Saudi-Arabien peilt mit dem weltweit führenden Ölkonzern Aramco den grössten Börsengang aller Zeiten an. Nach mehrfacher Verzögerung erhielt der Staatskonzern am Sonntag die Genehmigung für den seit etwa drei Jahren angestrebten Gang aufs Parkett.
Mit der Zustimmung durch die Finanzmarktbehörde CMA des Königreichs kann ein Teil der Aramco-Aktien künftig an der saudi-arabischen Wertpapierbörse Tadawul gehandelt werden. Jedoch: Ein konkreter Zeitplan für den Börsengang ist nicht bekannt, und auch das Emissionsvolumen ist bisher offen.
Saudi Aramco ist der weltweit grösste Erdölproduzent. Zehn Prozent des globalen Ölangebots werden von Aramco gefördert. Das sind rund 10 Millionen Barrel (ein Barrel entspricht 159 Liter) Rohöl pro Tag. Der Konzern beschäftigt rund 76'000 Angestellte weltweit.
Auch sonst ist der Konzern gut für die Superlative – im Jahr 2018 konnte Aramco einen Gewinn von 111,1 Milliarden Dollar ausweisen. Zum Vergleich: Apple, das jahrelang als das profitabelste Unternehmen der Welt galt, verdiente in der gleichen Zeit knapp 60 Milliarden Dollar.
Oder noch ein Vergleich, weil es doch ein bisschen unfassbar ist: Die anderen grossen Ölkonzerne – Chevron und ExxonMobil aus den USA, BP aus Grossbritannien, das britisch-niederländische Unternehmen Royal Dutch Shell und Total aus Frankreich – kamen 2018 zusammen auf einen Gewinn von rund 80 Milliarden Dollar.
In erster Linie die Bargeldbestände des saudischen Staates. Vor drei Jahren, als der Börsengang zum ersten Mal angekündigt wurde, sprach man von Bar-Einnahmen in der Höhe von 100 Milliarden Dollar.
Das würde den bisherigen Rekord, der 2014 mit 25 Milliarden Dollar von der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba aufgestellt wurde, pulverisieren.
So weit wird es jedoch vermutlich nicht kommen. Zum einen werden wahrscheinlich nicht mehr 5 Prozent der Aktien zum Kauf angeboten, sondern eher 1–2 Prozent. Auch dürfte der Börsenwert von Aramco nicht 2 Billionen Dollar betragen, wie der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman einst prophezeite. Die Schätzungen belaufen sich momentan eher auf 1,2 bis 1,5 Billionen Dollar – was es immer noch zum wertvollsten Unternehmen der Welt machen würde.
Berücksichtigt man all dies, dürfte Aramco beim IPO (Initial Public Offering/Erstausgabe der Aktien) gemäss der NZZ rund 24 bis 30 Milliarden Dollar einnehmen.
Ironischerweise will Saudi-Arabien mit dem Börsengang des grössten Ölkonzerns der Welt das Land unabhängiger vom Öl machen. Der Börsengang des Ölgiganten ist zentraler Teil von bin Salmans grossangelegtem Umbau der saudischen Wirtschaft. Das Projekt hört auf den Namen «Vision 2030» und hat zum Ziel, die Einnahmequellen breiter zu diversifizieren.
Bin Salman kündigte den Börsengang zudem als Möglichkeit an, Mittel für den Staatsfonds des saudischen Königreichs zu beschaffen, der für Projekte zur Ankurbelung der Beschäftigung und zur Entwicklung neuer Städte wie «Neom» verwendet wird. «Neom» ist eine futuristische Megastadt im Wert von 500 Milliarden Dollar, die an der nördlichen Küste des Roten Meeres geplant ist und von der Beamte sagen, dass sie fliegende Taxis und sprechende Roboter haben wird.
Natürlich. Die Credit Suisse soll beim IPO eine der Global-Lead-Banken sein. Das dürfte der kriselnden Investmentbank der CS erheblichen Schub verleihen. Wie das Finanzportal Finews schreibt, sollen 350 bis 450 Millionen Franken an Gebühren beim Börsengang von Saudi Aramco anfallen. Auch die UBS soll, ein wenig weiter unten in der Hierarchie, mit von der Partie sein.
Erst letzte Woche reiste CS-Schweiz-Chef Thomas Gottstein als Mitglied einer bundesrätlichen Delegation unter Leitung von Finanzminister Ueli Maurer an eine Investorenkonferenz nach Riad.
Das hat verschiedene Gründe. Einerseits soll im Hintergrund ein Seilziehen zwischen dem Kronprinzen bin Salman und den Traditionalisten im Königshaus stattgefunden haben. Letzteren sollen die Transparenzvorschriften, die mit einem Börsengang einhergehen, nicht gepasst haben.
Andererseits, oder auch ein wenig zusammenhängend mit dem ersten Punkt, war die Wahl der Börse ein schwieriges Unterfangen. Anfänglich wollte man Aramco in New York, London oder Hongkong listen. Doch vor allem eine Notierung an der New Yorker Börse hätte dem Ölgiganten und dem saudischen Staat einige Probleme bereitet. Wie Al Jazeera schrieb, entschied man sich gegen New York wegen Prozessrisiken, ausgehend von dem «US Justice Against Sponsors of Terrorism Act» (JASTA) und Gesetzesvorschlägen, bekannt als «NOPEC».
Mit der Zustimmung durch die Finanzmarktbehörde CMA des Königreichs kann ein Teil der Aramco-Aktien nun künftig an der saudi-arabischen Wertpapierbörse Tadawul gehandelt werden.
Das wird sich zeigen. Sollte der Aktienkurs nach dem Börsengang sinken, wäre das ein starkes Misstrauensvotum gegen die Pläne von bin Salman, die Wirtschaft weg von den fossilen Energieträgern zu führen.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die politische Lage in der Golfregion über die letzten Monate stetig verschlechterte. Im September wurde eine Ölraffinerie von Drohnen angegriffen. Die jemenitischen Huthi-Rebellen bekannten sich zum Angriff, Saudi-Arabien will die Hauptschuld jedoch beim Iran sehen.
Auch mit dem Nachbar Katar verschlechtern sich die Beziehungen kontinuierlich, mittlerweile wird Katar von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien fast komplett isoliert.
Ein Kaufargument bleibt jedoch: Saudi Aramco will eine Dividende von 75 Milliarden Dollar an seine Aktionäre ausschütten. Das ergibt eine Dividendenrendite von rund 5 Prozent.
Natürlich.
Weil Saudi-Arabien der grösste nationale Sponsor von islamistischem Terror überhaupt ist.
Würde aus mindestens zwei Gründen Sinn machen.
Unterstützung von solchen Firmen wiederspricht dem Pariser Klimaabkommen.
Firmen / Länder die den Terror unterstützen sollte man nicht unterstützen.