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Wirtschaftsminister Robert Habeck gerät in ARD-Show unter Druck

Video: twitter/ Tim Röhn

Wer pleite geht, ist nicht insolvent: Wirtschaftsminister Habeck gerät im TV ins Grübeln

«Dann sind die Betriebe nicht insolvent, automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen» – Wirtschaftsminister Robert Habeck legt in der ARD einen unglücklichen Auftritt hin. So oder so steht der Vizekanzler unter Druck wie nie zuvor.
07.09.2022, 16:0607.09.2022, 16:11
Christoph Reichmuth, Berlin / ch media
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Häme und böse Kommentare liessen nach Habecks Auftritt in der ARD-Talkshow «Maischberger» am Dienstagabend nicht lange auf sich warten. «Weiss unser Wirtschaftsminister nicht, was eine Insolvenz ist?», fragt die «Bild». Und bei Twitter gibt es Kommentare wie diesen:

«Unfassbar! Er hat einfach keine Ahnung, wovon er redet.»
epa10163621 German Minister for Economy and Climate Robert Habeck looks on during the beginning of a session of the German parliament Bundestag in Berlin, Germany, 06 September 2022. The German Bundes ...
Wird von Moderatorin Sandra Maischberger in die Mangel genommen: Wirtschaftsminister Robert Habeck.Bild: keystone

Der Auftritt des 53-Jährigen bei Sandra Maischberger war tatsächlich unglücklich. Im direkten Interview mit der Moderatorin verhedderte sich der Wirtschaftsminister vor einem Millionen-Publikum an den TV-Bildschirmen ins Unverständliche.

Habecks unglücklicher Auftritt:

Video: watson

Es ging um die steigenden Strompreise und die Probleme, die sich daraus für den deutschen Mittelstand ergeben werden. «Rechnen Sie mit einer Insolvenzwelle am Endes dieses Winters?», fragte die Moderatorin.

Dies tue er nicht, entgegnete Habeck. «Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produzieren. Nicht insolvent werden, aber..», meinte Habeck, schweifte ab und prophezeite, dass kleine Geschäfte wie Bäckereien oder Blumenläden in Probleme geraten dürften, «weil es eine Kaufzurückhaltung gibt.» Danach sagte Habeck einen Satz, den kaum jemand verstand:

«Dann sind die Betriebe nicht insolvent, automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen.»

Wer seine Produkte nicht verkaufen könne, der müsse wohl oder übel nach zwei Monaten Insolvenz anmelden, meinte Maischberger. «Man würde dann insolvent werden, wenn man mit der Arbeit ein immer grösseres Minus macht», antwortete Habeck, worauf die Moderatorin irritiert entgegnete: «Aber wie sollen Sie denn kein grösseres Minus machen, wenn Sie Leute bezahlen müssen, aber nichts mehr verkaufen? Ich habe Sie nicht verstanden.»

Habeck versuchte, den Fokus von der Insolvenz-Debatte zu ziehen, und sprach von der Gefahr, dass einige Betriebe in diesem Jahr «die wirtschaftliche Betätigung einstellen» müssten. Fast schon etwas genervt bohrte die Moderatorin nach: «Die sind dann also pleite, weil sie nicht mehr arbeiten können, melden aber nicht Insolvenz an. Also ich glaube, den Punkt muss man sich noch mal überlegen.» Maischberges Schlussvotum klang, als ob hier eine Wirtschaftsprofessorin ihren schlecht vorbereiteten Studenten tadeln würde:

«Ich habe das Gefühl, die richtige Antwort ist da noch nicht gefallen bei Ihnen.»

Habecks Start in die Woche ist damit endgültig missglückt. Am Montag präsentierte er einen Vorschlag zur Zukunft der noch drei verbliebenen Atomkraftwerke. Habecks Idee eines Notbetriebs für AKWs wird seither von Expertinnen und Experten teils heftig kritisiert, sie hat gar das Zeug, die ungleiche Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ernsthaft zu gefährden.

Grundsätzlich will Habeck am Atomausstieg Ende 2022 festhalten. Doch so richtig vom Netz gehen soll Ende Jahr nur eines von noch drei verbliebenen Atomkraftwerken - zwei im süddeutschen Raum betriebene AKWs sollen bis April 2023 so weit in Schuss gehalten werden, dass sie im Notfall als Reserve wieder ans Netz gehen könnten.

Der Münchner Wirtschaftsforscher Clemens Fuest etwa gibt zu bedenken: «Wir haben einen gemeinsamen Strommarkt, und es gibt nicht nur ein nationales, sondern auch ein dringendes gesamteuropäisches Interesse daran, alle verfügbaren Kapazitäten zu nutzen.»

Auch in der Koalition regt sich Widerstand gegen die Pläne des Vizekanzlers. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner hat deutlich gemacht, dass er für eine Laufzeitverlängerung der AKWs ist. Oppositionsführer Friedrich Merz unterstellt den Grünen, eine Politik alleine für die eigene Wählerklientel zu betreiben anstatt Verantwortung für das gesamte Land zu übernehmen.

Deutschland steuere auf eine massive Energieversorgungskrise zu, «verschärft durch völlig absurde Entscheidungen dieser Bundesregierung.» Der CDU-Chef fordert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu auf, die Pläne seines Vizekanzlers zu durchkreuzen und die AKW-Laufzeit zu verlängern:

«Ich kann als Oppositionsführer nur an den Bundeskanzler appellieren, diesen Irrsinn zu beenden.»
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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Tubel vom Dienst
07.09.2022 16:36registriert Januar 2021
Er wollte halt in üblicher Politikermanier um das Problem herumreden ohne es anzusprechen und ohne etwas zu sagen. Das ging halt so richtig in die Hose.
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Bruno Meier (1)
07.09.2022 16:49registriert Juni 2018
Wie wäre wohl der Artikel ausgefallen, hätte es nicht ein "Liebling der Medien" verbockt? Auch "unglücklicher Auftritt"?

Eine solche Aussage ist an Unfähigkeit oder kompletter Ignoranz nicht mehr zu überbieten. Wenn die Firmen pleite gehen dann gibt es keine beschönende Bezeichnung dafür. Dann ist dies der Preis dafür, welchen wir für die Sanktionen und damit einghergehenden Gegenreaktionen bezahlen müssen. Das war doch allen klar, dass dies nicht zum Nulltarif zu haben war.
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insider
07.09.2022 17:51registriert Juni 2016
Also... man kann mich jetzt köpfen, aber wenn der Staat ähnliche Programme lanciert, wie während den Corona-Lockdowns (Kurzarbeit etc.), dann hören die Betriebe auf zu produzieren, aber gehen nicht in Insolvenz.
Vielleicht hat er ja sowas angedeutet...
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