Die deutsche Regierung rechnet für dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Damit korrigiert sie ihre Prognose zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts deutlich nach unten, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin sagte.
Im Frühjahr war die Bundesregierung noch von einem leichten Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent ausgegangen.
Die Korrektur kommt nicht überraschend, denn zuletzt hatten auch die grossen Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Erwartungen nach unten korrigiert. Sie rechnen mit einem Minus von 0,1 Prozent.
Grund ist vor allem Unsicherheit bei Unternehmen und Bürgern. Das nach wie vor hohe Zinsniveau bremst Investitionen, Firmen sind wegen der unbeständigen wirtschafts- und geopolitischen Lage vorsichtig, private Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante, statt in Wohneigentum oder Konsum zu investieren.
Für das kommende Jahr ist die deutsche Regierung etwas optimistischer als zuvor: Sie erwartet ein Plus von 1,1 Prozent. Zum einen hofft sie, dass dann der private Konsum wieder anzieht und auch mehr Industrieprodukte im Ausland gekauft werden. Dann könnten sich die deutschen Firmen wieder mehr Investitionen zutrauen.
Zum anderen setzt die deutsche Regierung auf ihr Wachstumspaket mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Strompreis-Vergünstigungen. «Wenn sie umgesetzt werden, und zwar vollständig, dann wird die Wirtschaft stärker wachsen, wieder mehr Menschen in Arbeit kommen», betonte Habeck. «Deshalb müssen die Massnahmen der Wachstumsinitiative jetzt entschlossen von allen umgesetzt werden.» Auch die Bundesländer müssten ihren Beitrag leisten. In der Bundesregierung wird befürchtet, dass die Länder eine Reihe Massnahmen im Bundesrat blockieren, weil sie dadurch weniger Steuern einnehmen würden.
Führende Wirtschaftsforschungsinstitute zeigten sich zuletzt skeptisch, ob das Paket überhaupt den nötigen Impuls bringen kann. Viele Massnahmen sind noch nicht umgesetzt.
Auch Habeck räumt ein, es sei mehr nötig, um Deutschland zurück auf den Wachstumspfad zu bringen. Ähnlich hatte sich zuletzt auch Finanzminister Christian Lindner geäussert. Nun schlägt Habeck zusätzliche Massnahmen vor: eine deutliche Senkung der Netzentgelte und Bürokratieabbau zum Beispiel beim Datenschutz. «Massgabe sollte sein: Nur was in der Praxis als Erleichterung ankommt, zählt», sagte Habeck.
Die Konjunkturprognose der Bundesregierung ist auch eine Grundlage für die bevorstehende nächste Steuerschätzung. Geringere Steuereinnahmen als bisher vorausgesagt sowie höhere Ausgaben für die Sozialversicherungen könnten die Haushaltsverhandlungen der Ampel-Koalition belasten. Zugleich aber bedeuten geringere Wachstumsaussichten, dass aufgrund des Mechanismus der Schuldenbremse eine höhere Schuldenaufnahme möglich ist. (sda/awp/dpa)