Sieg für Trump ist, könnte sich noch als Pyrrhussieg erweisen. (aargauerzeitung.ch)
Deswegen haben die Europäer, Japaner, Vietnamese etc auch so schnell zugestimmt!